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Nördlich des Weltuntergangs

Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs
Autoren: Arto Paasilinna
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im Bauwesen hatte ihn dorthin gespült. Seine Frau wohnte nach wie vor in Vääksy, dem Standort der ehemaligen Fabrik, im einst gemeinsamen Eigenheim, das vom Zusammenbruch der Firma verschont geblieben war, weil es nicht als Sicherheit für die Kredite gedient hatte. Die Scheidung war passenderweise in derselben Woche ausgesprochen worden, in der die Firma Pleite gegangen war. Bei der Trauer hatten sie gespart: Eemeli hatte sowohl den Konkurs als auch die Ehescheidung allein auf seine Kappe genommen. Er und seine Frau hatten sich in Freundschaft getrennt, und auch der Holzbranche weinte er keine Träne nach.
    Aus Mitteln der Stiftung schaffte Eemeli für sein Büro die notwendigste Ausrüstung an: einen Kopierer, Zeichengerät, Aktenordner. Er legte die Baupläne der Kirche von Kuortane in den Kopierer und verkleinerte den Maßstab auf das Verhältnis 2:3. Dadurch verkürzte sich die Kirche von sechsunddreißig auf vierundzwanzig Meter, und die Anzahl der Plätze verringerte sich – grob gerechnet – von tausendzweihundert auf achthundert. Die Höhe ließ sich nicht in demselben Maßstab vermindern, denn dann wären die Wände im Hinblick auf die Nutzung des Gebäudes zu niedrig geworden. So wählte Eemeli dabei das Verhältnis 3:4, das er auch auf den Dachreiter und die Zwiebel des Turms übertrug.
    Baumeister Antti Hakola hatte die Außenwände der Kirche seinerzeit nach ostbottnischer Manier trichterförmig abgeschrägt. Dadurch neigte sich die Wand gerade so weit nach außen, dass es zu sehen war, ohne allzu auffällig zu wirken. Mit anderen Worten, der unterste Balken der Wand saß um eine Balkenstärke weiter innen als der oberste, das Gebäude weitete sich also im oberen Teil. Eemeli Toropainen dagegen zeichnete seine eigene Kirche ohne Schräge, und das nicht etwa aus mangelndem Vertrauen in seine Zimmermannsfähigkeiten, sondern weil er aufrechte Wände lieber mochte.
    Als er den Antrag für die Baugenehmigung fertig hatte, nahm er Kontakt zum Vorsitzenden des Bauausschusses von Sotkamo auf und lud ihn zu sich nach Kalmonmäki in die Sauna ein. Weitere Ausschussmitglieder seien ebenfalls willkommen, ließ er dabei wissen.
    Tatsächlich trafen dann drei Vertreter des Bauausschusses in Kalmonmäki ein. Die Rauchsauna glühte vor Hitze, in der Wohnstube gab es Bier und Kartoffelpiroggen.
    Nach dem Saunieren stellte Eemeli Toropainen sein Bauprojekt vor. Er breitete die Zeichnungen auf dem Tisch aus, sagte, so und so sehe das Ganze aus, und bat darum, dass man es ihm absegnete.
    Die gewählten Vertreter erkannten sofort, dass am Ukonjärvi-See eine Kirche entstehen sollte. Im schriftlichen Antrag hatte Eemeli das Objekt als »größeres Wirtschaftsgebäude« betitelt, und im Formular für die Baustatistik trug es die Bezeichnung »Freizeiteinrichtung im Blockhausstil«.
    »Das sieht mir aber sehr nach einer Kirche aus«, wandte der Ausschussvorsitzende ein. Die anderen waren der gleichen Meinung.
    Eemeli Toropainen musste zugeben, dass seine Bauzeichnungen tatsächlich irgendwie auf eine Kirche schließen lassen mochten, wenn man es peinlich genau nahm, dabei war es nicht wirklich eine Kirche, jedenfalls nicht offiziell. Es handelte sich um das Projekt einer Stiftung von Todes wegen, womit eine Testamentsverfügung des unlängst verstorbenen Asser Toropainen erfüllt werden sollte.
    Die Ausschussmitglieder kannten das Baugesetz nicht sehr genau, vermuteten aber, dass die Errichtung einer Kirche draußen in der Wildnis eine nicht ganz so einfache Angelegenheit war, wie Eemeli Toropainen es sich vorstellte. Andererseits konnte der Bau einer Kirche unmöglich eine Sünde sein.
    Eemeli Toropainen betonte, dass er seinen Antrag auf Baugenehmigung ordnungsgemäß aufgesetzt und begründet habe, im Anhang seien alle erforderlichen Dokumente und Zeichnungen in mehrfacher Ausfertigung beigefügt. Er vertrete eine freie Stiftung, die gewiss das gesetzliche Recht habe, in der Republik Finnland Bautätigkeit auszuüben.
    Den Männern des Bauausschusses war das ganze Projekt unheimlich. Immerhin ging es um eine richtige Kirche! Für einen Kirchenbau hatten sie bisher noch nie eine Genehmigung erteilt.
    Eemeli Toropainen geriet in Rage. Er erklärte, die Stiftung könne ihre Kirche genauso gut woanders hinsetzen. Der Ukonjärvi-See im Bereich Sotkamo sei nicht der einzig mögliche Ort. Die Stiftung besitze ausreichend Land, und geeignete Standorte ließen sich auch in den Nachbarprovinzen zur Genüge finden, etwa bei
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