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Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
Autoren: Juergen von der Lippe
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biologische Mülltrennung. Um so ein Essen, das fast einen Arbeitstag lang dauert, zu genießen, braucht man Urlaub. Erst recht bei unserer nächsten Einladung auf der gleichen Insel, die ein Pirat ausgesprochen hatte. Als wir gegen 21 Uhr, wie in Spanien üblich, erschienen, wurden gerade die deutschen Schäferhunde, auf die der Gastgeber besonders stolz war, im Garten gefüttert. Wir hatten auch nicht nur Appetit, sondern großen Hunger um diese Zeit, wurden aber ins Innere des Hauses geleitet, wo einige andere Piraten pokerten, Musik hörten und Fachgespräche führten. Während wir mit dem Gastgeber fröhlich plaudernd erlesenste Getränke an ihre Bestimmungsorte beförderten, erschienen Piraten-Freundinnen, die zahlreiche, prall gefüllte Plastiktüten im Küchenbereich ablegten und wieder verschwanden. Obschon halb trunken, wurde uns dennoch klar, dass das die Zutaten für das angedachte Abendessen waren. Gegen Mitternacht fragten wir, inzwischen hackebreit, was denn eigentlich mit dem Essen sei? Kein Problem, meinte unser Seebär, die Mädels kommen gleich. Die kamen tatsächlich nach 1 Uhr, machten sich sofort an den Tüten zu schaffen, konnten aber der inzwischen brodelnden Partystimmung nicht lange widerstehen und warfen sich mit einigen Longdrinks ins Getümmel. Bei Sonnenaufgang verließen wir in Hochstimmung diesen spannenden Hort interkulturellen Gedankenaustausches mit leerem Magen. Wir bekamen gerade noch mit, dass die deutschen Schäferhunde schon wieder gefüttert wurden. Als wir nachmittags aufwachten und bei einem Kaffee langsam wieder zu uns fanden, klopfte es. Draußen stand eine wunderschöne Frau und fragte, ob wir nicht Lust hätten mitzukommen, das Essen sei jetzt fertig.

ER Urlaub
    Früher war der Urlaub kürzer. Da hieß er nämlich Urlub und bedeutete die Erlaubnis seitens eines Höhergestellten, fortzugehen. Das war im 9. Jahrhundert und seitdem hat sich an der Urlaubsfront viel getan, ich z. B. habe von meinen Eltern eine ganze Menge Unsinn gelernt in Sachen Originalität. In unseren Familiensommerferien (sechsmal Scheveningen, sechsmal Blankenberge) ging es morgens aus dem Hotel an den Strand, auf den gemieteten Liegestuhl in die Sonne, und dann ließ man sich sechs Stunden braten, nur unterbrochen von gelegentlichen Wendemanövern, also von Rücken auf Bauch und umgekehrt, Sonnenmilcheinreibungen, Badebreaks (»Ich geh mal kurz tunken!«) und kleinen Mahlzeiten. Abends wurden die dunkelviolett verfärbten Körper wohlgefällig betrachtet und mit: »Da ham wir heute aber einen schönen Schuss getan!« kommentiert. Übermäßige UV-Strahlung als Auslöser für Hautkrebs hätte als Thema vermutlich keine Chance gehabt, denn alle urlaubten nach dem Prinzip der verbrannten Pelle. Ein Urlaub, den man mir nicht ansieht, ist keiner, dieses Missverständnis kriege ich bis heute nicht von meiner Festplatte gelöscht und ich sammle begierig Artikel, die die stimmungsaufhellende Wirkung von echter und unechter Sonne beschwören, die immunabwehrstärkende Wirkung, das meditative Moment und vieles mehr, nur um mich auch heute noch bei jeder sich bietenden Gelegenheit ohne nagende Zweifel an meiner Vernunft in die pralle Sonne knallen zu können. Mittlerweile hat – dank der Klimakatastrophe, ich nenne sie Wandel – Deutschland ja europaweit das schönste Wetter, also brauche ich auch meiner geliebten Sonne nicht mehr hinterherzureisen ... Ich fliege nämlich äußerst widerwillig, erstens selbstverständlich, weil diese Kerosinschleudern das Ozonloch vergrößern, zweitens, weil ich ungern ein Heidengeld für ein paar Stunden Legebatteriefeeling zahle, und drittens aus einem natürlich gewachsenen Misstrauen heraus, das viele Menschen unbewusst teilen, was sich z. B. darin manifestiert, dass nach geglückter Landung im Flieger applaudiert wird. Haben Sie schon mal erlebt, dass in anderen Verkehrsmitteln wie Taxi, Bus oder Bahn geklatscht wurde, nachdem man heil angekommen ist? Offensichtlich halten die Leute es eben doch nicht für selbstverständlich, dass man per Fluggerät störungsfrei von A nach B gelangt. Es wird einem ja immer erzählt, Fliegen wäre sicherer als Autofahren. Da sage ich: Klar, man ist im Falle eines Unfalles sicherer tot. Wer hat schon mal einen Autounfall überlebt? Fast jeder. Ich schon drei. Aber wer hat schon mal einen Flugzeugunfall überlebt? Da meldet sich nie einer. Warum wohl? Und wenn man die Bedeutung von Terminal einmal im Englischwörterbuch nachschlägt,
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