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Nur Du hast den Schlüssel

Nur Du hast den Schlüssel

Titel: Nur Du hast den Schlüssel
Autoren: Terry Pratchett
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so entworfen waren, daß es niemand lange darauf aushielt und deshalb auch keine Zeit hatte, Unordnung zu machen. Oder sich die Blumenkübel ansehen, aus denen jedes Jahr aufs Neue die widerstandsfähigen winterharten Chipstüten sprossen. Mit den Zierbäumen konnte es wohl kaum zusammenhängen. Sie hatten auf den Entwürfen des Architekten groß und üppig ausgesehen, aber bei all den Kürzungen der öffentlichen Gelder in den letzten Jahren war niemand dazu gekommen, file:///G|/Books/1/schlüssel.htm (4 von 137) [16.06.2001 17:44:06]
    Nur du hast den Schlüssel
    sie überhaupt zu pflanzen.
    Die Straßenbeleuchtung ließ die Nacht eiskalt aussehen.
    Die Zeitung segelte weiter und wickelte sich um einen gelben Mülleimer, der die Form eines fetten Hundes mit aufgerissenem Maul hatte.
    Etwas landete in einer Gasse und ächzte.
    »Tick Tick Tick! Ticketi-tick! Aua! Sanitäter!«
    Das Interessante am Gedankenmachen ist, daß es immer was Neues gibt, über das man sich Gedanken machen muß, dachte Johnny Maxwell.
    Seine Freundin Kirsty behauptete, das liege nur daran, daß er ein geborener Gedankenmacher sei, aber das lag daran, daß sie sich überhaupt nie Gedanken machte. Sie wurde statt dessen gleich wütend und unternahm etwas, ganz gleich, was. Er beneidete sie wirklich darum, daß sie immer wußte, was sie unternehmen mußte und weshalb.
    Derzeit rettete sie abends meist den Planeten und an den Wochenenden Füchse.
    Johnny machte sich nur Gedanken. Normalerweise
    waren es die üblichen Gedanken - wegen der Schule, wegen Geld, ob man vom Fernsehen AIDS bekommen
    konnte und so. Aber manchmal kam auch von irgendwo aus dem Nichts das Superthema, und alle anderen stiegen in die zweite Liga ab.
    Im Augenblick war es sein Kopf.
    »Es ist nicht unbedingt dasselbe wie krank sein«, sagte Yo-less, der sich quer durch das Medizinlexikon seiner Mutter gelesen hatte.
    »Es hat überhaupt nichts mit Kranksein zu tun. Wenn einem lauter schlimme Sachen passieren, ist es sogar gesund, deprimiert zu sein«, erwiderte Johnny. »Erst hat Dad pleite gemacht, und dann hat er sich abgesetzt, und Mum sitzt die ganze Zeit nur rum und raucht. Ich meine, wenn ich danach lächelnd rumlaufen und sagen würde: Ist doch alles nicht so schlimm - das wäre durchgeknallt.«
    »Stimmt«, sagte Yo-less, der auch ein bißchen was über Psychologie gelesen hatte.
    »Meine Oma ist durchgeknallt«, erzählte Bigmac. »Sie ist-au!«
    »Tschuldigung«, sagte Yo-less. »Ich hab nicht aufgepaßt, wo ich hintrete, aber du auch nicht.«
    »Es sind nur Träume«, meinte Johnny. »Das ist doch nichts besonders Durchgeknalltes.«
    Obwohl er zugeben mußte, daß er auch tagsüber
    träumte. Träume, die so wirklich schienen, daß seine Augen und Ohren ganz voll davon waren.
    Diese Flugzeuge ...
    Die Bomben ...
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    Nur du hast den Schlüssel
    Und die fossile Fliege. Warum nur? Er hatte diese Alpträume, und mittendrin sah er die Fliege, winzig klein, eingeschlossen in einem Stück Bernstein. Er hatte dafür gespart und ein Bio-Referat darüber geschrieben. Aber sie sah nicht mal irgendwie furchterregend aus. Es war nur eine Millionen Jahre alte Fliege. Was hatte die in einem Alptraum zu suchen?
    Bah. Lehrer. Warum konnten sie nicht tun, was man von ihnen erwartete, zum Beispiel Zeug nach einem werfen, wenn man nicht aufpaßte? Statt dessen hatten sie sich offenbar alle Sorgen um ihn gemacht und seiner Mutter Briefe geschrieben und ihn schließlich zu einem Spezialisten geschickt. Andererseits war das gar nicht so schlimm, und er verpaßte deshalb wenigstens hin und wieder Mathe.
    In einem der Briefe hatte gestanden, er sei »gestört«. Na und, wer war das nicht ? Er hatte den Brief seiner Mum lieber nicht gezeigt. Es war ohnehin schon schlimm genug.
    »Kommst du denn zurecht, seit du bei deinem Opa
    wohnst?« fragte Yo-less.
    »Es geht. Opa kümmert sich um die Hausarbeit. Er
    kann guten Toast machen. Und Überraschungs-überra-schungen.«
    »Was ist denn das?«
    »Kennt ihr die Bude auf dem Markt, an der Dosen ohne Etikett verkauft werden?«
    »Ja?«
    »Na ja, da kauft er immer ein. Und wenn die Dosen erst mal offen sind, muß man das Zeug essen.«
    »Ih.«
    »Ananas mit Fleischklößchen ist gar nicht so übel.«
    Sie gingen weiter die abendliche Straße entlang.
    Das Problem mit uns, dachte Johnny, das wirklich
    Traurige ist, daß wir nicht besonders gut sind. Oder nein, das ist noch nicht das
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