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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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wollte, und zweitens, weil deren Pläne so vage klangen. Wenn Malin mehr an den neuen Kindergarten geglaubt hätte, wäre Henrik vielleicht umzustimmen gewesen. Nun mussten sie sich mitunter bissige Bemerkungen von Fåröern anhören, in deren Augen es an Verrat grenzte, die Kinder in die Kita in Fårösund zu bringen. Aber die hatten keine Ahnung. Sie kapierten es nicht.
    Natürlich wäre ein Kindergarten auf Fårö praktischer gewesen. Sie hätten viel Zeit gespart. Aber wenn sie, so wie heute, den Schulbus verschlafen hatten, konnten sie sich damit trösten, dass sie ohnehin nach Fårösund fahren mussten.
    Dass sie tatsächlich hier gelandet waren! Im Grunde wunderte Malin sich mehr über Henriks Entschluss als über ihre eigene Zustimmung. Als sie Henrik kennenlernte, war er beständig auf dem Weg nach Los Angeles. Er wollte hinaus in die Welt, war schon auf dem Absprung und nur noch nicht hundert Prozent abgenabelt. Heute war von dieser Phase bloß noch das schreckliche Foto übrig, das David LaChapelle von ihm gemacht hatte und das er sich stolz in sein Arbeitszimmer gehängt hatte. Wieso hatten die Mieter nicht stattdessen dieses Bild genommen? Henrik mit einem breiten Grinsen im Gesicht, auf der einen Seite schmiegte sich ein halb nacktes Model an ihn, und auf der anderen Seite stand ein in die Jahre gekommenes Elvis-Double, Typ Fettsack in Las Vegas.
    Malin sah natürlich ein, dass das Bild nicht nur furchtbar war. Sie erkannte das Geniale daran und konnte verstehen, dass Henrik es zeigen wollte. Schon allein, um die Kunden zu beeindrucken. Auf seiner Homepage durfte man es selbstverständlich auch bewundern. Aber wie kam man von diesem Foto nach Kalbjerga auf Fårö? Was war geschehen? So ganz begriff sie das nicht.
    Malin setzte sich wieder gerade auf den Fahrersitz und betrachtete den Fähranleger, der immer größer wurde. Im Kutterhafen lag ein hellblaues Fischerboot, die schwarzen Fähnchen an den Schwimmkörpern flatterten im Wind. Dahinter war das Lotsenboot in knalligem Orange zu erkennen.
    Sie hatten Anzeige erstattet, und im Lauf des Vormittags würde ein Kriminalpolizist vorbeikommen, mit ihnen sprechen und sich die Bilder ansehen.
    Malin wurde die Gedanken an das Porträtfoto mit den durchstochenen Augen nicht los. Manchmal dachte sie kurz an etwas anderes, aber es dauerte nicht lange, und sie hatte den Anblick wieder vor Augen. In ihr vibrierte es vor Unbehagen. Sie schlief schlecht. Nach der ersten Nacht hatten sie die Betten gegen zwei aus dem einzigen bezugsfertigen Zimmer im Gästehaus ausgetauscht. Malin konnte sich einfach nicht überwinden, im selben Bett zu schlafen wie diese Verrückten. Die überall hinkackten. Scherbenfallen stellten. Augen ausstachen.
    Sie hatte das ganze Haus geputzt, den Boden mit Seifenlauge geschrubbt, alle Schränke feucht ausgewischt, jeden Winkel gereinigt und fast die Emaille aus der Badewanne gescheuert.
    Erst danach war sie zufrieden. Das Haus gehörte wieder ihr. Beinahe. Der klebrige Ekel hatte sich zwar gelegt, aber das Unbehagen war noch da.
    Die Bodilla glitt zwischen die Kajsa-Stina und den alten Kalkofen, der klobig in die Höhe ragte. Malin rollte von der Fähre hinunter, bog sofort links ab in den Strandvägen und fuhr weiter in Richtung Schule. Die ersten Steinhäuser an der Straße vermittelten ihr immer ein Gefühl von Sicherheit. Sie waren wahrscheinlich Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut worden und hätten ebenso gut in Södermalm oder Gamla Stan in Stockholm stehen können. Eine typisch städtische Bauweise. Da fühlte sie sich zu Hause. Sie nahm an, dass die meisten Leute hier in der Gegend das vollkommen anders sahen. Während sie mit dem Land Sicherheit verbanden, fühlten sich die Inselbewohner von der Stadt verunsichert.
    Nach ein paar Querstraßen überwogen modernere Miets- und Einfamilienhäuser. Am Ufer lagen kleinere und größere Freizeitboote. Auf dem Gehweg liefen mehrere Klassenkameraden von Ellen, und Ellen winkte jedes Mal begeistert durch die Heckscheibe, wenn sie ein bekanntes Gesicht überholten.
    Vor dem falunroten, barackenartigen Gebäude, in dem Axels Kindergarten untergebracht war, hielt Malin an. Ellen umarmte sie kurz und hüpfte die hundert Meter zum weißen Schulgebäude hinüber.
    »Soll ich dich nicht begleiten?«, rief Malin ihr hinterher.
    »Brauchst du nicht!«
    »Ich rufe Lisas Mutter an.«
    Ellen winkte ihr noch einmal zu, bevor sie hinter dem großen Schultor verschwand.
    »Du sollst mitkommen«, sagte
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