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Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)

Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)

Titel: Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
Autoren: David Weber
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gab sie schließlich zu. Noch einmal atmete sie tief durch. Dann erhob sie sich und hatte das Gefühl, überhaupt keinen Gleichgewichtssinn mehr zu haben. Die ganze Welt kam ihr sonderbar schief vor.
    »Aber Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen, Eure Majestät«, fuhr sie fort und fragte sich im gleichen Augenblick, ob das wirklich stimmte. »Ich habe nur …« Sie schüttelte den Kopf. »Mir ist nur gerade bewusst geworden, dass ich über manches dringend nachdenken muss, Eure Majestät, gründlich nachdenken! Wenn Ihr erlaubt, würde ich mich gern zurückziehen.«
    »Dafür brauchen Sie doch nicht meine Erlaubnis«, antwortete Sharleyan noch sanfter. Dann blickte sie zu Gräfin Hanth hinüber, die sich mit Irys eine Kajüte teilte. »Sagen Sie, Mairah: meinen Sie, Irys könnte die Kabine eine Weile für sich allein haben?«
    »Aber natürlich.« Mairah nickte, streckte den Arm aus und drückte Irys rasch die Hand. »Lassen Sie sich Zeit, Hoheit. Soll ich vielleicht Pater Bahn zu Ihnen schicken?«
    »Nein, vielen Dank«, erwiderte Irys und spürte die nächste Welle dieser merkwürdigen Mischung aus Entsetzen und Hochstimmung aufsteigen. Sie musste ihr Gewissen befragen, ganz allein, ohne die Hilfe des Kaplans, der zugleich ihr Beichtvater war. Da war sie sich ganz sicher. Aber was verriet das nun wieder über sie?
    »Sollte ich zu dem Schluss kommen, seinen Rat zu benötigen, werde ich natürlich nach ihm schicken«, meinte sie lahm, obwohl sie wusste, dass es dazu nicht kommen würde. Nicht dieses Mal.
    »Aber natürlich«, wiederholte Mairah. »Soll ich dann vielleicht Daivyn … ähm, ablenken , wenn er, von Kopf bis Fuß mit Tinte beschmiert, seinen Ausflug in die Wunderwelt der Mathematik beendet hat?«
    »Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    Ein Lächeln huschte über Irys’ Gesicht. Es war echt, nicht aufgesetzt – auch wenn unter der Belustigung Ungewissheit lauerte, die ihr so beißend und scharf vorkam wie eine Rasierklinge. Die Inquisition würde rundweg abstreiten, derlei Dinge allein entscheiden zu dürfen, schon gar für jemand anderen. Hatte Irys denn überhaupt das Recht, in dieser Frage auch für Daivyn zu sprechen? Sicher, was seine große Schwester tat, war für Daivyn von enormer Bedeutung. Die Wunder der Welt, die er bislang unter dem Einfluss der Charisianer zu entdecken begann, zogen ihn doch schon jetzt an wie Motten das Licht. Wenn Irys dann auch noch in diese Welt eintauchte, würde keine Macht der Welt ihren kleinen Bruder davon abhalten, es ihr gleichzutun. Welche Folgen hätte das für die unsterbliche Seele ihres Bruders und das gesamte Fürstentum, das zu regieren ihm bestimmt war, und damit für die unsterblichen Seelen all seiner Untertanen?
    Ich bin keine zwanzig! , klagte tief in ihrem Herzen eine Stimme. Derlei Entscheidungen sollte ich einfach nicht fällen müssen – zumindest noch nicht! Das sollte nicht meine Aufgabe sein.
    Falsch: es war, ungerecht oder nicht, sehr wohl ihre Aufgabe. Früher oder später hätte es so kommen müssen . Genau davor hatte sie sich gefürchtet: dass ihre Entscheidungen auch für andere gewaltige Auswirkungen nach sich zögen, die sich nicht wieder rückgängig machen ließen. Ob sich Cayleb und Sharleyan seinerzeit genauso gefühlt hatten, als ihnen diese Entscheidung abverlangt wurde? Was war dem Kaiserpaar durch den Kopf gegangen, als ihnen bewusst geworden war, dass sie sich entscheiden müssten, wo sie stünden – ganz egal, wie andere darüber denken mochten, was andere sagten, worauf andere bestanden? Was hatten die beiden gedacht angesichts einer Entscheidung, die sie nicht nur für sich selbst treffen mussten, sondern eben auch für das ganze Volk, über das sie herrschten? Woher im Namen Gottes und aller Erzengel hatten die beiden die Kraft genommen, sich dieser Frage mit derart unerschütterlichem Mut zu stellen? All das brannte Irys auf der Seele. Denn nun war es an ihr, diesen Mut zu finden. Sie wusste nicht, ob sie es schaffen würde.
    Das lässt sich ja nur auf eine Weise herausfinden! , sagte sie sich selbst. Dann, ganz unerwartet, schoss ihr das Blut in die Wangen, als ihr eines klar wurde und sie es vor sich selbst zugab: Nein, mit Pater Bahn will ich nicht darüber sprechen, aber mit jemand anderem, einem ganz gewissen Jemand! Ach, was für ein verführerischer Gedanke! Er hätte jeden nur erdenklichen Grund, mich anzulügen und mich dazu zu bringen, Proctors Verführung zu erliegen, genau wie sein Bruder und seine
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