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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme
Autoren: Léo Malet
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können, warum Sie mir unbedingt die Leiche
zeigen wollten! Wie kommen Sie eigentlich darauf, daß ich diesen Briancourt
kennen könnte?“
    „Er ist ein ehemaliger Kriegsgefangener“,
antwortete Faroux langsam. „Wurde Anfang des Monats repatriiert und am 10. in
Marseille demobilisiert... Hier ist der Schein“, fügte er hinzu und zog das
Dokument vorsichtig aus einem Umschlag.
    Während ich es mir ansah, fuhr der Inspektor
fort:
    „Als ich Sie da unten im Hof stehen sah, dachte
ich, der Tote sei einer Ihrer früheren Kameraden aus dem Lager. Vielleicht
wollten Sie ihn ja besuchen…“
    „Es war im Stalag VIII C“, unterbrach ich ihn und gab ihm das Papier zurück. „Ich war im X B. Die
beiden Lager liegen ungefähr tausend Kilometer auseinander... Kann ich jetzt
gehen?“ fragte ich ironisch.
    Mein Freund zuckte ungeduldig die Achseln.
    „Ich kann Sie nicht festhalten... Davon
abgesehen, könnten wir Sie bis morgen früh verhören und nichts anderes als Ihr
dummes Gequatsche zu hören kriegen. Na ja, zur Not wissen wir ja, wo wir Sie
finden können.“
    „Genau! Kommen Sie doch mal vorbei... und
vergessen Sie nicht, mich bei der Gelegenheit zu fragen, ob ich Briancourt
kannte... oder sonst jemanden, der sich im Laufe der nächsten Woche abknallen
läßt!“
    Mit diesen Worten drehte ich mich um. Faroux
hielt mich am Arm zurück. Seine Schnurrbarthaare sträubten sich.
    „Wenn Sie Briancourt also nicht gekannt haben“,
knurrte er, „was lungern Sie dann hier rum?“
    „Aha!“ rief ich und pfiff durch die Zähne. „Der
Ton kommt mir schon bekannter vor! Herumlungern! Hören Sie, Florimond,
vielleicht quält Sie der Hunger. Schließlich ist es gleich drei. Und da Sie
mich hier nicht mehr brauchen, werd ich mir gleich was auf die Gabel legen. Mir
knurrt nämlich auch der Magen. Aber vorher will ich noch meine Ehre retten und
Ihnen meine Anwesenheit in diesem Hof erklären. Kommen Sie mit!“ Kurz darauf
betraten wir die Buchhandlung. Ich kaufte das Buch, für das ich mich vor einigen
Stunden interessiert hatte: Der Schrei der Medusa , von Henri Pastoureau.
    „Ein sehr seltenes Exemplar“, erklärte der
Buchhändler.
    Um mir das zu beweisen, schlug er noch zehn
Francs auf den Preis auf, der mit Bleistift in dem Buch markiert war. Dabei
betrug der schon das Doppelte des normalen Preises dieser Ausgabe!
    „Ja, eine Rarität“, sagte ich nickend. „Deswegen
hab ich auch darauf gewartet, daß Sie Ihren Laden aufmachten. Um viertel nach
eins hatten Sie Mittagspause, nicht wahr?“
    „Ja, Monsieur. Ich bin gerade gekommen.“
    „Deswegen bin ich auf dem Hof ,rumgelungert’,
wie Sie es ausdrücken“, sagte ich zu Faroux, als wir wieder auf der Straße
standen. „Hab versucht, durch die Hintertür an den Buchhändler ranzukommen...
Also dann, mein lieber Faroux, salut!“ Damit ließ ich ihn stehen. Bei
meinem plötzlichen Abgang rempelte ich einen jungen Mann an, der sich von den
Aufräumarbeiten erholte und eine Zigarette mit hellem Tabak rauchte. Ohne mich
zu entschuldigen, ging ich zur nächsten Metrostation. Dort kaufte ich mir eine
Zeitung, die für nicht zu komplizierte Kreuzworträtsel bekannt ist. Auf dem
Bahnsteig zermarterte ich mir das Hirn auf der Suche nach einem Wort mir vier
Buchstaben für jemand, der „nicht zugänglich“ ist. Dann kam auch schon die
Metro.
    Für Kreuzworträtsel habe ich nicht viel Talent.
Automatisch kritzelte ich die Kästchen voll und dachte dabei an etwas anderes.
Das „nicht zugängliche“ Wort mit vier Buchstaben ergab sich ganz von selbst,
ohne intellektuelle Leistung meinerseits. Andere, leicht zu findende Wörter
ergaben die Buchstaben: S-T-U-R. Da ich gleichzeitig an Faroux und sein
Verhalten dachte, fiel mir die geglückte Gedankenverbindung auf. Eher unbewußt
schrieb ich auf den Rand der Zeitung: Inspektor Faroux ist ein sturer Bock. Dann versenkte ich mich wieder in das Kreuzworträtsel und in meine Gedanken.

Die
Nacht von Bois-le-Roi
     
    Hélène begrüßte mich mit einem Seufzer der
Erleichterung. „Halb vier!“ sagte sie. „Ich hab schon angefangen, mir Sorgen zu
machen. Ihre Tabakleidenschaft wird Sie noch Kopf und Kragen kosten. Haben Sie
wenigstens gekriegt, was Sie wollten?“
    Nachdem ich die Frage bejaht und meine
Sekretärin gebeten hatte, mir ein Sandwich aus dem Bistro unten zu besorgen,
ging ich in mein Büro. Dort stellte ich mich ans Fenster und vertrieb mir die
Wartezeit damit, auf den sonnenbeschienenen Boulevard
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