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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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Sie klingeln würden?«
    Mrs St. Paris drückte auf den Knopf.
    Mary beobachtete, zu ihrer eigenen Überraschung, Adora mit großem Interesse. Zweifellos war sie schön und majestätisch. Ihre Haut war beinahe schwarz, die Nase breit, die Lippen dick. Die Ohren lagen schön am Kopf an, der Kopf saß gut auf Hals und Schultern. Sie war ein Typ von reiner afrikanischer Majestät. Ihr Kleid und die Lider ihrer glänzenden Augen waren violett. Ein einziger birnenförmiger Smaragd lag an einer unsichtbaren Kette auf ihrer Ebenholzstirn.
    Als auf das Klingeln hin ein Dienstmädchen eintrat, fiel Mary auf, wie oft ihr schon die mürrische Miene der bei reichen Schwarzen angestellten Dienerschaft aufgefallen war. Wir bedienen einander ungern, dachte sie mit Bitterkeit.
    »Nellie«, befahl Adora, »bringen Sie uns vier Champagnergläser und Eis.« Ohne zu antworten oder ein Zeichen zu geben, dass sie den Auftrag vernommen hatte, schlurfte das Mädchen aus dem Zimmer.
    »Und wo sind meine Pantöffelchen?«
    In ihrem Bemühen, als Erste den richtigen Schrank zu erreichen, stießen die beiden dienstbeflissenen Damen zusammen und wechselten wütende Blicke. Nachdem sie in die bequeme Fußbekleidung geschlüpft war, erhob sich die ehemalige Varieté-Diva würdevoll und humpelte zu einer Kommode. Sie zog aus feinen Chiffon- und Spitzenhaufen einen Schlüsselbund hervor, wählte den richtigen Schlüssel aus und schloss einen Schrank auf, in dem sich, wie Mary bemerkte, eine Reihe von strohverhüllten Flaschen befand. Adora wählte eine aus und kehrte zu ihrem bequemen Sessel zurück. »Ich muss dringend etwas trinken«, verkündete sie, »und nur Champagner kommt in Frage. Der heitert mich immer auf.«
    Nellie kehrte mit den Gläsern und einem Silberkübel voll Eis zurück, rückte ein Tischchen, auf das sie das Tablett stellte, neben den Sessel ihrer Herrin und verschwand so schweigsam, wie sie gekommen war.
    »Nellie ist ungefähr so gesprächig wie Präsident Coolidge«, bemerkte Adora, während sie die Gläser kühlte und den Champagner einschenkte. Mrs St. Paris und Mrs Scribner wechselten gierige Blicke, aber Adora nahm keine Notiz von ihnen.
    »Mary«, sagte sie, »hier ist Ihr Glas.«
    Mary trat näher und nahm ihr Glas entgegen. Dann schenkte Adora eher ungnädig auch den beiden Damen etwas ein.
    »Setzen Sie sich, Mary.«
    Mary gehorchte.
    »Ich habe Sie gern, Mary, und ich trinke auf Ihr Glück.«
    »Ja«, kam das Echo der beiden Schmeichlerinnen, »auf Marys Glück!«, worauf sie sogleich zu schlürfen begannen.
    »Danke, Adora,« erwiderte Mary, »aber ich habe keine Ahnung, welches Glück Sie meinen.«
    »Es gibt nur ein Glück für Frauen«, erklärte Adora, »zumindest für farbige Frauen, und das ist ein guter Ehemann, und ein guter Mann bedeutet für eine farbige Frau ein reicher Mann.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Lust habe zu heiraten«, wandte Mary ein.
    »Ach, Unsinn! Was kann eine farbige Frau denn sonst schon tun? Sie sind Bibliothekarin, aber Sie werden nie so gut bezahlt werden wie Ihre weißen Kolleginnen. Sie bekommen noch nicht einmal die Leitung einer Stadtteilbibliothek übertragen. Nicht weil Sie schlechter sind als die anderen – vermutlich sind Sie besser –, sondern weil Sie eine Farbige sind. Wenn Sie eine ausgebildete Krankenschwester wären, wäre es auch so. Ärztin, Rechtsanwältin, Pastorin oder Immobilienmaklerin können Sie nicht werden – die einzige Karrierechance für eine farbige Frau ist das Theater, und dafür sind Sie nicht begabt! Wahrscheinlich können Sie nicht einmal den Charleston tanzen!«
    »Doch, ein wenig.« Mary lachte bitter.
    »Ein wenig genügt nicht, auch ist Ihr Typ beim Theater nicht mehr gefragt, ebenso wenig wie meiner übrigens. Würde ich heute Arbeit suchen, würde ich sicher keine finden. Die Manager, besonders die schwarzen, suchen nach hellhäutigen Schauspielerinnen. Ich kann es ihnen nicht einmal übelnehmen, ich selbst habe genug von schwarzen Niggern!« Nachdenklich schlürfte Adora ihren Champagner.
    »Ich könnte einen Schönheitssalon eröffnen«, versuchte Mary zu scherzen.
    »Ja, das könnten Sie. Aber in jeder Straße von Harlem gibt es bereits vierzig davon. Sie könnten auch eine Wäscherei oder ein Bestattungsinstitut eröffnen oder Schnee schaufeln, aber Sie werden das alles nicht tun.«
    Die Gläser von Mrs St. Paris und Mrs Scribner waren offensichtlich leer. Mit erwartungsvollen Gesichtern streckten sie sie Adora entgegen. Adora ignorierte
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