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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin
Autoren: Susan Meissner
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Krawattenbündel in der Mitte zusammen und legte es ganz oben auf seinen Bademantel und die Schlafanzughose in den Koffer. Dann klappte er den Kofferdeckel zu. Der Reißverschluss gab ein scharfes, zischendes Geräusch von sich, als er ihn schloss. Brad nahm den Koffer und stellte ihn neben die beiden anderen, die schon fertig gepackt waren. Ganz oben auf den anderen Gepäckstücken lag noch ein Kleidersack, und daneben stand eine Sporttasche mit Schuhen.
    Als alles fertig war, setzte er sich neben mich aufs Bett. „Ich rufe dich an, wenn ich mit Connor geredet habe.“
    „Meinst du nicht, dass es besser wäre, wenn wir es ihm gemeinsam sagen?“ Ich war rot geworden. Die Vorstellung, Connor würde erfahren, dass Brad und ich ernsthaft zerstritten waren, war mir peinlich. Ich fühlte mich wie ein ungezogenes Kind, das etwas Verbotenes getan hat.
    „Ich glaube, das mache ich lieber allein“, antwortete Brad. „Er muss wissen, dass das alles nichts mit ihm zu tun hat.“
    Die Röte in meinem Gesicht hatte sich noch verstärkt, allerdings jetzt eher aus Frust als aus Beschämung.
    „Natürlich hat das etwas mit ihm zu tun“, widersprach ich ihm. „Schließlich sind wir seine Eltern.“
    „Du weißt genau, wie ich das meine, Jane. Ich meine, dass es nicht seine Schuld ist.“
    „Wessen Schuld ist es denn dann?“ Ich schaute zu ihm auf. Mir lag wirklich etwas daran, eine Antwort auf meine Frage zu bekommen.
    Er schaute auf seine Koffer. „Wahrscheinlich meine.“
    Eine Weile saßen wir einfach schweigend da.
    Schließlich war ich es, die das Schweigen brach. „Ich weiß nicht, was ich tun soll, während ich warte.“
    „Du sollst ja auch gar nicht warten“, sagte er ganz langsam. „Es geht darum herauszufinden, was wir eigentlich wollen und wie es weitergehen soll.“
    Dann stand er auf und nahm so viele Gepäckstücke, wie er tragen konnte, um sie hinunter zum Jeep zu bringen. Ich wollte ihm helfen, aber er sagte einfach nur: „Nein.“
    Schweigend saß ich da und schaute zu, wie er mit seiner Last durch die schmale Tür ging.
    Die Frau kaufte die Taschenuhr mit dem eingravierten Zitat von Diderot. Während Stacy den Verkauf abwickelte, verpackte ich die Uhr in mehrere Schichten Zellstoff. Ein paar Meter entfernt begann der Geruch von Emmas Kisten sich im hinteren Teil des Ladens auszubreiten.
    Ich ließ die Uhr in eine Tüte gleiten, gab sie Stacy und entfernte mich von dem bedrückenden Geruch nach Schimmel und Alter.

Vier
    Als etwa eine Stunde nach der Mittagspause einmal keine Kunden im Laden waren, kamen Stacy und Wilson mit mir in den hinteren Bereich, um dort Emmas Kisten auszupacken.
    Ich hatte Emma im Sommer zuvor auf einer Antiquitätenmesse in Boston kennengelernt. Sie war gerade zu Besuch bei ihrer Schwester gewesen, die schon jahrelang mit einem Amerikaner verheiratet war, und hatte die besagte Messe besucht, um dort nach Hüten und Handtaschen für ihren Kostümverleih in London Ausschau zu halten. Emma hatte mit Ende fünfzig geheiratet, war aber schon lange wieder geschieden und lebte allein. Schon als kleines Kind hatte sie mit dem Londoner Theater zu tun gehabt. Sie war zwar nicht mehr selbst als Schauspielerin aktiv gewesen, seit sie etwa Mitte zwanzig war, aber sie erzählte mir, dass sie die Kostüme sowieso immer mehr fasziniert hätten als die Rollen selbst. Emmas Laden war eine Fundgrube für ungewöhnliche und einzigartige Requisiten, und ich hatte den Eindruck, dass sie von den professionellen Kostümbildnern zwar nicht besonders ernst genommen, von ihnen aber immer wieder gern dann aufgesucht wurde, wenn sie auf der Suche nach einem Hut in einer speziellen Farbe waren oder unbedingt eine hellgrüne, mit Rheinkieseln besetzte Federboa brauchten oder ein Zwanzigerjahre-Kleid in Größe 32. Normalerweise fand man solche ausgefallenen Dinge nämlich in Emmas Fundus. Ich war nur einmal in ihrem Laden gewesen, und zwar im vergangenen Herbst. Damals hatte Brad mir seine Vielfliegermeilen überlassen, damit ich Emma in England besuchen und mit ihr gemeinsam unsere Idee weiterentwickeln konnte, dass sie in England nach Antiquitäten für meinen Laden Ausschau halten könnte und ich im Gegenzug für sie in Amerika nach Kleidern und Requisiten. Vier Tage hatte ich bei ihr verbracht und war bei meiner Abreise zuversichtlich gewesen, dass wir einander wirklich helfen würden. Im Laufe der vergangenen zehn Monate hatte ich beinah die Hälfte des Schmuckes, der Nippes-Sachen und der Bücher,
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