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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel
Autoren: Else Ury
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sitzenden Miß an den Kopf warf, die erschreckt aufkreischte, hatte Marietta die eigene Furcht schon ein wenig überwunden. Obwohl Jimmy sich so unehrerbietig gegen Miß Smith benahm, wurde er gnädig in den Tavaresschen Familienkreis aufgenommen.
    Aus dem Garten klang die Stimme der alten Rosita: »Juan - Juan - wo steckst du?« Und gleich darauf ihr empörter Ausruf: »Nein, dieser Junge! Nun hat Rosita ihn von Kopf bis Fuß frisch angezogen, und jetzt ist er pitschenaß. Juan, willst du wohl aus dem Springbrunnen heraus!« Die Familie eilte zum Garten hinab. Nur die Miß und Jimmy blieben zurück. Erstere, weil sie so leicht nichts aus der Ruhe zu bringen vermochte, letzterer, weil ihn die Reste des reichen Frühstückstisches lockten. Beide betrachteten sich mit gegenseitigem Mißtrauen.
    Inzwischen hatte Frau Ursel, deren Schritte Muttersorge beflügelte, als erste den Springbrunnen erreicht. Dort bot sich ein merkwürdiges Bild. In dem großen Steinrund, das von dem niederstäubenden Wasserbogen des Springbrunnens gefüllt wurde, jagte der kleine Juan wie ein Zirkuspferd herum, jedesmal laut aufjauchzend, wenn ihn der nasse Strahl durchweichte. Hinter ihm her - allerdings außerhalb des Steinbassins - die alte Mulattenkinderfrau, rufend und bittend. Vergeblich bemühte sie sich, ihn herauszuangeln. Frau Ursel wußte nicht, ob sie über das eigenartige Bild lachen oder schelten sollte. »Juan - gleich kommst du heraus. Du wirst dich erkälten. Ganz naß sind deine Locken. Und den schönen, neuen Anzug verdirbst du obendrein.«
    »Ach, Mammi, herrlich ist es unter der Brause. Komm doch auch herein.« Der kleine Wassergott begann die großen Schwestern, die nun auch auf ihn Jagd machten, übermütig zu bespritzen. Das gab ein Lachen, Jauchzen und Kreischen, daß die Papageien droben in den Baumzweigen ihre runden Äuglein erstaunt aufrissen. »Juan, jetzt ist es genug des Übermuts. Jetzt kommst du heraus«, befahl der Vater.
    »Bekomme ich auch das kleine Pony, Papi? Und darf ich mit dir ausreiten?« leitete der Kleine die Verhandlungen ein. »Das wird sich später finden.«
    »Nein, das soll sich gleich finden, das kleine Pony«, verlangte der Kleine, der ziemlich verzogen war.
    »Ich habe etwas viel Schöneres für dich, Juan, als das Pony - ein süßes, kleines Äffchen, Jimmy heißt es«, versuchte ihn Anita zu überreden.
    »Juan, sieh nur, wie traurig die Mammi ist, weil du ungehorsam bist«, ermahnte Marietta den kleinen Bruder.
    Was nun mehr Eindruck auf Juan machte, das Äffchen Jimmy oder die traurige Mammi, das ließ sich schwer ergründen. Er war sich wohl selber darüber nicht ganz klar, was ihn veranlaßte, dem kühlen Bade zu entsteigen und sich von der atemlosen Kinderfrau greifen zu lassen.
    »Erst den Affen sehen«, verlangte Juan.
    »Der Vater zeigt dir das Äffchen. Dann aber gehst du gleich artig mit Rosita in die Kinderstube.«
    Als man die Terrasse betrat, bot sich dort ein ähnliches Schauspiel wie vorhin am Springbrunnen. Nur daß die Schauspieler andere waren. Jimmy, das Äffchen, jagte die Miß. Rings um den Tisch jagte er die steife Engländerin, die sich atemlos mit Bambusstühlen vor ihrem Verfolger zu verbarrikadieren suchte. Vergebens. Mit einem Satz hatte Jimmy das Hindernis genommen. »Dreadful indeed!« - Die atemlose Miß konnte nicht weiter.
    »Werfen Sie doch die Orange fort, Jimmy will ja nur die Orange, die Sie in der Hand halten, Miß Smith«, rief Anita, als sie vor lauter Lachen wieder sprechen konnte. Marietta überwand sich soweit, trotz der eigenen Scheu der armen Miß zu Hilfe zu kommen. Aber Jimmy war bereits im Besitz der Orange und ließ nun von seinem Opfer ab. Die Miß war halb ohnmächtig. Man mußte ihr Brausepulver bringen und die Stirn mit erfrischenden Essenzen einreiben. Eine starke Migräne war die Folge der Aufregung. Leider hatte das bei der bösen Anita nur die Wirkung, daß diese Jimmy, das Äffchen, noch mehr in ihr Herz schloß. War man doch für diesen Tag die Miß mit ihren Anstandsregeln glücklich los.

Samariterin
     
    Vor dem Hause scharrten ungeduldig die Pferde. Es waren prachtvolle Tiere. Der Rappe war das Lieblingspferd der Donna Tavares, während die jungen Mädchen kleinere Silberfüchse als Reitpferde besaßen. Pedro, der Mulatte, hielt sie am Zügel. Er war es gewöhnt, daß man auf sich warten ließ. Langsam schritt er mit den Tieren unter den Olivenbäumen hin und her.
    Endlich erschienen die Damen. In ihren hellen Reitkostümen,
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