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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg
Autoren: Christian von Aster
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frischgehämmerte Herr aller Zwerge, hatte es in seinen Besitz bringen wollen. Etwas haben zu wollen, ohne zu wissen, wofür man es braucht, ist von alters her eine Neigung der Mächtigen.
    Und Trümmerboldt zweifelte nicht daran, dass sein Herr Erfolg haben würde. Derlei Zweifel hatten sich in der Vergangenheit als folgenschwer erwiesen. Klammgluth hatte so etwas stets persönlich genommen. Was nicht selten dazu geführt hatte, dass er seine zwölfschwänzige Quallenpeitsche sogar gegen seine treuesten Diener erhoben hatte. Trümmerboldt hatte sie bereits zweimal zu spüren bekommen. Und diese beiden Male hatten völlig ausgereicht, ihn die Unfehlbarkeit seines Herrn erkennen zu lassen.
    Felsigk Klammgluth hatte es sogar vermocht, kleine Niederlagen durch erzählerische Ausschmückungen in große Triumphe zu verwandeln. Er konnte also gar nicht scheitern. Und jeden seiner Fehler beging er lediglich, um letzten Endes Nutzen daraus zu ziehen.
    Dementsprechend war Krugk Trümmerboldt vollkommen sicher, dass sein Herr Erfolg haben und schon bald mitsamt dem Undenkbaren zurückkehren würde.
    Auch wenn es ein wenig länger dauerte.
    Tatsächlich war Klammgluth inzwischen bei dem Versuch, das Undenkbare in seine Gewalt zu bringen, ums Leben gekommen. Davon wusste Trümmerboldt jedoch nichts, und er wartete deshalb frohen Mutes in der Höhle des Verwalters auf seinen Herrn, während er die Privilegien der vorübergehenden Herrschaft genoss. Dabei konzentrierte er sich vor allem auf seine Vorrechte. Zu Beginn jeder Schicht ließ er sich seinen Bart mit Goldwolle polieren, und sein Alltag bestand aus gutem Bier, vortrefflichem Tabak und dem Tragen von Prunkrüstungen. Darüber hinaus tat er sich darin hervor, willkürliche Befehle zu erteilen und Steuern einzutreiben.
    Dabei war er zu dem Schluss gekommen, dass die Herrscherei, wenn man die Verpflichtungen einmal beiseite ließ, ein recht angenehmes Unterfangen sein konnte. Und das Volk der Zwerge hatte nach den jüngsten Umwälzungen genug mit sich selbst zu tun, als dass es einen weiteren Herrscher oder seinen Stellvertreter gestürzt hätte.
    Und so aalte sich Krugk Trümmerboldt also in der Höhle des Verwalters wie ein Erzwurm in einer Goldader. Er lehnte sich zurück, räkelte sich und betrachtete gedankenverloren die Reliefs über dem umlaufenden Kamin: die Zeichen der großen zwergischen Häuser. Ursprünglich waren es sechs gewesen. Doch nachdem die Stämme Erz, Sand und Feuer entzwergt und hinter den Abgrund des Vergessens verbannt worden waren, gab es bloß noch drei: Fels, Erde und Stahl. Von den übrigen Stämmen waren lediglich gähnende schwarze Löcher im Fels geblieben.
    Für einen kurzen Moment spürte Trümmerboldt die Macht dieses Ortes. Hier hatte sich einst der Verwalter mit den Häuptlingen getroffen, vor dem Feuer, das niemals erlosch, unter den Zeichen des Ehernen Volkes, um nachzudenken, zu erschaffen und neue Prophezeiungen zu verkünden. An dieser Tafel hatten der Verwalter und die Häuptlinge die gesamte Geschichte der Zwerge bestimmt.
    Trümmerboldt aber interessierte sich nicht für Geschichte.
    Und ebenso wenig für Tradition.
    Selbst die Götter scherten ihn kaum.
    Schließlich hatte er mit keinem von ihnen jemals ein lohnendes Geschäft gemacht.
    Einst mochte hier also der Verwalter mit seinen Häuptlingen zusammengekommen sein. Heute kam Trümmerboldt mit seinem Humpen hier zusammen.
    Er zog ihn näher zu sich heran und lächelte.
    Mit seinem Posten als Statthalter des Ehernen Imperiums würde er sich leicht anfreunden können. Zumal er sich gar nicht so sehr von seiner ursprünglichen Tätigkeit unterschied. Schließlich hatte er schon immer als bester Schutzgolderpresser des Zwergischen Zwielichts gegolten. Und diese Tätigkeit war dem Steuereintreiben nicht unähnlich…

KAPITEL I
     
     
     
    IN DEM DER SCHICKSALSZWERG ZUNÄCHST AUF
    EINEM MAGMASEE UMHERIRRT, DANN AUF GEWISSE ART GERETTET WIRD, LETZTEN ENDES ABER LIEBER DARAUF VERZICHTET HÄTTE
     
    Auf einem Floß aus feuerfesten kupfernen Kampfrüstungen trieb der Schicksalszwerg durch das zähflüssige Magma. Der Schicksalszwerg bestand aus fünf Zwergen, wie sie unter gewöhnlichen Umständen wohl kaum je zueinander gefunden hätten, und seine Bestimmung war es, die Zwergenheit vor dem Untergang zu bewahren.
    Eine unbedachte Prophezeiung hatte diese fünf zusammengeschmiedet, und im Hochofen des Schicksals waren ihre Geschicke miteinander verschmolzen. Ob sie nun wollten oder
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