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OASIS - Die Entdeckung (German Edition)

OASIS - Die Entdeckung (German Edition)

Titel: OASIS - Die Entdeckung (German Edition)
Autoren: Rainer Findeisen
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eine Stelle, die für sie infrage kommt, frei sei. Hinzu kam, dass sie k eine praktische Erfahrung hatte und es ihr noch an Selbsts i cherheit fehlte. Sie musste erst lernen, wie man im Land der unbegrenzten Möglichke i ten seine Ellenbogen benutzt, um sich durchz u setzen. Mit ihren eins vierundsechzig war sie nicht gerade ein Riese, was das Ga n ze nicht einfacher machte.
    Es war ein Dilemma. Erschöpft von diesen vielen sinnl o sen Telefonaten, ging Nancy oft an den Hudsonriver , scha u te auf das ruhig dahin fließende Wasser und blickte dann in den Himmel zur leuchtenden Mondscheibe, die sich im Fluss spi e gelte. Manchmal betete sie auch, sprach mit dem Schöpfer, wie sie ihn immer nannte , und wünschte sich, dass er ihr bei ihren Wünschen behilflich sein möge.
    Doch die hübsche, brünette Nancy mit ihren halblangen Haaren und i h ren braunen Augen gab nicht auf. Sie setzte auf Ausstrahlung , legte ein beispielloses Engagement an den Tag und kokettierte mit ihrem liebreizenden Charme, was ihr letz t endlich den ersehnten Erfolg und einen guten Job als Journalistin brachte. Nur mit der großen Liebe hatte es bi s her noch nicht geklappt.     
    Der laue Windstoß, den der Metrozug vor sich he r schiebt, wenn die Wagen in die New Yorker U-Bahn-Stationen einfahren, riss Nancy aus ihren Geda n ken. Das alles war so lange her. Sie musste über die Vergange n heit lächeln. Und erst jetzt bemerkte sie, dass die junge Frau, die gut zehn Meter von ihr entfernt, ebenfalls auf den Zug wa r tete, die ganze Zeit You must take the A - Train von Ella Fit z gerald laut sang. En t weder sie bittet im Abteil gleich um etwas Geld oder sie hofft, entdeckt zu werden oder sie übt für ein Vo r singen, dachte Nancy. Sie kannte das Lied und in Gedanken sang sie mit.
     
    You must take the A-train
To go to Shugar Hill way up in Harlem
If you miss the A-train
You'll find you've missed the quickest way to Harlem
 
    Hurry, get on now, it's coming
Listen to those rails a-thrumming
All board! Get pon the A-train
Soon you will be on Sugar Hill in Harlem
     
    In N.Y. darf man keine Chance auslassen, wenn man b e rühmt werden will. Nancy hatte Verständnis für diese Frau. Die Ströme in und aus den Waggons bewegten sich gleic h zeitig. Die automatischen Türen schlossen sich. Es gab ke i ne weitere Kostprobe. Sie wird am Timesq u a re aussteigen. Nancy war sich sicher. Ich wünsche dir Glück, dachte sie und schaute die junge weiße Frau dabei an. Ihre Stimme wird sicher Eindruck machen. Dann wurde Nancy durch ihre eigenen Sorgen abg e lenkt. Sie wartete darauf, endlich in der 138. Straße in Harlem aussteigen zu können, um an den nächsten Kiosk zu stürzen. Wenn alles gut gegangen wäre, müsste sie heute die Titelseite der Freitagausgabe h a ben.
    Endlich hielt die Metro. Der Strudel von Menschen trieb sie mit auf den Bahnsteig in Richtung Rolltreppe, die alle Me n schen wieder an die Oberfläche brachte. Gleich rechts , noch vor dem Ausgang , befand sich der Kiosk, den sie li e bevoll „Mein zweites Zuhause“ nannte. Hier kaufte sie ihre Zeitungen und Magazine und versäu m te nie, einen großen Kaffee, no milk, no sugar, mitzunehmen. Arnold, den B e treiber kannte sie schon solange sie bei Global News arbe i tete. Das waren immerhin über elf Jahre. Arnold war in di e ser Zeit etwas ergraut, aber das schadete seinem afrikan i schen Kräuselhaar nicht. Im Gegenteil. Es machte ihn int e ressant. Weil Nancy im Süden der USA geboren wurde, fühlte sie sich immer etwas verantwortlich und begegnete jedem Afroamerikaner mit respektvoller Höflic h keit.
    Als sie damals bei Arnold ihre erste Zeitung kaufte, b e dankte er sich mit dem Satz: „Vielen Dank. Und nehmen sie mal noch diesen guten Kaffee von mir mit. Sie sehen so aus, als wenn sie den für heute brauchen, Missie.“ Nancy glaubte nicht recht verstanden zu h a ben. Aber der Mann hatte recht . Sie war auf dem Weg zu ihrem Vorstellungsgespräch und wirklich aufgeregt. Sie freute sich trotzdem sehr über die Geste des schwarzen Ma n nes, aber gleichzeitig schämte sie sich ein bisschen und antwortete: „Danke, das ist sehr au f merksam. Aber bitte nennen S ie mich nicht Mi s sie . “
    Arnold lachte. Er war alles andere als ein unsicherer Afroamerikaner, der sich Sorgen um seine Vorväter machte. Er war ein stolzer US-Bürger, der sein eigenes Geschäft eröf f nete hatte. Damals konnte Nancy nicht wissen, dass so einem wie Arnold der Schalk im Nacken saß. Deshalb
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