Nummer 28 greift ein Wir Kinder aus der Brunnenstraße
da wurde sie am Arm gepackt. Es war die Mutter von Melene und
Horsti. Sie sah merkwürdig blass aus.
»Melene und Horsti . . .«, begann sie unvermutet, ihre Stimme zitterte und ihre Augen waren gerötet. »Ich mache mir solche
Sorgen. Sie sind seit Stunden fort. Hast du sie vielleicht irgendwo gesehen?«
Nadeshda schüttelte den Kopf. Merkwürdig, dachte sie, als es am Donnerstag so geregnet hatte, und Melene und Horsti ewig weg
waren, hatte sich die Frau doch auch nicht so aufgeregt?!
Als hätte die Mutter Nadeshdas Gedanken gelesen, hielt sie ihr einen Zettel hin. »Hier, lies! Das lag auf dem Küchentisch.«
Mit krakeliger Schrift stand darauf geschrieben:
Stirnrunzelnd las Nadeshda den Zettel.
Die Mutter schluchzte: ». .. und sie haben ihre Schlafsäcke mitgenommen. Und Horstis Schlafschaf ist auch weg!«
Erschrocken schaute Nadeshda sie an. Siedendheißwar ihr Horstis Anruf eingefallen. »Sie ... Sie glauben, die beiden sind weggelaufen?«
»Ja, aber warum? Ich verstehe das nicht«, sagte die Mutter verzweifelt. »Was schreiben sie da von einem Verbrechen? Sie haben
doch überhaupt keinen Grund, wegzulaufen! ... aber was erzähle ich dir das alles? Ich sollte besser zur Polizei gehen!« Abrupt wandte sie sich um und eilte davon.
Nadeshda schaute ihr wie betäubt hinterher. Sollte sie ihr von Horstis Anruf erzählen? Sollte sie ihr von Melenes Tandemklau
erzählen und davon, dass Melene und Horsti in den letzten Tagen mit nichts anderem beschäftigt gewesen waren, als an Geld
zu kommen? Doch ehe Nadeshda sich dazu entschließen konnte, war die Mutter von Horsti und Melene bereits in der Unterführung
verschwunden.
Erst im Treppenhaus von Elmos Haus hatte Nadeshda die anderen eingeholt.
»Was sagen wir eigentlich, wenn Elmos Bruder uns die Tür öffnet?«, gab Gogo zu bedenken, als sie die Treppe zum dritten Stock
hocheilten. Gogo schien Fiedes Aktion nicht recht geheuer zu sein.
»Ach, da fällt uns schon etwas ein«, erwiderte Fiede lässig.
Doch erst einmal machte ihnen niemand auf. Auch nach mehrmaligem Klingeln blieb es in der Wohnungstill. Nadeshda hatte nichts anderes erwartet. »Und nun?«, fragte sie zu Fiede gewandt.
»Los, klingelt einfach noch mal!«, forderte Fiede sie auf.
Poli-Kala drückte mit ihren zuckerwatteverklebten Fingern auf den Klingelknopf und klingelte Sturm. Kurz darauf wurde die
Wohnungstür tatsächlich aufgerissen.
Im ersten Moment schaute Elmo erwartungsvoll. Doch als er sie erkannte, sagte er enttäuscht: »Ach, ihr seid das! Ich dachte,
es wäre mein Bruder.«
Nadeshda linste an Elmo vorbei in die Wohnung hinein. »Der ganze Flur steht voll mit Koffern und Reisetaschen«, raunte sie
Fiede zu. Der nickte, als hätte er nichts anderes erwartet.
»Was wollt ihr von mir? Lasst mich in Ruhe. Ich hab jetzt keine Zeit«, sagte Elmo und wollte ihnen die Tür vor der Nase schließen.
»Ich muss mal!«, jammerte Poli-Kala plötzlich und hüpfte von einem Bein aufs andere.
»Du tust doch nur so!« Elmo beäugte Poli-Kala misstrauisch.
Doch Poli-Kala schüttelte den Kopf.
»Na gut, dann komm rein. Aber nur du. Sonst keiner. Und mach schnell«, sagte Elmo entnervt. »Und damit es klar ist«, sagte
er zu den anderen gewandt: »Wenn Poli-Kala auf der Toilette gewesen ist, haut ihr alle ab!«
Sie versprachen es. Aber in dem Moment, als Poli-Kala die Toilettentür hinter sich zuzog, kam ein sonnengebräunter Typ hustend
die Treppe herauf. Im Mund hatte er eine qualmende Zigarette, unter dem Arm klemmten Schwimmflossen und eine Taucherbrille.
Als er die Kinder erblickte, stutzte er.
»Hey, Walt!«, rief Elmo erfreut und strahlte. »Da bist du ja! Verreisen wir jetzt schon?«, fragte er. »Warum hast du denn
nicht auch meine Schwimmflossen und meine Taucherbrille aus dem Keller mit hochgebracht? Soll ich sie schnell holen?«
Elmos großer Bruder antwortete nicht. Er schien nicht erfreut zu sein, Elmo hier anzutreffen. »Was machst du hier?«, fragte
er ihn verärgert. »Und wer sind die? Sind das die, die die Tasche gefunden haben?«
Elmo nickte.
»Und warum seid ihr hier und nicht auf dem Jahrmarkt?«, fuhr er Elmo an.
Elmo stotterte: »Die ... die Gutscheine, die ... die du uns gegeben hast, die waren gefälscht.«
»Gefälscht?« Elmos großer Bruder schien ehrlich überrascht zu sein. Er kniff die Augen zusammen und sah aus, als würde er
angestrengt nachdenken. Kaum hörbar murmelte er vor sich hin: »Ede, dieser
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