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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman
Autoren: Kevin Maher
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nicht sonderlich zu interessieren und wünschen sich stattdessen noch mehr Geschichten von O’Culigeen, aus seinen Tagen als Priester. Die Beichten! Ja, erzähl uns was von den Beichten! Nur keine Scheu! Die Schlimmste? Die Schmutzigste? Ja. Erzähl sie uns alle!
    So geht es den ganzen Abend lang weiter, und die Schwulen und O’Culigeen sind mit Abstand der lauteste Tisch, sogar noch, als die Rausschmeißermusik angemacht wird. Das sind die letzten beiden Stunden Service, wo ein winziger Bereich vor der Bar frei gemacht wird und sich das Restaurant in eine halbe Disco verwandelt. Wenn man an diesem Punkt reingestolpert kommt, kann man so viel saufen, wie man will, der Trick ist, dass man zu seinem Drink auch was zu essen bestellen muss, damit jeder weiß, dass das hier keine richtige Disco ist, sondern immer noch ein Restaurant.
    Nach Mitternacht und trotz drei Bronski-Beat-Nummern hintereinander lichten sich schließlich die Reihen. Um die Bar rum ist praktisch nichts mehr los, da sind nur noch die IRA -Typen und ein Tisch mit müden Junggesellinnen. An Billys Tischen sitzen nur noch die Schwulen und O’Culigeen, der mittlerweile schon nicht mehr geradeaus gucken kann. Und genau jetzt passiert es.
    Das hier solltest du nicht verpassen.
    Das sagt Billy zu mir, total ernst und im Flüsterton, als er in einem verrückten manischen Marsch an mir vorbeizischt, in seinen Bereich. Ich folge mit etwas Abstand und beobachte, wie er sich an den Schwulen vorbeischleicht und Roger zunickt, bevor er hinten im Umkleideraum verschwindet. Roger, Jamie und Soz stehen plötzlich auf und hauen O’Culigeen halb im Scherz die Weihnachtsmütze vom Kopf und ziehen ihn hoch und sagen, dass sie ihm dahinten etwas ganz Besonderes zeigen müssen. O’Culigeen lacht laut los und sagt, dass er ganz genau weiß, was so Londoner Jungs wollen, und macht einen großen Witz draus, sich an seinen eigenen Gürtel zu greifen und ihn fest zuzuziehen, um sich vor einer dreifachen Pimmelattacke zu schützen.
    Die Schwulen lachen noch mehr und packen ihn und wuchten ihn ein wenig in die Höhe. O’Culigeen lacht und zappelt und haut ein bisschen zurück. Und dann, ganz plötzlich, verwandeln sich die Gesichter der Männer genau gleichzeitig zu Stein, und sie haben alle den gleichen Gedanken. O’Culigeen versucht, einen Satz nach hinten weg vom Tisch zu machen, doch gegen einen Hünen wie Soz hat er keine Chance. O’Culigeen macht keinen Mucks, wehrt sich aber nach Leibeskräften, als sie ihn zu dritt in Richtung Umkleide zerren. Wieder folge ich ihnen mit einem gewissen Sicherheitsabstand, und als ich an der großen roten Tür mit dem schmalen viereckigen Fenster angekommen bin, haben sie ihm schon eine Decke über den Kopf geworfen, so eine Art Picknickding. Ich traue mich nicht reinzugehen, aber ich sehe ihnen durchs Fenster zu, wie Roger die Baseballschläger aus Billys offenem Schließschrank verteilt und die Männer anfangen, alle vier, auf ihn einzukloppen.
    Die Baseballschläger machen auf O’Culigeens Körper das verrückteste Geräusch überhaupt. Es klinkert und klonkert, wenn das Holz auf die Knochen trifft, die O’Culigeens Arme und Beine sind und unter der Decke zappeln und treten, in der Hoffnung, den Schlag abzuwehren, sich zu schützen. Aber dann und wann prallen sie volle Kanne auf seinen Kopf, und es macht laut und hohl pock! Und dann wissen sie, Jackpot, und machen genau da weiter. Was die Prügel angeht, geht Roger mit gutem Beispiel voran und kann in der kürzesten Zeit die meisten Treffer für sich verbuchen. Und dabei sagt er noch ziemlich oft Motherfucker und klingt plötzlich richtig amerikanisch. Für jeden Hieb von den anderen kommt er auf mindestens drei. Aber irgendwann finden sie einen Rhythmus, wie vier Typen von früher, die irgendwo am Arsch der Welt mit ihren Vorschlaghämmern einen riesigen Holzpfahl in die Erde rammen, während einer von ihnen ständig Motherfucker sagt.
    O’Culigeen dagegen sagt nix. Von ihm da unten unter der Decke hört man keinen Pieps. Es ist so, als würden alle genau wissen, warum sie hier sind. Sogar er. Als Roger irgendwann einen Schritt zur Seite macht und ich durch das dicke Glas einen ordentlichen Blick auf die Szene werfen kann, ist O’Culigeen schon zu einem überraschend winzigen Häufchen in sich zusammengesackt. Er ist nur noch eine Hand, mit Blut dran, die unter der Decke hervorlugt. Die Hand macht nicht mehr viel, aber ich könnte schwören, dass sie sich nach Vergebung
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