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Noch Einmal Sollst Du Buessen

Noch Einmal Sollst Du Buessen

Titel: Noch Einmal Sollst Du Buessen
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wirklich nichts mehr so war wie früher, seit ihr Vater Adam Drake gefeuert hatte. Die Stimmung in den Büros von Montgomery Hotels hatte sich seitdem verändert. Nichts Greifbares. Nichts, was man hätte benennen können. Der Betrieb war reibungslos weitergegangen, aber ohne den alten Kameradschaftsgeist, ohne Vertrauen. Jeder spürte es, auch Victor, obwohl er es nie eingestanden hätte.
    Kopfschüttelnd sah er seine Tochter an. „Zuerst machst du mit Kent Schluss, und jetzt brichst du aus der Firma aus. Du verlässt ein Milliarden-Unternehmen, einfach so. Als ich in deinem Alter war, habe ich …“
    „Zehn Stunden am Tag gearbeitet und noch die Abendschule besucht. Ich weiß“, fuhr Marnie dazwischen. In ihren hohen Pumps hatte sie Mühe, mit ihrem Vater Schritt zu halten.
    Er öffnete ihr die Beifahrertür seines bordeauxroten Jaguars, bevor er sich ans Steuer setzte. „Du solltest dankbar sein …“ Marnie schloss die Augen. Wie konnte sie ihm erklären, dass sie sich wie eine Maus in der Falle fühlte? Dass sie sich nach einem eigenen Leben sehnte. „Ich bin dankbar, Dad. Wirklich …“ Sie wandte sich ihm zu und zwang sich zu einem Lächeln. „Aber es ist so wichtig für mich. Ich muss es tun.“
    „Gerade jetzt? Haben deine Emanzipationsbestrebungen nicht noch Zeit?“, fragte er. Er schien zu spüren, dass sie schwach zu werden begann.
    „Nein.“
    „Nächste Woche wird das neue Hotel eröffnet. Dann brauche ich dich. Du bist für die Public Relations zuständig, zum Kuckuck!“
    „Und ich habe einen sehr tüchtigen Assistenten. Du erinnerst dich sicher an Todd Byers – blond, Brille.“
    Victor winkte ab.
    „Okay, wenn er dir nicht gut genug ist, nimm jemand anderen aus meiner Abteilung. Alles kompetente Leute.“ Und genau das ärgerte sie am meisten. Sie fühlte sich überflüssig. Keiner außer Victor würde merken, wenn sie ginge. Sogar Kent würde ohne sie auskommen.
    Ihr Vater startete den Motor und schaltete in den Rückwärtsgang. „Ich verstehe dich überhaupt nicht mehr.“ Er lenkte leicht nach rechts und fuhr die Garagenausfahrt hinaus. „Was willst du eigentlich?“
    „Ein eigenes Leben führen.“
    „Das tust du doch. Die meisten Frauen würden dich beneiden.“
    „Ich weiß“, gab sie zu und blickte starr nach vorn. Wie konnte sie einem Mann verständlich machen, der sein ganzes Leben hart gearbeitet hatte, um sich schließlich ein Imperium zu schaffen, dass sie keine Lust hatte, ewig nur als „Montgomerys Tochter“ betrachtet zu werden? Einem Mann, der sie allein großgezogen hatte und sie deshalb vielleicht noch mehr liebte, als andere Väter ihre Töchter liebten. „Aber ich bleibe dabei. Sonst werde ich nie erfahren, wer ich bin und was ich kann.“
    Sie fuhren jetzt durch die belebte Innenstadt von Seattle. „Vor ein paar Wochen dachtest du ans Heiraten“, hielt Victor ihr vor. „Aber auf einmal ist Kent dir nicht mehr gut genug. Es spielt wohl keine Rolle, dass er quasi meine rechte Hand ist …
    „Nein, es spielt keine Rolle“, sagte sie hastig und fühlte wieder diesen schmerzhaften Stich in ihrem Innern. Es erstaunte sie selbst, dass ihre Stimme fest blieb.
    „Warum willst du mir nicht erzählen, was zwischen euch gewesen ist?“, fragte er, während er in die Straße einbog, die zum Hafen führte. „Es hat wohl mit deinem neuen Unabhängigkeits-Spleen zu tun, wie?“
    Marnie antwortete nicht. Sie wollte nicht an Kent denken und auch nicht daran, dass sie ihn mit seiner Sekretärin Dolores Täte überrascht hatte. Stattdessen fixierte sie das vor ihnen fahrende Auto. Auf der hinteren Ablage schlummerten zwei flauschige Perserkatzen, und ein grellroter Aufkleber über dem Nummernschild fragte: „Haben Sie heute schon mit Ihrem Kätzchen geschmust?“
    Sehr witzig, dachte sie grimmig. Sie hatte seit langer, langer Zeit mit niemandem geschmust. Und niemand mit ihr. Plötzlich saß ein Kloß in ihrem Hals. Sie presste die Hände zusammen. Nicht weinen, nicht jetzt. Nicht heute, da sie den allerersten Schritt in ihr neues Leben tun würde.
    Victor wechselte auf die linke Spur, wo der Verkehr schneller floss. „Da wir schon mal von Kent reden …“
    „Dad, bitte …“
    „Er liebt dich.“
    Marnie schluckte. „Lassen wir das Thema Kent, okay?“
    Ausnahmsweise verzichtete ihr Vater auf eine Diskussion. Er sah sie nur nachdenklich von der Seite an, während er entlang der Hafenmole zum Jachthafen fuhr.
    Fischerboote, Schaluppen, Segelboote und
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