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Nichts gegen Engländer

Nichts gegen Engländer

Titel: Nichts gegen Engländer
Autoren: Ralf Sotscheck
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Sein nichtvirtueller Kollege hingegen hat schwer versagt. Voriges
Jahr vergiftete Cadbury 37 Kunden mit dem seltenen Salmonellenerreger »Montevideo«,
weil ein Rohr undicht war. Die Rückrufaktion kostete das Unternehmen 30
Millionen Euro. Außerdem musste Cadbury seine Riegel danach eine Zeitlang
verramschen, um nicht darauf sitzen zu bleiben.
    Diesmal
wird es nicht ganz so teuer, man hat ja schon Übung: Cadbury musste seine
Ostereier, Mini-Creme-Eier und Osterhühnchen zurückrufen, weil sie in
Maschinen montiert worden sind, in denen zuvor Nüsse verarbeitet wurden. Nussallergien
haben sich in Großbritannien in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, aber
auf Cadburys Ostereiern fehlte der Warnhinweis, so dass eine Prozesslawine
drohte.
    Genau
genommen ist Cadbury gar keine Schokolade, denn in die gehört Kakaobutter
statt Rapsöl. Die britische Regierung musste sich von der Europäischen Union
eine Sondergenehmigung holen, damit sich diese Ersatzware überhaupt Schokolade
nennen darf. Cadbury ist der Muckefuck unter den Schokoladen. Als die Firma
eine ihrer Pseudoschokoladentafeln »Swiss Chalet« - »Schweizer Berghütte« -
nannte, platzte der Schweiz der Kragen. Sie zog 1997 vor ein englisches
Gericht und gewann. Cadbury musste das Produkt umbenennen. Es heißt jetzt wohl
»englische Baracke«.
    In
Australien zog das Unternehmen ebenfalls den kürzeren vor Gericht. Es hatte
gegen den Schokoladenhersteller Darreil Lea geklagt, weil der seine Ware
ebenfalls in dunkellila Papier einwickelt. Es bestehe Verwechslungsgefahr,
monierte Cadbury. Das sei Strafe genug, meinte der Richter offenbar. Wer will
schon mit Cadbury verwechselt werden?
    In
einem anderen Prozess ist die Süd-Londoner Filiale der Supermarktkette Asda zur
Zahlung von 18.000 Pfund Strafe plus 9.000 Pfund Verfahrensgebühren verurteilt
worden. Ein Kunde hatte eine Maus entdeckt, die es sich auf dem Süßwarenregal
gemütlich gemacht hatte und einen Schokoriegel verspeiste. Aus dem Urteil geht
nicht hervor, ob Asda wegen Tierquälerei verurteilt wurde.
    Eine
andere englische Errungenschaft, der Marsriegel, war nach seiner Erfindung 1932 in Slough
mit Cadbury-Schokolade umhüllt, bevor man sich eines besseren besann. Den Ruf
des klebrigen Produkts ruinierte man sich freilich selbst. Im Frühjahr 2007
beschloss die Firma Masterfoods, bei der Produktion des Riegels, dessen
Karamellfüllung sich beim Abbeißen unweigerlich über Kinn und Kragen verteilt,
Tierabfälle zu verwenden - Lab aus Kalbsmägen. In der Werbung behauptete man,
dass »alle Menschen außer extrem strikten Vegetariern das Produkt weiterhin
genießen« können. Gibt es tatsächlich weniger strikte Vegetarier, die sich an
Kalbsmägen erfreuen?
    Offenbar
nicht. 6.000 Engländer beschwerten sich binnen einer Woche, weil sie in ihrem
Leib- und Magengericht keinen Tiermagen dulden wollten. Masterfoods, das
täglich drei Millionen Marsriegel herstellt, machte geschwind einen Rückzieher
und entschuldigte sich für den »Fehler«. Hatte man versehentlich die
Produktionsstraßen von Schokoriegel und Hundefutter gekreuzt? Mars ist 2002 mit
der Tiernahrungsfirma Pedigree Chum fusioniert worden.
    Masterfood
buhlte nun in großen Anzeigen um das Vertrauen der strikten Vegetarier, man bemühte
sich sogar um das Gütesiegel des englischen Vegetarierverbandes. Allerdings ist
es nicht mehr so einfach mit einer Imagekampagne, weil das Unternehmen
versprochen hat, seine Werbung nicht mehr auf die Zielgruppe der unter Zwölfjährigen
auszurichten. Damit kam man einem Verbot der Regierung zuvor. Die
Aufsichtsbehörde für Fernsehwerbung will Reklame für Junk Food aus allen
Sendungen verbannen, die von Jugendlichen bis 16 gesehen werden.
    Dann
darf die Mars-Werbung wohl nur noch nach Mitternacht zwischen den Werbespots
für Telefonsex gezeigt werden. Vielleicht kann man ja beides verbinden: Bei
einer Razzia im Haus der Rolling Stones in den sechziger Jahren sollen die
Polizisten in dem Moment hereingestürmt sein, als Mick Jagger seiner damaligen
Freundin Marianne Faithful einen Marsriegel in die Vagina schob. Faithful ist
übrigens später in einem Mars-Werbefilm mit dem Spruch aufgetreten: »Pleasure
you can't measure« - maßlose Wonne.
    Der
maßlose Wonneproppen Paul Gascoigne ist der berühmteste Konsument des Riegels.
Der schlichte und äußerst labile englische Fußballer mit hohem
Unterhaltungswert bekämpfte seine Alkoholsucht mit Mars, was ihm nicht nur zu
einer beträchtlichen Körperfülle,
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