Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg
Autoren: Christian von Aster
Vom Netzwerk:
Floß, das ziellos auf dem Magmasee dahintrieb, wurde immer ungemütlicher. Themen wie Götter und Rettung waren problematisch, und es gab tatsächlich weder etwas zu rauchen noch zu trinken. Infolgedessen wuchs die Bereitschaft, sich gegenseitig von Bord zu schubsen, stetig. Da gab plötzlich Lunt Glimmboldt, einer der beiden Zurückgebliebenen, die nichts Problematisches an ihrer hoffnungslosen Lage erkennen konnten, ein lautes, freudiges Glucksen von sich.
    Zunächst glaubten die Zwerge, er hätte lediglich eine weitere springende Drachenquappe gesehen. Als Glimmboldt aber keine Ruhe gab, ließen die streitenden Zwerge schließlich voneinander ab und verschoben das Frittieren von Bärten und Versenken von Fäusten bis auf Weiteres, um zu schauen, was den Dünnbärtigen in eine solche Aufregung versetzt hatte. Sie blickten angestrengt in die Dunkelheit, konnten jedoch nichts erkennen.
    „Da ist etwas…“,sagte Blechboldt plötzlich.
    Fazzgadt schüttelte den Kopf. „Unmöglich. Was sollte denn da sein?“
    „Aber ich hab es doch gesehen!“, erwiderte der Ferkelbändiger beharrlich.
    Nun war er es, den Fazzgadt wütend anfunkelte. Drohend hob Fazzgadt den Zeigefinger und drückte ihn Blechboldt auf die breite Nase.
    „Hör zu, Ferkelfreund, wenn ich mit dem Priester fertig bin, kann ich meinen Hammer gern auch noch…“
    „Beim Heiligen Hammer, er hat recht!“
    Der Hohepriester hatte seine geschliffenen Augengläser zurechtgerückt und war an den Bug getreten.
    Und dann sahen sie es alle.
    Dieses Mal handelte es sich nicht um Drachenquappen.
    Es war etwas anderes, etwas ungleich Größeres und Gefährlicheres.
    In der Ferne zeichneten sich über dem wabernden roten Magma vier riesige, weiß glühende Augen ab.
    Langsam nahm Fazzgadt den drohenden Zeigefinger aus dem Gesicht des Ferkelbändigers und deutete stattdessen auf das gewaltige Untier in der Dunkelheit.
    „Was zum Teufel ist das?“
    „Ich… ich weiß es nicht“, stammelte Blechboldt, der mit offenem Bart neben ihm stand.
    Hinter ihnen erklang Flammranks fragende Stimme.
    „Was seht ihr?“
    „Was immer es ist, es hat vier Augen und ist verdammt groß“, gab der Ferkelbändiger ihm über die Schulter hinweg zur Antwort, ohne den Blick von den vier leuchtenden Punkten abzuwenden, die ganz langsam größer zu werden schienen.
    „Vier Augen?“, fragte der Drachenjäger argwöhnisch. „Und sie gehören tatsächlich zu einer Kreatur?“
    „Es sieht zumindest so aus, als würden sie sich an einem Körper befinden. Aber dieses Geschöpf muss gewaltig sein“, erwiderte Fazzgadt.
    „Das ist vollkommen unmöglich“, murmelte Flammrank. „Wir haben die Drachenbarriere noch nicht passiert. Wie sollte er sie überwunden haben? Das kann er nicht. Nein, das geht nicht. Es muss…“
    Der Hohepriester wandte den Blick von dem näher kommenden Geschöpf ab und ging zu dem General am Altar hinüber. „Du weißt, was das ist?“
    Flammrank hob den Kopf.
    „Es gibt nur einen Drachen mit vier Augen, Priester. Einen einzigen. Den grässlichen Grantelgreif. Und das ist alles andere als gut. Wie groß ist er?“
    Der Hohepriester blickte wieder auf den Magmasee hinaus und versuchte die Größe des noch immer weit entfernten Dings abzuschätzen.
    „Seine Augen liegen bestimmt zwei Zwerg auseinander.“
    „Zwei Zwerg. Das heißt, er ist ausgewachsen…“
    Nun kamen auch Blechboldt und Fazzgadt zu dem General und dem Hohepriester hinüber. Flammrank war einst Drachenjäger gewesen. Er wusste, wovon er sprach. Vielleicht war dieses Wissen das Einzige, was sie jetzt noch retten konnte.
    „Ein ausgewachsener Grantelgreif? Aber was bedeutet das, Flammrank?“
    Blechboldt beugte sich zu dem Drachenjäger hinab. Der lachte nur leise auf und schüttelte müde den Kopf.
    „Nun, liebe Freunde und Mitprophezeite, es bedeutet vor allem, dass uns der Tod schneller ereilen wird als beim Verhungern. Allerdings spielt der Grantelgreif mit seiner Beute. Er bricht ihr jeden Knochen im Leib und frisst als Erstes die Haut. Aber ich nehme an, dass ich euch wohl nicht mehr darüber erzählen muss.“
    Fazzgadt, Blechboldt und der Hohepriester schluckten, während Glimmboldt und der Schrauber weiterhin fröhlich vor sich hin glucksten. Der blinde General senkte die Stimme: „Das Klügste wäre, einfach von Bord zu springen…“
    Fazzgadt konnte den Blick nicht von dem nahenden Ungeheuer abwenden. Dichte schwarze Rauchschwaden waberten um die leuchtenden Augen des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher