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Niemalsland

Titel: Niemalsland
Autoren: Neil Gaiman
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herbringen«, sagte der Abt. Die beiden Mönche begannen, den Korridor hinunterzugehen, und Richard ging mit ihnen.
    »Hunter«, sagte Richard. »Haben Sie ihre Leiche hergebracht?«
    Der Abt schüttelte den Kopf. »Es war keine Leiche da. Nur das Ungeheuer.«
    »Ah, ähm. Meine Sachen …«
    Sie kamen zur Tür einer Zelle, ganz ähnlich der, in der Richard aufgewacht war. Door saß auf der Bettkante und las in einer Ausgabe von Mansfield Park, von deren Existenz, dachte Richard, die Mönche mit Sicherheit bisher nichts gewußt hatten. Auch sie trug eine graue Mönchskutte. Sie war ihr viel zu groß, so daß es fast komisch wirkte. Sie sah auf, als sie eintraten. »Hallo«, sagte sie. »Du hast ja ewig geschlafen. Wie fühlst du dich?«
    »Gut, glaube ich. Wie geht es dir?«
    Sie lächelte. Es war kein besonders überzeugendes Lächeln. »Ein bißchen schwach auf den Beinen«, sagte sie.
    Im Korridor schepperte etwas. Richard drehte sich um und sah, wie der Marquis de Carabas in einem klapprigen alten Rollstuhl auf sie zugerollt wurde. Der Rollstuhl wurde von einem großen Black Friar geschoben. Richard fragte sich, wie der Marquis es schaffte, selbst noch die Tatsache, daß er in einem Rollstuhl geschoben wurde, wie etwas Romantisches und Verwegenes aussehen zu lassen.
    Der Marquis ehrte sie mit einem riesigen Lächeln.
    »’N Abend allerseits«, sagte er.
    »Gut«, sagte der Abt. »Ihr seid alle da. Wir müssen uns unterhalten.«
    Er führte sie zu einem großen Raum, der durch ein loderndes Holzfeuer erwärmt wurde. Sie stellten sich um einen Tisch herum. Der Abt bedeutete ihnen allen, sich zu setzen. Er tastete nach seinem Stuhl und ließ sich darauf nieder. Dann schickte er Bruder Fuliginous und Bruder Tenebrae (der den Rollstuhl des Marquis geschoben hatte) hinaus.
    »So«, sagte der Abt. »Zur Sache. Wo ist Islington?«
    Door zuckte mit den Schultern. »So weit weg, wie ich ihn schicken konnte. Einmal halb durch Zeit und Raum.«
    »Verstehe«, sagte der Abt. Und dann sagte er: »Gut.«
    »Warum haben Sie uns nicht vor ihm gewarnt?« fragte Richard.
    »Das lag nicht in unserer Verantwortung.«
    »Und«, sagte Richard. »Was geschieht jetzt?«
    Der Abt sagte nichts.
    »Inwiefern?« fragte Door.
    »Nun ja, du wolltest deine Familie rächen. Das hast du getan. Und du hast alle, die etwas damit zu tun hatten, in irgendeine Ecke ganz weit weg im Nichts verfrachtet. Also, jetzt wird ja wohl niemand mehr versuchen, dich umzubringen, oder?«
    »Im Moment nicht«, sagte Door ernst.
    »Und Sie?« fragte Richard den Marquis. »Haben Sie erreicht, was Sie wollten?«
    Der Marquis nickte. »Ich denke schon. Meine Schuld bei Lord Portico ist bezahlt, und Lady Door schuldet mir einen großen Gefallen.«
    Richard blickte zu Door. Sie nickte.
    »Und was ist mit mir?« fragte er.
    »Na ja«, sagte Door. »Ohne dich hätten wir es nicht geschafft.«
    »Das habe ich nicht gemeint. Wie komme ich jetzt wieder nach Hause?«
    Der Marquis zog eine Augenbraue hoch. »Wofür halten Sie sie – den Zauberer von Oz? Wir können Sie nicht nach Hause schicken. Dies ist Ihr Zuhause.«
    Door sagte: »Das hab’ ich dir doch schon zu erklären versucht, Richard.«
    »Es muß doch eine Möglichkeit geben!« sagte Richard und schlug mit der linken Faust heftig auf den Tisch, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Und dann sagte er: »Au«, denn es ist nicht besonders klug, mit der Hand auf einen Tisch zu schlagen, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, wenn man einen gebrochenen Finger hat.
    »Werden Sie erwachsen«, sagte der Marquis.
    Richard rieb sich die Hand. Seine Kampfeslust war verpufft.
    »Wo ist der Schlüssel?« fragte der Abt.
    Richard neigte den Kopf. »Door«, sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab’ ihn nicht«, erklärte sie. »Ich habe ihn dir nach dem letzten Marktbesuch wieder in die Tasche gesteckt.«
    Richard öffnete den Mund und schloß ihn dann wieder. Dann öffnete er ihn und sagte: »Du meinst, als ich Croup und Vandemar sagte, ich hätte ihn und sie könnten mich gern durchsuchen … da hatte ich ihn wirklich?«
    Sie nickte. Ihm fiel der harte Gegenstand in seiner Gesäßtasche wieder ein, in der Down Street; ihm fiel ein, wie sie ihn umarmt hatte, als er auf dem Schiff mit dem Curry zurückgekommen war.
    »Ach, du Scheiße«, sagte Richard.
    Der Abt streckte die Hand aus. Seine faltigen braunen Finger nahmen eine kleine Glocke vom Tisch, und er läutete nach Bruder Fuliginous.
    »Bring mir die Hose des
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