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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
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die Treppe hoch, um die Kaffeetassen aus der Rezeption in die Spülmaschine zu stellen. Da hörte ich Stimmen. Sie kamen aus dem Wohnzimmer der Chefin.“
    Faust neigte den Kopf ein wenig zur Seite, damit er Stiegel aufgrund der angeregten Unterhaltung am Nebentisch und der stärker werdenden Brandung besser verstehen konnte.
    „Wessen Stimmen waren es?“
    „Die erkannte ich sofort. Es waren die Stimmen von Nicole und der Chefin. Die stritten sich lautstark. Was sie sagten, bekam ich nicht mit. Ich blieb zunächst stehen, dann brachte ich die Tassen weg.“
    Stiegel trank seinen Kaffee. Er verzog den Mund und schüttete Milch nach.
    „Und weiter?“, fragte Faust.
    „Als ich aus der Küche kam, waren die immer noch am Streiten. Das kam mir komisch vor. Ich ging ein paar Stufen die Treppe hinauf. Ich sah Nicole. Sie war total verheult. Sie sagte ‚Schlampe‘ zur Chefin. Ich dachte erst, ich höre nicht richtig. Dann schrie die Chefin zurück: ,Du kleine Hure‘.“
    „Ich lande jetzt vermutlich einen Volltreffer, wenn ich behaupte, es ging um Onno Aden“, sagte Faust.
    „Volltreffer. Es ging natürlich um ihn. Immer wieder fiel der Name Onno.“
    „Was schließen Sie daraus, Herr Stiegel?“, fragte Visser.
    „Ich schließe zunächst mal nichts daraus. Aber möglicherweise ist Eifersucht da mit im Spiel.“
    „Könnten Sie sich vorstellen, dass Herr Aden und Nicole ein Verhältnis hatten?“ Faust verzog beim Stellen dieser Frage das Gesicht.
    Stiegel biss sich auf die Unterlippe und überlegte einen Moment. „Na ja. Dem Chef traue ich in dieser Beziehung einiges zu. Aber beweisen kann ich nichts.“
    Faust lehnte sich im Stuhl zurück und winkte der Bedienung zu. Sie erschien prompt am Tisch.
    „Noch mal das Gleiche“, orderte er, dann fragte er Stiegel:
    „Wo ist Nicole Philipps jetzt? Hat sie frei oder ist sie im Dienst?“
    „Sie ist heute Morgen abgereist. Sie hat die Insel verlassen. Sie sagte, sie wüsste nicht, ob sie noch einmal zurückkehren würde.“
    Faust lief rot an. „Das darf doch wohl nicht wahr sein. Das sagen Sie erst jetzt?“
    Stiegel zuckte mit den Schultern.
    „Gent, lauf schon mal zurück zum Büro und informiere den Chef. Wir müssen die kleine Philipps finden. So schnell wie möglich.“
    Während Visser zurück ins Büro lief, machte sich Faust auf den Weg ins Hotel Weißer Sand . Dort sagte man ihm, die Chefin habe das Hotel verlassen. Faust bekam rote Flecken im Gesicht. Das passierte immer dann, wenn er besonders aufgeregt war. Er reagierte ungehalten: „Finden Sie sofort heraus, wo sich Frau Aden befindet“, schrie er die livrierte Mitarbeiterin an. „Ich hoffe nicht, dass sie die Insel verlassen hat“, setzte er nach und nestelte nervös in der Hosentasche.
    „Nein. Sie ist auf der Insel.“ Die Männerstimme kam unvermittelt und wie aus dem Nichts. Faust schaute sich um. Aus einem Nebenraum der Rezeption trat Arno Breuer. Der Hausmeister hatte einen Stromprüfer in der Hand. Aus der Tasche seines Overalls hing ein Kabel heraus. Er trat vor den Ermittler und sagte: „Frau Aden ist ein paar Häuser weiter im Fitness-Studio. Dort ist sie jeden Dienstag um diese Zeit.“
    Faust drehte sich auf dem Absatz und verließ das Hotel. Wortlos.
    * * *
    Faust hatte eine ganze Weile gebraucht, um im riesigen Fitness-Center des Hotels Georgshöhe die Orientierung zu finden. Im Cyclingstudio traf er endlich Juliane Aden. Sie trug ein eng geschnittenes, lila Top mit weitem Ausschnitt. Dazu eine farblich abgestimmte Capri-Hose mit breitem Gummizug. Die kurzen, roten Haare waren verschwitzt. An Stirn und Schläfen klebten sie fest. Faust fuhr sich mit der Hand über die Glatze und trat mit aufgepumptem Oberkörper näher. Die Hotelchefin schien der Besuch des Fahnders nicht zu stören. Sie trat ungebremst weiter in die Pedale. Als sie sah, dass der Soko-Chef näher kam, bückte sie sich noch ein wenig mehr nach vorn und gab damit den Blick auf ihren wippenden Busen nahezu komplett frei.
    Faust zog die Bomberjacke aus und warf sie über einen Hocker. Dann richtete er sein Holster, warf einen gedehnten Blick auf seine Smith & Wesson und krempelte die Hemdsärmel hoch. Dann stieg er auf das Cyclinggerät direkt neben der Hotelchefin, trat in die Pedale und sagte:
    „Guten Tag, Frau Aden. Es tut mir leid, dass ich Sie wieder stören muss. Aber ich habe da noch ein paar Fragen.“
    Juliane Aden schaute ihn von der Seite an. Sie lächelte ein wenig gequält, sie schien schon eine
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