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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit
Autoren: Colin Forbes
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und in der Luft - wurden über Funk von der Leitstelle der Präfektur auf der Ile de la Cité dirigiert. Boisseau war der Mann an der Spitze dieses Riesenunternehmens. Er wartete in dem Büro, das Grelle ihm zur Verfügung gestellt hatte, auf den ersten Funkbericht. »Er hat soeben den ElyséePalast verlassen …«
     Blanc saß in seinem Dienstwagen im Innenhof des Elysée; dieser Wagen war nur einer von vielen, die dem Wagen mit dem Präsidenten nach dessen Abfahrt folgen sollten. Neben Blanc saß seine Frau Angèle. Plötzlich sah er einen Wagen halb in den Innenhof hineinfahren, bevor er angehalten wurde. Blanc verkrampfte sich. General Lamartine stieg aus. Irgendein Esel von Sicherheitsbeamter hatte dem General erlaubt, den Kordon zu durchbrechen. Wahrscheinlich hatte Lamartine das hohe Tier herausgekehrt. Blanc blickte durch die Heckscheibe auf die Treppenstufen des Palasts. Florian war gerade herausgekommen und blieb stehen, als er den Sicherheitschef des Palasts mit Lamartine streiten sah. »Bin in einer Minute wieder da«, sagte Blanc zu seiner Frau und stieg aus. In dem Wagen vor ihnen hatte Danchin sich umgedreht. Er machte ein Gesicht, als ob er überlegte, ob der Vorfall etwas mit ihm zu tun habe.
     Lamartine hatte den Sicherheitsbeamten stehen lassen und eilte jetzt quer über den Hof zu der Treppe des Palasts. Alle starrten ihn an. Florian trat auf den Hof hinunter und begrüßte Lamartine. Dann ging der Präsident langsam zu seinem Wagen. Der General sprach lebhaft auf Florian ein, der schweigend zuhörte und gemessenen Schritts weiterging. Lamartines Gesicht erstarrte, als er Blanc auf sich zukommen sah. Er hat es ihm erzählt, dachte der Minister, er hat ihm alles gesagt - um sich selbst den Rücken freizuhalten, dieser Scheißkerl.
     »Was soll das alles bedeuten, Alain?« Florian hatte sich schon halb in den Fond seines Wagens gesetzt und sprach über die Schulter; dann setzte er sich zurecht und ließ die Tür offen. Er sah zu Blanc auf, der sich hinunterbeugte, um mit Florian zu sprechen. »Wir hatten heute nacht ein kleines Problem«, sagte der Minister ungerührt. »In den Palast wollte man mich nicht hineinlassen, also habe ich mich allein darum gekümmert.«
     »Sie planen einen Staatsstreich?«
    Ein Ausdruck zynischer Belustigung erschien auf dem schmalen, hageren, intelligenten Gesicht, ein Ausdruck höchsten Selbstvertrauens. In diesem Augenblick wurde Blanc mehr denn je bewußt, welch eine magnetische Persönlichkeit dieser Mann besaß, den man zu Unrecht den zweiten de Gaulle genannt hatte. Florian beugte sich vor, als Blanc schwieg. Einen Augenblick sah es aus, als würde der Präsident aussteigen. Blancs Herz machte einen Satz.
    »Sie planen einen Staatsstreich?«
    »Herr Präsident.«
    Das war alles, was Blanc sagte. Florian lehnte sich in die  Polster, schloß selbst die Tür und wies den Fahrer an, loszufahren. Blanc ging zu seinem Wagen zurück und würdigte Lamartine dabei keines Blicks. Der General war zum Standbild erstarrt. Jetzt wußte er, daß er seine Karriere ruiniert hatte. »Und das alles für nichts«, sagte Blanc zu seiner Frau, als er sich wieder hingesetzt hatte. 
    »Lamartine ist ein altes Schlachtroß - ich glaube, den werden wir bald auf Gnadenbrot setzen müssen …«
     Er war nur mit halbem Herzen bei dem, was er sagte, als das erste Fahrzeug, ein Mannschaftswagen voller CRS-Männer, den Innenhof verließ und in die Rue du Faubourg St. Honoré einbog. Dann folgte der Präsidentenwagen. So viel Selbstvertrauen in einem einzigen Mann! Florian war zu dem Schluß gekommen, daß niemand mehr die Räder der Geschichte anhalten konnte, die er in Bewegung gesetzt hatte. Blanc, sein engster Vertrauter, hatte in der Nacht Anweisungen gegeben, die man als Hochverrat würde auslegen können. Wenn schon, dem würde er sich nach der Rückkehr aus Moskau widmen. Hatte nicht vor einigen Jahren ein amerikanischer Präsident das gleiche Gefühl der Unverwundbarkeit besessen - obwohl seine Taten verglichen mit denen Guy Florians nur kleine Vergehen gewesen waren?
     Die Route zum Flughafen Charles de Gaulle war von Marc Grelle persönlich mit großer Sorgfalt ausgearbeitet worden. Enge Straßen waren nach Möglichkeit zu meiden, um der Gefahr zu entgehen, daß sich ein Heckenschütze auf irgendeinem Dach auf die Lauer legte. Nach dem Einbiegen in die Rue du Faubourg St. Honoré würde die Autokolonne kurz auf dieser Straße fahren, dann wieder nach links in die Avenue
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