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Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Titel: Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still
Autoren: Gerbrand Bakker
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Tür zu und bleibe wie ein treuer Hund – Hunde sind angeblich treu, aber dazu kann ich nichts sagen, wir haben nie einen Hund gehabt – davor stehen, bis er »fertig« ruft. Er muß eben, wenn ich ihn auf die Toilette setze. Das kann alle zwei Tage sein, manchmal liegen auch vier Tage dazwischen. Er pinkelt auch kaum, nur hin und wieder ist ein kleines bißchen Urin in der Harnflasche. Die leere ich dann und spüle sie mit kochendem Wasser aus. Wie und wann das Ding ins Haus gekommen ist, weiß ich nicht, aber es ist praktisch.

    »Was ist los?« frage ich, als ich in Vaters Zimmer gehe.
    »Nichts«, sagt er.
    »Warum rufst du mich dann?« Ich gehe zu dem geraden Lehnstuhl, der neben dem Fenster unter dem Schafbild steht, und drehe ihn um. Ich vermeide es möglichst, durch die Nase zu atmen.
    »Ruf den Arzt.«
    »Nein.«
    »Ich will aufstehen.«
    Normalerweise würde ich mich darauf nicht einlassen, aber jetzt kommt mir sein Wunsch sehr gelegen. Ich schlage die Wolldecken mit dem Laken darunter zurück. Der Dunst, der aus dem warmen Bett aufsteigt, nimmt mir den Atem. Ich schiebe die Arme unter seinen Körper, hebe ihn hoch und trage ihn zum Stuhl. Seine dünnen Arme klammern sich an den Lehnen fest. Ichziehe die Wolldecken und Laken vom Bett, hole die Kissen aus den Bezügen und gehe mit den Leintüchern und Bezügen nach unten. Dort stopfe ich sie mit anderer Kochwäsche in die Maschine und stelle den Temperaturregler auf neunzig Grad. Dann hole ich einen Eimer aus dem Schränkchen unter der Spüle und fülle ihn mit lauwarmem Wasser. Ich nehme ein Handtuch und einen Waschlappen aus dem Wäscheschrank und gehe wieder die Treppe hinauf. Vater hängt vornübergebeugt auf dem Stuhl. Anscheinend konnten seine Arme sein eigenes Gewicht nicht halten, so daß er mit dem Oberkörper langsam nach vorn gesunken ist und einen Sturz nur noch verhindern konnte, indem er sich an den Stuhlbeinen festhielt. Ich stelle den Eimer ab und richte ihn auf. Zuerst ziehe ich ihm die Schlafanzugjacke aus, das macht keine allzu großen Schwierigkeiten. Die grauen Haare auf seiner eingefallenen Brust liegen glatt auf der Haut. Dann stelle ich mich hinter ihn, schiebe einen Arm unter seiner Achsel durch, greife ihm um die Brust und hieve ihn hoch. Mit der freien Hand ziehe ich ihm die Schlafanzughose herunter. In der Hose sind Flecken. Jetzt sitzt er nackt auf dem Stuhl. Sein Geschlecht klebt zwischen seinen Beinen, es ist auffallend groß im Verhältnis zu seiner Körpergröße, und glatt, verglichen mit der Haut auf Armen und Bauch.
    »Ist Ada hiergewesen?« fragt er. Er kann nur mit Mühe seinen Kopf geradehalten.
    »Ja.«
    »Warum ist sie nicht raufgekommen?«
    »Sie hatte keine Lust.«
    »Hat sie das gesagt?«
    »Ja, das hat sie gesagt.« Ich schaue von Vater zum Eimer und vom Eimer auf den Boden, der mit dunkelblauem Teppichboden belegt ist, und vom Boden zumWaschlappen auf dem abgezogenen Bett. So wird das nichts. Ich gehe wieder die Treppe hinunter und bringe einen Plastikhocker aus der Küche ins Badezimmer. Die Waschmaschine läuft.

    »Kalt«, sagt er.
    Ich halte meine Hand in den Strahl und drehe den Warmwasserhahn ein Stückchen weiter auf. Ich habe nicht nachgedacht und meine Sachen nicht ausgezogen, und jetzt ist es zu spät; wenn ich ihn loslasse, schlägt er lang hin. Das wäre nicht so gut, ein fallender Vater, hier, wo der Boden gefliest ist. Der Hocker steht in der Dusch-Ecke an der Wand, so kann ich Vater mit einem Arm halten. Er hebt die Hand, um seinen Kopf vor dem Wasserstrahl zu schützen, genau in dem Augenblick, als ich die Hähne zudrehe.
    »Ich seife dich jetzt ein«, sage ich.
    Er sagt nichts.
    Ich lege den Waschlappen auf sein Knie und quetsche reichlich Schaumbad darauf aus. Badedas heißt das Zeug, und es riecht nach Menthol. Mühsam das alles, mit einer Hand. Ich fange an, ihn einzuseifen. Wieder erinnert er mich an ein neugeborenes Kalb, glatt und glitschig, und mit diesem heftigen Zittern. Ich will ihm den Hintern waschen, und dafür muß ich ihn genau wie fürs Ausziehen der Schlafanzughose mit einem Arm hochheben, nur daß ich diesmal nicht hinter, sondern vor ihm stehe. Ich bin froh, daß ich nicht nachgedacht und deshalb meine Sachen noch am Leib habe, sonst würde mein nackter Oberkörper gegen seine nackte, magere Brust drücken. Als ich mit dem Waschlappen ein paarmal über seinen Hintern wische, spüre ich durch den nassen Stoff mit den Fingerspitzen seine Hoden. Ich lasse ihn wieder auf den
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