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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman
Autoren: Kevin Maher
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Chakra-Test und mache mich direkt ans Sehen mit dem Drit ten Auge. Das klappt auch nicht, und ich sehe nichts anderes, als dass Saidhbh in ihrer Latzhose und Doc Martens vor mir liegt und sich auf die Lippe beißt, weil es einfach zu komisch ist, wie bekloppt ich geworden bin, während sie in der Klapsmühle saß. Jedes Mal, wenn ich einen tiefen Atemzug nehme, kichert und grinst sie. Und sie sagt Sachen wie »Finger weg«, wenn sich meine Hände ihrem Wurzelchakra oder ihrem Herzchakra auch nur nähern. Ich versuche, ihr zu sagen, dass sie den Quatsch lassen und das hier ernst nehmen soll, weil bei dem kranken Huhn im Londoner Zoo hat es wunderbar funktioniert. Aber das interessiert sie gar nicht.
    Ich kann sie nicht lesen, weder physisch noch kosmisch. Ich stöpsle meine Haralinie ungefähr zehnmal neu ein, doch bei keiner meiner Einatmungen aus den Tiefen der Seele des Universums tut sich etwas. Nicht einmal ein Flackern. Keine Schwingungen. Keine Farben, kein Leuchten, keine Drehungen. Nichts. Helen hat uns gewarnt, dass es solche Sitzungen geben kann. Sie hat gesagt, sollten wir uns je in so einer Situation befinden – und betet zu Gott, dass das nicht passiert –, kann dies nur eines von zwei Dingen bedeuten: Entweder die Person, die du heilen willst, ist tot, oder du bist, ganz offen gesagt, kein Heiler. Du hast es nicht drauf.
    Für ein bis zwei Sekunden frage ich mich, ob Saidhbh vielleicht tot ist. Vielleicht hat sie sich in der Klinik endgültig umgebracht, und das hier vor mir ist nichts anderes als eine schauderige Erinnerung an sie. Wobei das unwahrscheinlich ist. Zum einen hätten wir in den frühen Morgenstunden einen Anruf von der Psychoklinik bekommen. Und zum anderen schwitzt der Körper vor mir um den Mund herum und in der Stirngegend schon leicht, weil es so anstrengend ist, das Lachen zu unterdrücken.
    Wir brechen die Sitzung früher als geplant ab. Ich spare es mir, meine Geistführeranzurufen, um mit ihrer spirituellen Essenz zu sprechen. Saidhbh kann sehen, dass ich niedergeschlagen bin, und versucht, mich aufzumuntern, indem sie sagt, dass sie sich total super fühlt und total entspannt und ruhig und wie neugeboren. Sie ist schon halb zur Tür raus, da sagt sie noch, dass wir das definitiv noch mal machen können, in ein bis zwei Monaten, und dass ich eine wahrhaftige Gabe in diesen meinen Händen trage.
    Zur Arbeit gehe ich so traurig, wie ich es seit Ewigkeiten nicht mehr gewesen bin. Ich hab genug von mir und meinem Leben. Mein Kopf fühlt sich so an, als hätte man mir einen Eimer voller Kleber aufgesetzt, und ich könnte jeden Moment in Tränen ausbrechen. Tante Grace hatte recht. Helen hat einen an der Klatsche. Der ganze Eso-Peso-Scheiß war für die Katz.
    Border Town ist komplett weihnachtlich dekoriert, mit Lametta auf den Mexikanerhüten und Lichterketten quer durchs Restaurant. Natürlich ist O’Culigeen schon da, als ich reinkomme, und glotzt mich von seiner Tischecke aus an wie der Klopapierwelpe aus der Fernsehwerbung, was mich so sauer macht, dass ich ihm am liebsten eine ganze Pfanne kochendes Fajita-Fett über den Kopf kippen würde. Ich schlurfe quer durchs Restaurant zum Raum für die Mitarbeiter, wo Billy heimlich eine Zigarette raucht und zu allem Überfluss auch noch ziemlich schlechte Laune hat. Er motzt mich ein bisschen an, als ich ihm sage, dass mein Schließschrank leer ist und ich mein zweites Abräumer-Outfit zu Hause vergessen habe, und kann ich bitte eine seiner schwarzen Schürzen borgen? Er hält mir eine Ministandpauke darüber, dass ich mich wie ein kleines Kind benehme und nicht für mich selbst einstehen kann, und mittlerweile sollte ich meine Schürzen beisammenhalten können. Jetzt fühle ich mich noch nutzloser. Doch fast augenblicklich wedelt sich Billy mit den Händen vorm Gesicht herum und entschuldigt sich für seine Laune und sagt, dass seine Kumpels von der Dinnerparty heute vorbeikommen und er deshalb ein dünnes Fell hat. Ich frage nicht, warum. Er bleibt noch eine Weile vor seinem Spind stehen und sorgt dafür, dass er gut und fest verschlossen ist, indem er ihn ungefähr fünfmal hintereinander zuknallt.
    Und tatsächlich kommen Roger und Jamie mit Soz im Schlepptau nach nicht mal einer Stunde vorbei, in Jeans und engen weißen T -Shirts und Weihnachtsmützen, und sie sehen alle supersauber und frisch aus und irgendwie total schnieke. Billy platziert sie direkt gegenüber von O’Culigeen, wodurch er noch bärtiger und pennermäßiger
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