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Nimm mich, wie ich bin

Nimm mich, wie ich bin

Titel: Nimm mich, wie ich bin
Autoren: Jill Shalvis
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dachte er.
    Sie ließ ihm seine Ruhe, und er startete den Motor und fuhr die gewundene Bergstraße etwa eine Meile lang weiter, ehe sie meinte: “Aber es wäre natürlich sehr nett, wenn wir uns unterhalten könnten.”
    Chance umfasste krampfhaft das Lenkrad und verfluchte im Stillen seine Dummheit. Er hatte gewusst, dass Ally sich an ihn klammern würde. Aber er hatte ja nicht auf seinen Verstand hören wollen, sondern lieber auf einen anderen Teil seines Körpers.
    Als ob auch die Elemente sich gegen ihn verschworen hätten, legte der Wind in diesem Moment erst richtig los. Gleichzeitig öffnete der Himmel seine Schleusen, und es begann in Strömen zu gießen. Der Nebel, der bis jetzt kein Problem dargestellt hatte, wurde so dicht, dass sie kaum zehn Meter weit sehen konnten.
    Etwas Gutes hatte das Unwetter jedoch. Es lieferte Chance die perfekte Entschuldigung für sein Schweigen, da er sich aufs Fahren konzentrieren musste. Auf der einen Seite der Straße fiel der Berg abrupt über einhundert Meter ab, gesäumt von vielen knorrigen Kiefern. Auf der anderen Seite gab es einen ähnlichen Abgrund, aber ohne den geringsten Pflanzenwuchs.
    “Jo sagt, ihr übt hier manchmal das Bergsteigen”, bemerkte Ally. Sie drückte die Nase ans Fenster und seufzte. “Das möchte ich gern noch probieren, bevor ich weggehe.”
    Der Gedanke, dass ihr Aufenthalt in Wyoming bald vorbei war, löste zwiespältige Gefühle in ihm aus. Einerseits bedauerte er es, andererseits wünschte er sich, sie würde so bald wie möglich verschwinden und sein Leben nicht noch mehr durcheinanderbringen. “Hast du nicht schon genug Abenteuer erlebt hier?”, entgegnete er.
    “Nein.”
    Er holte tief Luft. “Du traust dir zu viel zu, Ally. Wann wirst du das endlich zugeben?”
    Einen langen Moment lang sah sie ihn nur schweigend an, dann drehte sie den Kopf wieder zum Fenster.
    Wunderbar. Chance hatte es endlich geschafft. Sie hasste ihn. Das ist das Beste, sagte er sich. Das erklärte allerdings nicht, wieso er das Gefühl hatte, etwas unendlich Wertvolles verloren zu haben.
    Plötzlich sah er, dass er ein noch größeres Problem hatte, und fuhr an den Rand der schmalen Straße.
    Vor ihnen lag ein schwerer Ast quer über der Straße. Chance holte sein Funkgerät heraus und rief im Hotel an. “Wir haben hier ein kleines Problem”, sagte er zu Jo. “Wir werden länger brauchen als geplant.” Dann wandte er sich an Ally. “Bleib hier.” Er nahm die Regenjacke vom Rücksitz.
    “Warum?”
    “Weil ich es allein schaffe.”
    Sie runzelte verärgert die Stirn. “Warum soll ich dir die ganze Arbeit überlassen?”
    “Damit du nicht nass wirst.”
    Sie stieß einen für sie uncharakteristisch derben Fluch aus, und Chance sah sie schockiert an. “Du wusstest nicht, dass ich das Wort kenne, was?”, fuhr sie ihn an. “Ich bin stärker, als ich aussehe, Chance. Ich kann wandern, ohne müde zu werden. Ich kann Rad und Kajak fahren, ich habe gelernt, was es heißt, ein Hotel zu führen. Da werde ich ja wohl noch imstande sein, dir bei dem verflixten Ast zu helfen.”
    “Ich wollte nicht sagen …”
    “Und weißt du was? Ich kann dich auch lieben, wenn ich möchte, ob du nun was dagegen hast oder nicht.” Sie löste den Pullover von ihrer Taille und schlüpfte mit wütenden Bewegungen hinein.
    “Dieser Pullover wird dich nicht vor dem Regen schützen.”
    Sie drehte sich um und nahm eine zweite Regenjacke vom Rücksitz. “Aber das hier schon.”
    “Es ist nur ein läppischer Ast.” Er war wütend, weil Ally so gut aussah in diesem Moment. Sie war einfach hinreißend, wenn ihr Temperament mit ihr durchging.
    Aber natürlich ließ sie sich nicht abhalten, sondern folgte ihm. Gemeinsam hoben sie den Ast hoch, während ihnen der Regen ins Gesicht peitschte und sie in Sekundenschnelle durchnässt wurden.
    Ein greller Blitz durchzuckte den Himmel, gefolgt von lautem Donnergrollen. Auf einmal wurde ihm klar, wie gefährlich es für sie beide hier draußen war.
    “Geh zum Jeep!”, schrie er ihr zu, während sie den Ast langsam an den Rand der Straße schleppten. “Ich schaffe es allein.”
    “Wir sind fast fertig!”, schrie sie zurück.
    Chance bewunderte sie. Er wusste, dass sie Angst hatte, aber sie gab ihr nicht nach, sondern hielt tapfer durch. “Du machst dich sehr gut”, hörte er sich zu seiner Überraschung sagen.
    Sie schenkte ihm ein Lächeln, das ihm den Atem nahm. “Danke.”
    Sie hatten fast genügend Platz für den Jeep
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