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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
Autoren: Bernhard Hennen
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und ich habe in vielen Schlachten für Gunther gekämpft. Sage ihm nicht, daß ich noch lebe, denn nur wenn er glaubt, daß ich tot sei, bin ich von meinem Lehnseid befreit. Ich will kein Ritter mehr sein … Statt dessen werde ich als J a kobspilger nach Aquitanien ziehen, um meine verlorene Liebe zu suchen.«
    »Du bist verrückt! Bleib ein paar Wochen in der Stadt verbo r gen. Ich werde eine Unterkunft finden, wo dich niemand kennt. Wenn du erst ganz gesund und bei Kräften bist, dann werden deine aberwitzigen Hirngespinste von ganz allein verfliegen.«
    Der Spielmann sah ihn traurig an. »Das wird mit Sicherheit nicht geschehen. Ich habe stets dein Wort geachtet, Hagen, doch diesmal bist du im Unrecht. Erinnerst du dich noch an die Geschichte vom Feuervogel, mit der der fahrende Märchene r zähler Geron letzten Sommer den Königshof unterhalten hat?«
    Hagen schnaubte verächtlich. »Märchen … Nein, ich erinnere mich nicht mehr. Das ist zu unbedeutend und … «
    »Für mich war die Geschichte sehr bedeutend, denn sie wu r de zum Spiegel meines Schicksals. Wie der Ritter bin ich aufg e brochen, meine Geliebte zu suchen, und merkte nicht, daß der Feuervogel auf meinem Weg an meiner Seite war. Erst besiegt und dem Tode nahe, erkannte ich ihn. Doch der Ritter, der ich einst war, überlebte dies nicht. Er starb in Icorigium, wo auch mein Schwert irgendwo in den Trümmern der Stadt liegt. Me i ne Herzenskälte und meine Blindheit habe ich verloren. Weißt du, daß es auf der Flucht in den Stollen einen Moment gegeben hat, in dem ich fast einen wehrlosen Säugling und seine Amme getötet hätte? Zu weit bin ich auf meinem Weg gegangen. Der Ritter mußte sterben! Jetzt erst kann ich hoffen, daß ich die er s te, glücklichere Hälfte des Märchens erleben darf und mit jener Frau vereint sein werde, nach der mein Herz sich sehnt.«
    Einen Augenblick dachte Hagen an sein eigenes tragisches Schicksal, und Bitternis stieg in ihm auf. »Märchen werden nicht wahr … Nicht im richtigen Leben!«
    Volker blickte ihn mitleidig an, so, als ahne er etwas. »Erla u be, daß ich dir noch einmal das Märchen vom Feuervogel e r zähle, dann wirst du meine Worte besser verstehen.«
    Es begab sich zu einer Zeit, als Wunder auch einfachen Leuten noch begegneten und die Drachen in den Bergen nicht schon so tief schlummerten, daß nichts sie mehr aus ihrem Schlaf zu erwecken vermochte. In eben jenen Tagen zog ein junger Gesell aus, der in se i nem Leben nichts mehr zu verlieren hatte, und hoffte, daß er es sein möge, der die Sommerkönigin finden würde, die vor langen Jahren von ihrer Burg vertrieben worden war. Und wie er so des Weges ging, da fiel ihm aus einem Nest ein kleines Vöglein vor die Füße. Aus dem Gebüsch aber eilte ein Fuchs herbei, der das Vöglein fressen wollte. Mit einem Streich mit seinem Wanderstabe vertrieb er den roten Rä u ber und setzte das Vöglein in sein Nest zurück. Da sprach es: »Ich will dir deine Tat vergelten, wenn du einst in größter Verzweiflung bist. Nun aber suche nach dem Muschelpfad, denn dort wirst du jene finden, nach der dein Herz sich sehnt.«
    So wanderte der Geselle in jenes Königreich, wo Wasser und Land eins sind, und er fand den Muschelpfad. Doch so oft verzweigte sich der Weg, daß er auch nach Jahr und Tag die Sommerkönigin nicht gefunden hatte. Und als er schon aufgeben wollte, da ließ sich eines Abends das Vöglein auf seiner Schulter nieder und flüsterte ihm. »Verzage nicht, mein Freund! Geh in die Stadt des Herrschers unter dem Hirtenstab, denn dort wirst du jene finden, nach der dein Herz sich sehnt.«
    Und so folgte der Geselle den Worten des Vögleins. Bald fand er jene Stadt, von dem es gesprochen hatte, und auch die Sommerkönigin, die unerkannt an jenem Ort lebte. Doch als er sie entdeckte, wurde auch der Herrscher unter dem Hirtenstab gewahr, wen er in den Mauern seiner Stadt beherbergt hatte. Und weil er einen alten Groll gegen die Sommerkönigin hegte, ließ er sie in den tiefsten Kerker seiner Burg bringen. Den Jüngling aber trieb er zur Stadt hinaus.
    Verzagt saß der Geselle auf einem Stein am großen Fluß, als sich wieder das Vöglein auf seiner Schulter niederließ. Und es raunte ihm ins Ohr. »Suche den Ritter, der das Schwert des Adlerkönigs trägt. Er muß eine alte Fehde mit dem Herrscher unter dem Hirtenstab zu E n de bringen, und er wird dir helfen, jene zu befreien, nach der dein Herz sich sehnt.«
    Und so brach der Geselle auf, den Ritter
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