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Odice

Odice

Titel: Odice
Autoren: Anais Goutier
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Augenblick löste er Odice’ Fesseln, nahm ihr den Knebel ab und sie sank kraftlos und noch immer schluchzend in seine Arme.
    »Und du weißt, dass dein Verhalten als Regelverstoß geahndet werden muss. Morgen Vormittag um elf, hier.« Eric lächelte süffisant, doch das Lächeln erreichte nicht seine dunklen, kalten Augen.
    Julien senkte ergeben den Kopf und nickte knapp. Eine solche Geste hatte Odice noch keinmal bei ihm beobachtet. Doch schon im nächsten Augenblick lag ein verächtliches Funkeln in seinen schönen Eisaugen, das der Kälte in Erics Blick Konkurrenz machte: »Wie du meinst, Bruder. Jetzt kümmere ich mich um unseren Gast.«
    Mit diesen Worten lud er Odice auf seine Arme und trug sie aus dem Salon, die Treppe hinauf bis in ihr Schlafzimmer.
    Dort legte er sie vorsichtig bäuchlings aufs Bett.
    Er wollte sie tröstend in seine Arme schließen, doch sie drehte sich von ihm weg und er ließ die Hand wieder sinken.
    »Bitte verzeih mir«, bat er leise. Er hätte gern die drei anderen kleinen Worte zu ihr gesagt, aber er wagte es nicht.
    »Was soll ich Ihnen verzeihen, mon seigneur ? Dass Ihr Bruder mich vor Ihren Augen ausgepeitscht hat und Sie nichts dagegen unternommen haben?« fragte sie bitter, während sie noch immer schluchzte.
    »Nein, Odice. Für Verfehlungen gezüchtigt zu werden ist das Los einer Sklavin.«
    Sie schnaubte verächtlich.
    »Ich bitte dich, mir mein Verhalten heute früh zu verzeihen. Seelische Grausamkeit entspricht nicht meinem Stil. Ich wollte dich nicht verletzen und dass ich es doch getan habe, tut mir sehr leid.«
    Zögernd streckte er die Hand nach ihrer aus und diesmal ließ sie sich seine Berührung gefallen. Er streichelte sie sanft, hielt ihre Hand und küsste ihr Haar bis die letzten Tränen versiegt waren.
    »Warum haben Sie nicht früher eingegriffen?«
    Ihr anklagender Ton versetzte ihm einen Stoß in die Magengrube.
    »Weil ich wusste, wie viel du ertragen kannst. Außerdem vertraue ich Eric. Er ist sehr erfahren in diesen Dingen.«
    »Aber letztendlich sind Sie trotzdem eingeschritten.«
    »Weil mein Bruder und ich in einigen Dingen unterschiedlicher Ansicht sind, nicht weil du in Gefahr warst.«
    »Hätte er’s getan? Ich meine die Peitsche auf meinen Brüsten und zwischen meinen Beinen?«
    »Nein.«
    Dann ging er ins Badezimmer und kehrte mit einem Massageöl von Gucci Guilty zurück, das nicht Odice gehörte. Irgendwie passend, dieser Name, dachte sie.
    Julien setzte sich auf die Bettkante und nahm sanft ihre Haare zusammen, um sie ihr über die Schulter zu legen. Dann goss er sich etwas von dem betörend orientalisch-floral nach Mandarinen und Patchouli duftenden Öl in die Handfläche.
    »Das Öl wird das Brennen lindern und helfen, deine Muskulatur zu entspannen«, sagte er leise mit seiner wunderbar schmeichelnden Stimme.
    Sein Magen zog sich zusammen, in einer ungekannten Mischung aus Mitgefühl und Beschämung, als er die roten Striemen auf ihrem makellosen Körper betrachtete. Gerade das hatte ihn immer fasziniert – die kunstvoll roten Male auf einem schönen Frauenkörper wie die abstrakten Pinselstriche eines Malers auf seiner Leinwand. Diesmal war es anders und vor allem war es anders, weil es Eric gewesen war, der ihr diese Verletzungen zugefügt hatte. Er hatte kein Recht dazu, ihr das anzutun. Ein ungekannter Zorn gegen seinen älteren Bruder stieg in ihm auf. Julien konnte sehen, dass Eric nicht allzu fest zugeschlagen hatte und die Striemen sie nicht lange entstellen würden. Entstellen – gewöhnlich sah er die Spuren der Peitsche auf dem Körper einer Sklavin als Schmuck, der ihren Leib zierte und nicht entstellte. Aber Odice’ zarte Haut war zu empfindlich für die Grobheiten der Peitsche. Außerdem war sie noch lange nicht bereit dafür gewesen. Man musste die Instrumente mit Bedacht wählen und die Dosis ganz behutsam steigern.
    Sie zog die Luft scharf ein und zuckte leicht zusammen, als seine Hände ihren geschundenen Rücken berührten. Aber es gab keine Schwielen und keine offenen Stellen, die er hätte mit Salbe behandeln müssen. Das Massageöl würde ihr guttun, ohne ihr zusätzliche Schmerzen zuzufügen oder ihre Haut zu reizen und tatsächlich begann sich ihre angespannte Muskulatur unter seinen sanften Liebkosungen langsam zu entspannen.
    Seine Hände fuhren wie von selbst über ihren schlanken Körper. Er liebte es, ihre zarte, seidige Haut unter den Fingern zu spüren, jede Wölbung ihres Leibes zu erkunden und zu
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