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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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mit There is Confusion. Außerdem stand auf ihrem Schreibtisch eine Fotografie ihres Vaters in einem silbernen Rahmen, und gewöhnlich lag etwa ein gutes Dutzend neuer Bücher darauf, die sie aus der Bücherei mitgebracht hatte, um sich mit der besten modernen Literatur vertraut zu machen, eine altruistische Bemühung, damit sie den Büchereibenutzern Ratschläge geben konnte, wenn sie sich, was häufig der Fall war, nicht entscheiden konnten.
    Marys Leben war einfach, aber sie war ständig beschäftigt und hatte wenig freie Zeit. Sechs Tage in der Woche und einen Abend verbrachte sie in der Bücherei, die sie gewöhnlich gegen fünf Uhr verließ, um dann häufig einen Spaziergang im Central Park zu machen. Dann kam sie nach Hause, zog sich um und las oder besserte ihre Kleider aus, während Olive kochte. Abends gab es oft Besuch. Die beiden Frauen verkehrten in den literarischen Kreisen Harlems, ebenso mit vielen jungen Lehrern, Ärzten, Anwälten und Zahnärzten. Bis zu einem bestimmten Grad waren sie, ohne sie bei sich zu empfangen, mit der reicheren Gesellschaft bekannt, die in schönen Vierteln wohnten oder in jenen wunderbaren Häusern, die Stanford White in der 130 th Street gebaut hatte. Mary und Olive waren dort manchmal zu Abendgesellschaften oder Bridgepartien eingeladen; auch traf man sich auf Tanzveranstaltungen. Wie Olive zynisch bemerkte, interessierte diese wohlhabenderen Kreise der Glanz, den die jungen Intellektuellen versprühten, deren Arbeiten nach und nach in den Zeitschriften The Atlantic Monthly, Vanity Fair, The American Mercury und The New Republic erschienen. Die jungen Intellektuellen nahmen diese bislang ungewohnte Aufmerksamkeit ohne allzu große Dankbarkeit entgegen und machten sich untereinander darüber lustig. Die Zeiten hatten sich wirklich gewandelt, wenn Intelligenz statt Geld, eine hellere Hautfarbe oder glattes Haar die Türen der guten Gesellschaft öffneten. Die Grenzen der exklusiven, fast weißen Blue-Vein-Circle-Gesellschaft erweiterten sich.
    Die beiden jungen Frauen besuchten die meisten guten Theatervorstellungen, Konzerte und Revuen in Downtown Manhattan. Aus Sparsamkeitsgründen saßen sie gewöhnlich im Juchhe, im Erdnusshimmel, wenn auch Olives Haut hell genug und Marys Züge südländisch genug waren, um ihnen Grobheiten zu ersparen, wenn sie an der Kasse nach Plätzen im Parkett fragten. Ein- oder zweimal jedoch, als sie in Begleitung eines Mannes mit dunklerer Hautfarbe im Theater gewesen waren, hatten sie Demütigungen und Unannehmlichkeiten erlitten. Nachdem sie ihre Plätze eingenommen hatten, erschien ein Platzanweiser, der ihre Karten zu sehen wünschte. Nachdem er sie begutachtet hatte, teilte er ihnen mit, dass ein Irrtum vorläge und die Karten für einen anderen Abend gültig seien. Er weigerte sich auch, sie zurückzugeben, führte sie ins Foyer und teilte ihnen dort mit, dass er ihnen gern Galerieplätze geben würde und dass das Parkett für diesen Abend ausverkauft sei. Nun, eine Lektion war erteilt und gelernt worden. Von da an nahm Olive immer die Karten an sich und zeigte sie auf Verlangen vor, weigerte sich aber fest, sie aus der Hand zu geben. Manchmal, wenn sie noch zu später Stunde in Downtown unterwegs waren, stellte sich die Frage, wo man denn noch etwas essen könnte. Olive war weiß genug, um unbesorgt überall hinzugehen, auch Mary schlüpfte in ihrer Begleitung durch, aber wenn ihre Begleiter deutlich afrikanische Züge hatten, begannen die Schwierigkeiten. Einmal waren sie sogar in Begleitung eines sehr schwarzen Freundes, der international bekannt war, aus dem Speisesaal eines Hotels geworfen worden. Der Oberkellner, der Olive kannte und wusste, dass sie schwarzer Abstammung war, erklärte, dass er selbst keine Probleme damit habe, Schwarze zu bedienen, aber dass X so offenkundig schwarz sei, dass andere Gäste sich über seine Anwesenheit beschweren könnten. Die Farbe allein war das Hindernis, und Mary dachte manchmal, was für große soziale und ökonomische Vorteile es doch mit sich brachte, fast weiß oder orientalisch oder asiatisch oder irgendwie hispanisch auszusehen und dazu noch eine Fremdsprache zu beherrschen, um den Kellner davon zu überzeugen, dass man ein dunkelhäutiger Europäer war. Aber Olive wusste leider aus eigener Erfahrung – sie war einmal von einem Polizisten beschimpft worden, weil sie in Begleitung eines schwarzen Freundes ein Negerrestaurant aufgesucht hatte –, dass sich an einigen öffentlichen Orten
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