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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir
Autoren: S. C. Ransom
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zu essen zu holen. Ich lasse sie für dich ausrufen.«
    »Nein! Ich meine, bitte machen Sie sich keine Mühe. Ich bleibe hier einfach sitzen und spreche mit ihnen, wenn sie zurückkommen. Vielen Dank.«
    Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder ihrer Schreibarbeit zu. Ich setzte mich auf einen der kalten, harten Stühle und versuchte nachzudenken. Ich musste hinter die geschlossenen Türen des Behandlungsbereichs gelangen, aber sie würde es bemerken. Doch länger hier zu warten, konnte ich nicht aushalten. Nachdem meine Finger ein kleines Trommelkonzert gegeben hatten, ging ich wieder zum Schalter. »Entschuldigen Sie, wo ist denn die Toilette?«
    Die Frau blickte kurz auf und zeigte dann auf eine Tür. Ich schlüpfte schnell durch und befand mich in einem Flur, wo ich mich nicht weiter um die Toiletten kümmerte, sondern möglichst zielbewusst losmarschierte. Als ich die Polizisten auf mich zukommen sah, bog ich scharf durch eine weitere Tür ab.
    Ich arbeitete mich durch ein Labyrinth von Fluren, um den anderen Ausgang der Notaufnahme zu finden. Schließlich schaffte ich das auch und konnte durch die Glastüren die mit Vorhängen abgeteilten Kabinen sehen. Ich schlüpfte hinein und fragte mich, ob ich mich jetzt endlich im selben Raum wie Callum befand.
    Die Station war warm und hell, aber es fehlte das Summen leiser Unterhaltungen, das ich erwartet hatte. Nur ungefähr ein Viertel der Kabinen war belegt, die anderen waren leer und bereit für die Einlieferung von Verletzten, die niemals kommen würden. Ich huschte neben den ersten der geschlossenen Vorhänge und lauschte angestrengt. Von innen kam keinerlei Geräusch, und so zog ich den Vorhang vorsichtig so weit auf, dass ich mich hineinschleichen konnte.
    Ich traute meinen Augen nicht. Das vertraute dunkelblonde Haar umrahmte das friedlich schlafende Gesicht, das ich so gut kannte. Aber das war nicht das Gesicht, das ich so liebte, es war das Gesicht, das ich für immer verabscheuen würde. Nackte Wut überkam mich, und ich ging auf das Bett zu.
    »Wie konntest du nur!«, fauchte ich. »Wie konntest du es wagen, mit all den unschuldigen Leben zu spielen?«
    Catherine schlug die Augen auf und ihre Hände zuckten zum Mund. »Und ich verstehe nicht, warum du nicht als zerschmettertes Häufchen in St. Paul’s liegst«, fuhr ich hitzig fort. »Das ist das Mindeste, was du verdient hast!«
    Während ich sprach, trat eine seltsam vertraute Angst in ihre Augen, die bei ihr völlig unangebracht war. »T-t-tut mir leid«, stotterte sie schließlich, »aber ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Komm mir bloß nicht so! Es ist alles deine Schuld. All die anderen draußen im Fluss – tot! Und du hättest sie retten können. Du bist das Letzte!«
    Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen. »Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst. Wer bist du? Was mache ich hier? Warum machen du und die andere Frau mir das Leben so schwer?«
    »Ich hab genug von deinen Spielchen«, sagte ich grob, beugte mich vor, so dass sie ängstlich zurückzuckte. »Ich schätze, dass ihr beide, du und Veronica, es seid, die wieder erschienen sind, die zwei, die bereits lebendig waren.« Die furchtbare Enttäuschung, die über mir zusammenschlug, machte mich fuchsteufelswild. »Ich kann es nicht fassen, dass ich jemals geglaubt hab, du würdest helfen. Du musst mit Abstand die allerübelste Person auf dem ganzen Planeten sein!«
    Nun liefen die Tränen über und strömten über Catherines Wangen. »Aber ich weiß doch überhaupt nichts«, jammerte sie. »Ich weiß nicht, wer ich bin oder wer du bist und wie ich hierhergekommen bin. Ich will, dass mir jemand hilft.«
    »Nette kleine Show«, spottete ich. »Ich wette, dass du das Personal hier in kürzester Zeit dazu bringst, dir aus der Hand zu fressen.« Wütend trat ich vom Bett zurück. »Los, wo ist Veronica? Ich muss mit jemandem reden, der Verstand hat, mit jemandem, der mir etwas Brauchbares erzählen kann.«
    Catherine setzte sich auf, krampfte die Hände ineinander und sah mich kläglich an. »Ich weiß überhaupt nichts«, flüsterte sie sehr leise. »Alles ist leer.« Sie fing an, sich vor und zurück zu wiegen, zappelte mit den Händen, bildete mit Daumen und Zeigefingern zwei ineinander verschränkte Kettenglieder, die sie im Rhythmus des Hin- und Herwiegens bewegte. Während ich sie betrachtete, kroch mir ein seltsames Gefühl über den Rücken. Bisher hatte ich erst eine einzige Person so etwas machen sehen, doch die
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