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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot
Autoren: Markus Theisen
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dem Eingang gegenüberliegenden Wand, vor dem Fenster mit Blick auf Mayberg, stand ein massiver dunkler Schreibtisch aus Buchenholz. Dazu in der Ecke links von der Tür ein niedriger Wohnzimmertisch mit zwei schwarzen, von olivgrünen Fäden durchsetzten, stoffbezogenen Ohrensesseln .
    » Bitte nimm Platz«, deutete Kreismüller mit einer Handbewegung auf die Sitzgruppe. Widerwillig folgte Michael der Aufforderung seines Gastgebers. Doch aufgrund seiner Erschöpfung nahm er das Angebot an und sank in einen der beiden Sessel. Kreismüller kramte unterdessen aus dem Schreibtisch zwei Schnapsgläser mit samt einer Flasche Trester hervor und nahm ebenfalls Platz. Beim Einschenken sagte er mit gedämpfter Stimme: »Es war nicht leicht für Maria, in den letzten Jahren. Doch hier, trink erst mal«, und reichte Michael ein Glas .
    » Auf die Zukunft!«, sprach der Bauer mit fester Stimme .
    » Auf die Zukunft«, antworte Michael wehmütig. Der Schnaps brannte dem Heimkehrer in der Kehle und er musste kräftig husten. Kreismüller, mitleidig lächelnd, stand auf und ging ein paar Mal im Zimmer auf und ab. Dann blieb er stehen und begann mit seinen Erklärungsversuchen. Dass Maria und Rosemarie in Sorge und Ungewissheit lebten, dass sie kaum das Notwendigste zum Essen hatten und er, Kreismüller, ihre Not erkannt und Maria deswegen öfters besucht habe. Nur um zu helfen, wie sich Bergheim sicherlich vorstellen könne. Heinrich wurde nicht müde, diesen Satz mehrfach in seiner Rede zu wiederholen. Maria habe die erste Zeit nichts angenommen, auch nichts für ihr Kind .
    » Doch vor letztem Weihnachten ist sie dann mit der Kleinen zu mir gezogen.«
    »Aber jetzt bin ICH wieder hier und ich will MEINE Familie wiederhaben!«, unterbrach Michael den Bauern trotzig und sprang auf.
    »Ja, du bist wieder hier«, entgegnete Heinrich seltsam ruhig, den Heimkehrer mit seinen Augen fixierend. Dann aber wurde seine Stimme von Satz zu Satz lauter und energischer: »Du stehst hier aus heiterem Himmel einfach vor der Tür und hast wohl erwartet, dass sie sich dir direkt wieder an der Hals wirft? Man, schau dich doch nur an! Was willst DU deiner Familie schon bieten? Du hast doch gar nichts, mal abgesehen von dem alten Haus!« Michael trafen diese harschen Worte wie ein Blitzschlag in sein Herz. Niedergeschlagen wollte er das Zimmer mit gesenktem Kopf verlassen, doch Kreismüller bat ihn höflich noch zu bleiben und stellte eine kleine Holzkiste auf den Schreibtisch .
    » Maria hat sie mitgebracht. Ich glaube, außer den Türschlüsseln eures Hauses sind noch einige Dinge von dir mit drin. Das meiste von deinen Sachen hat sie allerdings zurückgelassen. Ich habe den alten Elzer gebeten, auf das Haus aufzupassen, bis …« Hier stockte Heinrich plötzlich, wandte sich von Michael ab und blickte aus dem Fenster.
    »Bis was?!«, schrie der Heimkehrer den Bauern an, der sich nun wieder zu ihm umdrehte .
    » Bis euch endlich die Nachricht erreicht, ich sei tot, oder was? Aber wie man sich doch irren kann!«, fügte Bergheim zynisch hinzu. Er kam zurück zum Schreibtisch, öffnete energisch die kleine Kiste und fand neben den besagten Schlüsseln auch einige Familienfotografien aus glücklicheren Tagen und die silberne Taschenuhr, die ihm sein Vater vererbt hatte. Er nahm alles heraus und steckte sich seine Habseligkeiten in die Jackentasche.
    »Bergheim glaub mir, ich kann deinen Zorn verstehen, aber gib deiner Frau und der Kleinen Zeit. Bring dein Haus wieder in Schuss und besorg dir Arbeit. Du musst Maria beweisen, dass du wieder für sie sorgen kannst. Und nach einer gewissen Zeit startest du einen neuen Versuch.« Beinahe flehentlich klangen Heinrichs Worte in Michaels Gehörgang.
    »Und wie lange soll ich warten? Eine Woche, einen Monat oder ein Jahr?«, zischte Michael wütend.
    »Kann ich dir nicht sagen Bergheim. Doch ich werde dich dann unterstützen, wenn es so weit ist. Du kannst mir vertrauen. Ich will doch nur helfen und freue mich für euch, wenn ihr wieder zusammen seid«, entgegnete Kreismüller beschwichtigend.
    Reichlich frustriert hatte Michael bereits die Türklinke gedrückt, um sich davonzumachen, da erinnerte er sich an den Inhalt seines Stoffbeutels, den er noch immer über die Schulter hängend trug. Er zog ihn an den Schnüren auf und drückte Kreismüller das gebündelte Päckchen Briefe und die Tafel Schokolade in die Hand .
    » Ich habe nur diese eine Bitte an dich. Gib Maria die Briefe und Rosi die Schokolade«, sagte
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