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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story
Autoren: Katrin Lankers
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    Zwischendurch schluchze ich noch eine ganze Menge, und
man muss meiner Mutter hoch anrechnen, dass sie sich mein
Gestammel anhört, ohne mich ein einziges Mal zu unterbrechen.
Als ich schließlich alles erzählt habe, brummelt sie beruhigend,
und dann sagt sie nur: »Warte mal kurz.«
    Es vergehen ein paar schweigsame Minuten, in denen ich
versuche, mir die Schmierspuren meiner Tränen mit dem
Handrücken aus dem Gesicht zu wischen.
    »Schau mal in dein Postfach«, meldet meine Mutter sich
endlich wieder.
    Als ich meine Mailbox ein zweites Mal öffne, finde ich darin
eine Buchungsbestätigung einer italienischen Airline mit
meinem Online-Ticket von New York via Rom nach Florenz.
Der Flug ist für den nächsten Tag gebucht. Ich will mir lieber
nicht vorstellen, was meine Mutter für das Ticket bezahlt hat.
    »Danke«, hauche ich ins Mikro und schlucke schwer gegen
neue Tränen an.
    »Ich hoffe, es stört dich nicht, die letzten beiden Ferienwochen
mit mir und Pedro bei
Clara
zu verbringen.« Meine
Mutter klingt tatsächlich ein bisschen unsicher. Das finde ich
so süß, dass meine Mundwinkel von selbst ein Stückchen
nach oben wandern.
    »Nein, Mom, das stört mich nicht«, sage ich und merke,
dass ich es ernst meine. Pedro ist doch eigentlich ganz nett.
Und wenn meine Mutter glücklich mit ihm ist, dann soll mir
das recht sein.
    »Okay, mein Schatz, dann holen wir dich morgen am Flughafen
ab. Bleib tapfer.«
    Ich nicke, obwohl Mom das nicht sehen kann. Dann beende
ich die Verbindung. Aber das Gefühl in meinem Bauch
ist nicht mehr so hohl wie vor dem Telefonat.
    »Please! You can’t go.« Gwyn hängt mit flehendem Gesichtsausdruck
an meinem rechten Hosenbein, als wollte sie mich
so daran hindern, zum Flughafen zu fahren.
    »We don’t want you to go away!«, rebelliert auch Gwen. Sie
stürzt sich auf mein anderes Hosenbein und krallt sich daran
fest. Mit zwei kleinen Mädchen an den Hosenbeinen könnte
es tatsächlich schwierig werden, das Zimmer zu verlassen,
geschweige denn rechtzeitig mein Flugzeug zu erreichen. Im
Schneidersitz lasse ich mich zwischen den beiden auf dem
Fußboden nieder.
    »I’m so sorry«, sage ich und streiche ihnen über die blonden
Köpfe. Sie tragen die Haare heute offen, stelle ich überrascht
fest, und haben sich nur ein paar glitzernde Spängchen
hineingesteckt. Was wohl die Pferdeschwanz-Fetischistin
Madeleine dazu sagen wird?
    »Erinnert ihr euch noch an die Geschichte von der kleinen
Meerjungfrau, die ich euch erzählt habe?«
    Die Zwillinge nicken und sehen mich in Erwartung einer
neuen Geschichte mit großen Augen an.
    »Stellt euch vor, ich wäre die kleine Meerjungfrau«, sage
ich. »Und der Prinz liebt eine andere.« Ups, habe ich meinen
Gedanken gerade laut ausgesprochen? Eigentlich wollte ich
Gwyn und Gwen ja nicht auf die Stupsnasen binden, warum
ich so überstürzt abreise. Zumal sie es vermutlich nicht verstehen
würden. Also versuche ich es erneut. »Ich muss jetzt
leider gehen, aber ein bisschen bleibe ich immer bei euch.
In meinen und euren Erinnerungen bin ich da. So wie der
Schaum auf dem Meer.«
    Die beiden nicken. Sie sehen etwas unglücklich dabei aus,
aber sie halten sich nicht an meiner Hose fest, als ich wieder
aufstehe.
    Bevor ich meinen sperrigen roten Koffer hole, mache ich
mich auf die Suche nach Madeleine. Wie zu erwarten, war
meine Gastmutter wenig begeistert, als ich ihr gestern Abend
mitgeteilt habe, dass ich schon heute nach Hause fliegen
werde. Aber zu meiner Überraschung hat sie auch nicht versucht,
mich zum Bleiben zu überreden. Entweder war sie mit
meiner Arbeit so unzufrieden, dass sie jetzt froh ist, mich los
zu sein, oder sie macht sich wirklich Sorgen um meine Gesundheit.
    Ich finde Madeleine in ihrem Schlafzimmer, sie sitzt am
Schminktisch und liest einen Brief. Als sie mich bemerkt,
lässt sie ihn schnell neben dem Tisch in einen Schuhkarton
fallen. Das ist doch … ja, das ist definitiv der gleiche Karton!
Madeleine hat anscheinend die Briefe von Davids Vater vom
Schrank geholt. Offensichtlich hatte David recht mit seiner
Einschätzung, dass Madeleine sich an die
guten alten Zeiten
in Deutschland erinnern will. Tja, vielleicht tut es ihr gut,
sich mal mit diesem Teil ihrer Vergangenheit zu befassen, anstatt
ihn ständig totzuschweigen …
    »Ich bin fertig.«
    »Okay.« Madeleine steht auf. »Dann lass uns mal losfahren.«
    Jetzt bin ich wirklich erstaunt. Ich hatte gar nicht damit
gerechnet, dass Madeleine mich persönlich zum
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