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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey
Autoren: Jane Austen
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Gesichter so gar nichts hatten, was sie interessierte, und die ihr alle so völlig fremd waren, daß sie die Verdrießlichkeit des Gefangenseins durch keine Silbe zu einem ihrer Mitgefangenen abmildern konnte; und als sie schließlich im Teesalon ankamen, störte es sie noch empfindlicher, keine Gruppe zu haben, zu der sie stoßen, keine Bekanntschaft, die sie geltend machen durften, keinen Herrn, der ihnen beisprang. – Von Mr. Allen war nichts zu sehen, und nachdem sie vergebens nach einer brauchbareren Lösung ausgeschaut hatten, blieb ihnen nichts übrig, als am Ende eines Tisches Platz zu nehmen, der bereits von einer großen Gesellschaft besetzt war, ohne daß sie irgend etwas dort zu tun gehabt hätten oder mit irgendwem hätten sprechen können als miteinander.
    Kaum saßen sie, beglückwünschte Mrs. Allen sich dazu,daß ihr Kleid vor Schaden bewahrt worden war. »Es wäre fatal gewesen, wenn es eingerissen wäre«, sagte sie, »meinst du nicht auch? – Ein solch zarter Musselin … Also ich habe im ganzen Saal nichts gesehen, was mir nur annähernd so gefiele, das muß ich sagen.«
    »Wie unangenehm es ist«, flüsterte Catherine, »hier keine Menschenseele zu kennen.«
    »Ja, meine Liebe«, erwiderte Mrs. Allen stillvergnügt, »äußerst unangenehm.«
    »Was sollen wir tun? Die Herren und Damen am Tisch fragen sich sicher schon, was wir hier wollen – wir drängen uns ihnen ja regelrecht auf.«
    »O ja, das tun wir. – Wirklich sehr unerfreulich. Ich wünschte, wir hätten viele Bekannte hier.«
    »Ich wünschte, wir hätten überhaupt welche – dann könnten wir uns an jemanden halten.«
    »Sehr wahr, meine Liebe; wenn wir Bekannte hier hätten, dann würden wir uns sofort zu ihnen setzen. Letztes Jahr waren die Skinners hier – ich wünschte, sie wären jetzt auch da.«
    »Sollten wir dann nicht besser hier weggehen? Es ist ja nicht einmal ein Gedeck für uns da.«
    »Stimmt, da steht keins. – Wie überaus ärgerlich! Aber ich glaube, wir sollten trotzdem lieber sitzenbleiben, in dem Gedränge wird man so schrecklich herumgestoßen! Was macht meine Frisur, meine Liebe? – Jemand hat mir einen Puff versetzt, der sie ruiniert hat, fürchte ich.«
    »Nein, gar nicht, es sieht sehr gut aus. Aber, liebe Mrs. Allen, sind Sie sicher, daß Sie in dieser ganzen riesigen Menschenmenge niemanden kennen? Irgendwen
müssen
Sie doch kennen.«
    »Niemanden, wirklich nicht – ich wünschte, es wäre anders. Ich wünschte von Herzen, ich hätte einen großen Bekanntenkreis hier, und dann würde ich dir einen Partner verschaffen. – Ich wäre so froh, wenn du zum Tanzen kämst.Gott, sieht die Frau dort drüben merkwürdig aus! Was für ein komisches Kleid sie anhat! – Wie altmodisch es ist! Schau dir den Rücken an.«
    Nach einer Weile bekamen sie von einem ihrer Nachbarn Tee angeboten; sie nahmen dankbar an, und daraus ergab sich ein kurzer Wortwechsel mit dem Herrn, der ihnen einschenkte – das einzige Mal, daß jemand an diesem Abend mit ihnen sprach, ehe nach Beendigung des Tanzes Mr. Allen sie entdeckte und zu ihnen trat.
    »Nun, Miss Morland«, sagte er gleich, »ich hoffe, es war ein schöner Ball für Sie.«
    »Ja, sehr schön«, antwortete sie und versuchte vergeblich, ein herzhaftes Gähnen zu unterdrücken.
    »Ich wünschte, sie hätte tanzen können«, sagte seine Frau, »ich wünschte, wir hätten einen Partner für sie gefunden. – Ich habe schon gesagt, ich wäre so froh, wenn die Skinners diesen Winter hier wären statt letzten, oder wenn die Parrys gekommen wären, wie sie es eigentlich wollten, denn dann hätte sie mit George Parry tanzen können. Es ist so schade, daß sie keinen Partner hatte!«
    »Nächstes Mal haben wir sicher mehr Glück«, tröstete Mr. Allen.
    Nun, da nicht mehr getanzt wurde, begann die Gesellschaft sich zu zerstreuen – ausreichend, daß die Zurückbleibenden recht bequem herumspazieren konnten; und dies war die Zeit, da eine Heldin, die bei den Begebnissen des Abends bislang keine herausragende Rolle gespielt hatte, bemerkt und bewundert werden konnte. Mit jeder Minute, die verstrich, dünnte die Menge sich mehr aus, und Catherines Reizen bot sich folglich eine immer größere Bühne. Sie war jetzt für viele junge Männer zu sehen, die vorher keine Möglichkeit dazu gehabt hatten. Keinem stockte jedoch bei ihrem Anblick der Atem vor Überwältigung, kein fragendes Raunen verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Saal, und nicht einem Menschen fiel es ein, sie als
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