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Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers

Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers

Titel: Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers
Autoren: Justin Halpern
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doch der grunzte nur und bedeutete mir, mich zu setzen. Im Bus war es kalt, dunkel und feucht, wie in der Kellergrube in Das Schweigen der Lämmer , wo Buffalo Bill seine Opfer gefangen hält. Die meisten der etwa vierzig Sitze waren leer, höchstens zehn waren besetzt, und alle meine Mitreisenden sahen aus, als wollten sie nicht unbedingt nach San Francisco, sondern vor allem raus aus L. A.
    Als ich auf der Suche nach einem Sitzplatz den Mittelgang entlangging, musterte mich ein Mann mit Muskelshirt und einem zugeschwollenen Auge und legte dann die Füße auf den Sitz neben sich. Ich ging nach ganz hinten durch, drei Reihen vom nächsten Passagier entfernt, ließ mich nieder und schlug ein Buch auf. Dann, wir wollten gerade losfahren, stieg ein Mann mit einer Wollmütze auf dem Kopf und nichts als einer Angelrute in der Hand in den Bus, ging bis nach hinten durch und setzte sich direkt neben mich. Ich spielte mit dem Gedanken, aufzustehen und mir einen anderen Platz zu suchen, wollte ihn jedoch nicht beleidigen, zumal er nicht den Eindruck machte, dass er sich ungestraft beleidigen ließ.
    Die nächsten acht Stunden saßen wir schweigend nebeneinander, bis auf eine zehnminütige Pause, als wir bei einem Burger King am Straßenrand haltmachten. Er saß die ganze Zeit stocksteif da und starrte stur geradeaus, mit den Händen in den Taschen. Ich hatte eigentlich schlafen wollen, doch da es in seiner Hosentasche leise klirrte, hatte ich Angst, mich nicht wehren zu können, falls er ein Messer bei sich trug und in Abstechlaune war, was ich für nicht ganz unwahrscheinlich hielt.
    Schließlich, gegen fünf Uhr nachmittags, erschienen erst die Spitze der Transamerica-Pyramide und dann die Skyline von San Francisco am Horizont. Plötzlich wandte der Angler den Kopf und sprach mich an.
    »Was machen Sie hier?«, fragte er mit kehliger Stimme.
    »Meinen Sie, was ich in San Francisco will? Oder warum ich in diesem Bus sitze?«, erwiderte ich und rückte von ihm ab, um mich notfalls verteidigen zu können.
    »San Francisco.«
    »Ich besuche jemanden.«
    »Hat Ihnen die Busfahrt gefallen?«, fragte er.
    »Ob mir die Fahrt gefallen hat? Nicht besonders, nein. Und Ihnen?«
    »Sie hat mich einen Dollar gekostet. Für einen Dollar würde ich mich in diesem Bus sogar vergewaltigen lassen«, sagte er und klopfte sich vor Lachen auf die Schenkel, als säße er bei Cheers im Studiopublikum.
    Amanda hatte mir ausführlich beschrieben, wie man mit der U-Bahn vom Busbahnhof zu ihr kam, und nachdem ich zweimal hintereinander in den falschen Zug gestiegen war, stand ich schließlich leicht lädiert vor einem alten viktorianischen Haus in der Nähe des Castro District. Von Tür zu Tür hatte ich geschlagene elf Stunden gebraucht. Meine Laune war im Keller, und ich sah aus und stank wie ein Goldgräber des neunzehnten Jahrhunderts nach sechswöchiger Überfahrt an Bord eines skorbutverseuchten Seelenverkäufers. Mit brummendem Schädel stieg ich die Treppe in den ersten Stock hinauf und klopfte an ihre Wohnungstür.
    Die Tür flog auf. Amanda schlang mir die Arme um den Hals und drückte mich.
    »Da bist du ja endlich!«, sagte sie und schien mich gar nicht mehr loslassen zu wollen. »Wie war die Fahrt?«
    »Lang«, antwortete ich.
    Sie nahm mir meinen Rucksack ab, und ich folgte ihr in die Wohnung.
    »Argh. Ätzend. Jedenfalls freue ich mich, dass du da bist. Ich stell deine Sachen ins Schlafzimmer. Wir müssen noch ein bisschen Alk für die Party ranschaffen, und ich dachte, wir schauen rasch in einem Second-Hand-Laden vorbei, damit du dir ein Kostüm besorgen kannst. Hast du dir unterwegs überlegt, als was du gehen möchtest?«
    »Nein. Ich habe neben einem Vergewaltiger gesessen.«
    »Was?«
    »Er war wahrscheinlich gar kein Vergewaltiger. Aber er sah so aus. Tut mir leid, das mit dem Kostüm hatte ich völlig vergessen.«
    »Hm. Na ja, was soll’s.«
    Amanda brachte mein Gepäck in eine kleine, mit Rigipswänden abgeteilte Kammer, in der ein Bett stand, das um einiges einladender roch als ich. Ich ging über den Flur ins Bad. Während ich mir Gesicht und Hände wusch, stellte ich mir vor, ich müsste diese Busfahrt mehrmals im Monat hinter mich bringen, und fragte mich, wovon ich das bezahlen sollte. Plötzlich lief es mir siedend heiß über den Rücken: Ich hatte die Telefonrechnung vergessen, die automatisch von meinem Konto abgebucht wurde. Ich fragte Amanda, ob ich ihren Computer benutzen dürfe, und als ich meinen Kontostand
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