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Nordermoor

Nordermoor

Titel: Nordermoor
Autoren: Arnaldur Indriðason
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das Auto von Sigurður Óli, und in dem Moment, wo Erlendur das Haus betrat, sah er, wie der Gerichtsmediziner mit quietschenden Reifen um die Ecke fuhr. Die Miene des Arztes war nicht gerade einladend. Erlendur hastete einen langen Gang entlang, an dessen Ende die Polizisten und Sigurður Óli standen, der gerade aus dem Obduktionsraum herausgekommen war.
    »Soweit man sehen kann, fehlt nichts«, sagte Sigurður Óli, als er Erlendur den Gang entlang stürmen sah.
    »Sag mir, was passiert ist«, sagte Erlendur und ging mit ihm in den Obduktionsraum zurück. Die Tische waren leer, alle Schränke verschlossen, und nichts in dem Raum deutete auf einen Einbruch hin.
    »Hier waren überall Spuren auf dem Fußboden, die sind aber jetzt zum großen Teil ausgetrocknet. Das Haus ist an ein Alarmsystem angeschlossen, sodass es in der Sicherheitszentrale klingelt, und von da aus hat man vor ungefähr einer Viertelstunde be i uns angerufen. Es hat den An schein, als ob der Einbrecher hier hinten am Haus eine Scheibe eingeschlagen hat und von da aus an die Verriegelung rankam. Nicht sehr schwierig. Im gleichen Augenblick, als er eintrat, reagierten die Sensoren. Er hatte nicht viel Zeit, um seine Aktion durchzuführen.«
    »Auf jeden Fall genug«, sagte Erlendur. Der Gerichtsmediziner war zu ihnen getreten und augenscheinlich sehr erregt.
    »Wer zum Teufel bricht in ein Leichenschauhaus ein?«, knurrte er.
    »Wo sind die Leichen von Holberg und Auður?«, fragte Erlendur. Der Gerichtsmediziner schaute Erlendur an.
    »Steht das in Verbindung zu dem Mord an Holberg?«, fragte er.
    »Kann sein«, sagte Erlendur. »Und jetzt dalli.«
    »Die Leichen werden hier drinnen aufbewahrt«, sagte der Arzt, und sie folgten ihm zu einer Tür, die er öffnete.
    »Werden diese Türen nie abgeschlossen?«, fragte Sigurður Óli.
    »Wer stiehlt denn Leichen?«, stieß der Arzt hervor, der abrupt innehielt, als er in den Raum blickte.
    »Was ist los?«, fragte Erlendur.
    »Das Mädchen ist weg«, sagte der Arzt, der seinen eigenen Augen nicht zu trauen schien. Er durchquerte schnell den Raum, öffnete eine kleine Kammer dahinter und machte Licht.
    »Was?«, fragte Erlendur.
    »Ihr Sarg ist ebenfalls weg«, sagte der Arzt. Er schaute abwechselnd zu Erlendur und Sigurður Óli. »Wer macht denn so was? Wer denkt sich so was Perverses aus?«
    »Er heißt Einar«, sagte Erlendur. »Und das ist überhaupt nicht pervers!«
    Er drehte sich auf dem Absatz um. Sigurður Óli folgte ihm auf den Fersen, und schnellen Schritts verließen sie das Leichenschauhaus.

Kapitel 43
    A uf der Straße nach Keflavík war in dieser Nacht wenig Verkehr, und Erlendur fuhr, was sein zehn Jahre altes japanisches Kleinauto hergab. Der Regen klatschte auf die Windschutzscheibe, sodass die Scheibenwischer nicht dagegen ankamen. Erlendur erinnerte sich an seine Fahrt nach Keflavík vor ein paar Tagen, als er auf dem Weg zu Elín war. Es war wirklich so, als würde der Regen nicht aufhören wollen.
    Er hatte Sigurður Óli angewiesen, sich mit der Polizei in Keflavík in Verbindung zu setzen. Sie sollten sich dort in Alarmbereitschaft halten und dafür sorge n, dass Verstärkung aus Reykjavík käme. Auch Einars Mutter sollte über den Stand der Dinge informiert werden. Er selbst hatte vor, direkt zum Friedhof zu fahren, weil er damit rechnete, dass Einar mit den sterblichen Überresten von Auðurdort sein würde. Er konnte sich nichts anderes vorstellen, als dass Einar seine Schwester wieder der Erde zurückgeben wollte.
    Als Erlendur am Tor des Friedhofs in Sandgerði vorfuhr, sah er Einars Auto. Die Fahrertür stand offen, und auch eine von den hinteren Türen. Erlendur schaltete den Motor aus, stieg aus in den Regen und untersuchte Einars Auto. Er richtete sich auf und horchte, aber er hörte nichts als den Regen, der jetzt senkrecht fiel. Es war Windstille, und er schaute zum schwarzen Himmel hoch. In der Ferne sah er ein Licht über dem Kirchenportal, und er bemerkte einen Lichtschimmer beim Grab von Auður.
    Es glaubte zu sehen, wie sich dort etwas bewegte.
    Und den kleinen, weißen Sarg.
    Er ging vorsichtig los und schlich sich lautlos näher hin zu dem Mann, von dem er glaubte, dass es Einar war. Der Lichtschein kam von einer starken Gaslaterne, die neben dem Sarg stand. Erlendur trat langsam in den Lichtkegel, und der Mann nahm ihn wahr. Er blickte auf und schaute Erlendur in die Augen.
    Erlendur hatte Fotos von Holberg in jungen Jahren gesehen, und die Ähnlichkeit war
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