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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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Turteltäubchen / Das mich umgirrt …]
    Lutie Panola hatte sich auf das Bett geworfen. Sie lag wie ein riesiger Musselinhaufen auf dem Tigerfell, strampelte mit den Füßen, wackelte wie Götterspeise und gluckste vor Vergnügen. Dr. Lister zog Mary aufs Parkett, und sie folgte ihm willig, nur zu froh, auf diese Weise für eine Weile den Aufmerksamkeiten Pettijohns zu entkommen. Adora schlug mit dem Absatz ihres Pantöffelchens den Takt, während die beiden dienstbeflissenen Kletten und Alcester Parker die Arme im Rhythmus der Musik schwenkten. Als das Grammophon zu spielen aufhörte, wurde der Lärm noch größer. Die Männer stürzten sich auf die Getränke, die Frauen auf ihre Lippenstifte. Mary ging zum offenen Fenster. Plötzlich hörte sie durch den Lärm hindurch leise, aber klar eine Stimme, die sie wie ein fernes Donnern erzittern ließ.
    »Sie scheinen hier fehl am Platz zu sein, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
    Sie wandte sich schnell um und stand wütend dem Schwimmer gegenüber, weil dieser Fremde ausgesprochen hatte, was sie selbst als wahr empfand.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, protestierte sie.
    »Oh doch, Sie wissen es«, fuhr er unbeirrt fort. »Gegen La Boniface ist nichts einzuwenden, aber sie scheint allerlei Gesindel auf ihre Partys einzuladen.«
    »Vermutlich bin ich auch nicht besser als die anderen.« Sie hätte sich nach dieser affektierten Bemerkung auf die Zunge beißen können. Was würde er jetzt von ihr denken?
    »Vermutlich ist das niemand hier«, antwortete er. »Es kommt nur darauf an, was einem zusagt und was nicht. Ich glaube aber nicht, dass Ihnen das hier gefällt.«
    Lucie schluchzte verzweifelt betrunken. Lucas, immer noch die Ukuleke nachahmend, trillerte:
    What does it matter that
I want you?
What does it matter that
You want me?
    [Was macht es schon, dass ich dich liebe? / Was macht es schon, / Dass du mich liebst?]
    »Auwawau!«, kreischte Sylvia. »Schluss mit dem Gejammer, Lucas!« Mary lächelte. »Ich glaube nicht, dass Sie mir bekannt sind.«
    »Mein Name ist Byron Kasson«, stellte sich der Fremde vor. »Ich habe gerade mein Examen am College in Pennsylvania abgelegt. Kam mit ein paar Leuten, die ich in New York kennengelernt habe. Soll ich jemanden bitten, uns einander bekannt zu machen?«
    »Nein, nicht nötig«, sagte Mary schnell. Sie war jetzt weniger nervös. »Ich bin Mary Love.«
    »Irgendwie, Miss Love …« Nun schien er verlegen zu sein. »Irgendwie fallen Sie aus diesem Rahmen heraus … Sie gefielen mir, noch bevor wir miteinander sprachen.«
    »Ich habe Sie zuerst … beim Tauchen gesehen.«
    Er lächelte. »Das ist wohl das Einzige, was ich gut kann.«
    »Das können Sie aber ausgezeichnet. Ist das Ihr Beruf?«
    »Ich habe noch keinen Beruf. Ich möchte Schriftsteller werden.«
    »Oh, ein Schriftsteller!«, rief Mary erfreut aus.
    »Ach, ich habe noch nicht viel veröffentlicht. Ein oder zwei Texte in Opportunity, aber davon kann ich nicht leben. Im College fand man, dass ich Talent hätte. Mir war klar, was damit gemeint war«, fügte er hinzu, »gar nicht schlecht für einen Farbigen. Das genügt mir aber nicht. Ich will so gut sein wie andere auch. Furchtbar laut hier«, sagte er. »Können wir nicht ein ruhigeres Plätzchen finden?«
    »Laut ist es hier überall. Unten spielt eine Jazzband. Wenn wir woanders hingehen, kommt man uns nach. Ich kam hier herauf, um dem ganzen Durcheinander zu entgehen, und Sie sehen ja, welchen Erfolg ich hatte. Warum besuchen Sie mich nicht in New York?«
    »Ich wohne nicht in New York. Ich fahre morgen nach Philadelphia zurück. Hoffe aber, später wiederzukommen.«

    »Wann?«
    »Weiß ich nicht.« Er grinste. »Ich habe nämlich keinen müden Cent. Ich brauche eine Arbeit, während ich schriftstellere, und ich habe keine Ahnung, was ich tun könnte.«
    Ein markerschütternder Schrei unterbrach sie. Als sie sich umwandten, sahen sie Sylvia und Rumsey, die Lutie an beiden Füßen packten und vom Bett zerrten. Sie klammerte sich an den Tigerfellen fest und fiel dann kreischend und um sich schlagend zu Boden. »Nehmt euch gefälligst mit meinen Fellen in Acht!«, warnte Adora sie harsch.
    »Keine Bange, Dora«, antwortete Sylvia, »ich lege sie gleich wieder zurück.«
    Sie befreiten die kreischende Lutie, und Rumsey half ihr auf die Beine und begann mit ihr zu tanzen, wobei er spöttisch sang:
    By an´ by, By an´ by,
I´m goin´ to lay down this heavy load …
    [Bald, ach bald, / Bald, ach
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