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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
Autoren: Bernhard Hennen
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seinen Gau mit strenger Hand, und mir scheint, es ist leicht, seinen Zorn zu erwecken.«
    Golo zuckte zusammen. Wenn Volker so weitermachte, wü r den sie auch noch an irgendwelche Bäume genagelt werden.
    »Das Urteil mag Euch zu streng erscheinen, Herr Volker, doch glaube ich nicht, daß Euer König Gunther Gnade walten ließe, wenn man ihn den Bastard einer Magd nennen würde. Dies Weib war von der Finsternis durchdrungen … Doch im Tod hat sie das Licht des Mithras erblickt und ward erlöst.«
    »Ihr sagtet, Ihr sollt uns an den Hof Eures Fürsten geleiten … « Volker musterte den Standartenträger kalt. »Wir werden Euch folgen.«
    Der Krieger mit der eisernen Maske wendete wortlos sein Pferd. Dann gab er den anderen Reitern ein Handzeichen, und sie nahmen die beiden Burgunden in ihre Mitte.
    Voller Mißtrauen verfolgte Golo die Bewegungen der Krieger. Sie alle waren außergewöhnlich groß. Die eisernen Masken, die immer dasselbe jugendliche Gesicht zeigten, ließen die Männer wie Brüder aussehen. Mit geradezu unheimlicher Präzision tei l te sich ihre Formation in zwei gleichlange Reihen. Sie formie r ten sich rechts und links des Weges, der über den Hügel führte. Ob sie vielleicht doch Dämonen waren, die alle von einem Geist beherrscht wurden? Keiner der Krieger sprach oder neigte auch nur den Kopf, um Volker und ihn zu mustern. So verhielten sich keine gewöhnlichen Männer! Und wer war Mithras? Ein heidnischer Götze? Ein Diener Satans vielleicht?
    Die Eskorte brachte sie zwei Meilen weiter den Rhein hinauf. Seitlich des Weges gab es nun einige Äcker, doch kein Mensch war zu sehen. Das Land wirkte wie tot. Zur Linken lagen H ü gel, die langsam in niedrige Berge übergingen. Auf einem der Hügel stand ein großes ausgebranntes Steinhaus, aus dessen Fenstern die Äste junger Eichen wuchsen.
    Der Ritt verlief schweigend. Die Stille wurde nur durch den dumpfen Klang der Hufe und die Rufe der Vögel im Uferd i ckicht des großen Flusses gestört. Endlich führte der Weg sie auf einen zweiten Hügel, von dem aus sie Castra Bonna vor sich liegen sahen. Dicht entlang des mit steinernen Kais befe s tigten Ufers verlief die Mauer des Legionslagers aus alter Zeit. Sie war an die zehn Schritt hoch und zusätzlich durch zahlre i che Türme gesichert. Golo war von der Größe der Stadt übe r rascht. Die quadratische Festungsanlage hatte eine Seitenlänge von fast einer halben Meile. Auch außerhalb der Mauern lagen viele Häuser, doch selbst von weitem war zu erkennen, daß sie verfallen und verlassen waren. Nicht einmal innerhalb der Wä l le waren alle Wohnhäuser in einem guten Zustand. Hier und dort konnte man eingestürzte Dächer erkennen, und zwischen den alten Steinbauten erhoben sich Dutzende von Fachwer k häusern mit lehmverputzten Wänden und breiten Rieddächern.
    Am nördlichen Ende der Stadt war ein kleiner Palast mit Sä u lengängen und weiß getünchten Mauern zu sehen. Davor lag ein großer Platz, auf dem Krieger in schimmernden Waffen aufmarschiert waren. Golo schluckte. Was für ein Empfang! Man konnte meinen, der Gaugraf erwarte ein burgundisches Heer und nicht nur zwei Ritter.

    Graf Ricchar war viel jünger, als Volker ihn sich vorgestellt ha t te. Der Reitergeneral gehörte zu den einflußreichsten Männern im Frankenreich. Er kommandierte die Reiterei des Königs, und es hieß, er habe noch niemals eine Schlacht verloren. Obwohl Ricchar schon der Held vieler Bardenlieder war, mochte er höchstens fünfunddreißig Sommer zählen. Sein Gesicht war von der Sonne gebräunt, und erste schmale Falten zeigten sich um seine klaren blauen Augen. Sein hellblondes gelocktes Haar trug er kurzgeschoren, wie es unter Kriegern üblich war. So wie die Reiter, die der Graf ihnen als Eskorte entgegengeschickt hatte, war auch Ricchar auffällig groß. Vom Scheitel bis zur Sohle mochte er knapp zwei Schritt messen.
    Die Rüstung und Kleidung des Kriegers waren für einen Franken außergewöhnlich. Über einer dunkelroten Tunika, die bis zur Mitte der Oberschenkel reichte, trug der Fürst einen weißen Leinenpanzer, dessen Bruststück mit einer aufgestic k ten Sonnenscheibe mit breitem Strahlenkranz verziert war. Se i ne Füße steckten in Bundschuhen aus feinem Leder, deren Ve r schnürung hinter feinziselierten Beinschienen verschwand. An der linken Seite trug der Graf ein langes Reiterschwert, das er ungewöhnlich hoch gegürtet hatte.
    Entlang des gepflasterten Platzes vor dem Palast waren mehr als
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