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Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken
Autoren: Else Ury
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zusammen. Sie sah wie ein Mohrenkind aus.
    Vronli stand am Fenster neben Marlene, nachdem sich Urmütterchen mehr als ein dutzend Mal davon überzeugt hatte, daß der Türhebel vorschriftsmäßig geschlossen war, und dann immer noch in tausend Ängsten schwebte, das Kind könnte hinausstürzen.
    »Wir fahren jetzt gerade in den Himmel hinein, Urmütterchen, zu Tante Albertinchen.« Das Kind sah sinnend in die Ferne, wo Himmel und Erde miteinander zu verschmelzen schienen.
    Urmütterchen machte traurige Augen. Sie konnte den Tod ihrer Schwester nicht verwinden.
    »Fahren die Bäumßen aber snell ... och, und der Weg läuft immer mit uns mit ... und all die niedlichen Häußen tönnen auch laufen.« Hansi war begeistert, daß alles da draußen an ihm vorüberflog. »Es ist reizend, zu beobachten, wie sich die neuen Eindrücke in dem kindlichen Geist spiegeln«, sagte Marlene nachdenklich.
    Annemarie fand diese Beobachtungen weniger reizend und war froh, als der kleine Gesell endlich Ruhe gab. Auch Ursel war auf Ilses Schoß mit kakaoverschmiertem Gesicht glücklich eingeschlafen.
    Wohltuende Stille herrschte, abgesehen von der ohrenbetäubenden Eisenbahnmusik. Aber leider nimmt alles mal ein Ende. Nur die Fahrt war endlos. Wenigstens erschien sie den eingesperrten Kindern so. Essen mochten sie nicht mehr, ans Türlein durften sie nicht, und die vorübertanzenden Bäume und Häuser waren auch nichts Neues mehr. Omamas Märchen waren alle erzählt. Ilses Taschentuchmaus hatte sich bereits sämtliche Beine ausgesprungen. Marlenes Anschauungsunterricht draußen in der Natur hatte nur zur Folge, daß Hansi in ein bitterliches Geheul ausbrach, weil der »Ontel Ssaffner« nicht halten wollte, als an einem Bach »niediche tleine Sunns, lauter Nattedeis« badeten.
    »Heisen is danz dräßlich!« Zum wievielten Male stöhnte es der kleine Reisende. Aber schließlich hatte die Lokomotive doch ein Einsehen. Sie hielt an der kleinen Station, an der Klaus seine Gäste in Empfang nehmen wollte. Da stand er, rotgebrannt, blauäugig und frohgemut neben Peter Frenssen.
    »Onkel Klaus« - »Ontel Tlaus« - »Onte Laus!« Im dreifachen Chor erklang es jubelnd. Alle Müdigkeit der Kleinen war wie weggeblasen.
    »Willkommen ins Jrüne alle miteinander! Kleinzeug, ihr krabbelt einem ja wie Ameisen mang die Beine. Reißt mich man bloß nicht um. Na, Großmama, die Reise war doch nicht etwa anstrengend? Was bedeutet solch ein Katzensprung für junge Leute! Mutter, nun sollst du dich davon überzeugen, daß aus deinem Lausbub doch noch was Rechtes geworden ist. Annemie, laß dich umarmen, Schwesterseele. Die beiden Unzertrennlichen gleich mit, das Vierteldutzend ist billiger.« Ungeniert schlang Klaus den einen Arm um Annemarie, den anderen zugleich um die Braune und die Blonde.
    »Sei doch nicht so kindisch, Klaus.« Ilse machte sich errötend frei. Auch Marlene schien die Umarmung in Gegenwart des Vetters peinlich. »Kinder, habt euch man bloß nicht. Wenn ihr zimperlich tun wollt, macht lieber gleich kehrt.« Klaus belud sich mit sämtlichen Nichten und Neffen und dem größten Teil des Handgepäcks, während Peter, nachdem er die Damen begrüßt hatte, der Großmama ritterlich den Arm reichte, um sie an den Wagen zu führen.
    Nein, wirklich, der Peter Frenssen in seiner vornehmen Zurückhaltung war doch ein ganz anderer Mensch als Klaus, dachte Marlene, mit Frau Braun folgend. Auf der staubigen Landstraße standen zwei Kutschen.
    »Zählst du noch Schimmel, Ilse?« erkundigte sich Klaus, auf das schöne Gespann weisend. »Gleich doppelt, damit' s chneller geht. Du weißt doch, beim hundertsten!« »Schade, daß ich die ganzen Jahre über seit meiner Backfischzeit nicht mehr gezählt habe. Ich könnte jetzt schon beim hunderttausendsten sein.« Gott sei Dank, nun hatte sie die Befangenheit überwunden und den harmlosen Ton wiedergefunden. »Bitte Platz zu nehmen, meine Herrschaften. In einen Wagen kommt das überflüssige Gepäck, sämtliche alte Schachteln, auch Marlene und Ilse.«
    Nein, der Klaus trieb es doch gleich zu bunt. Ilse bedauerte jetzt tatsächlich, nach Lüttgenheide gefahren zu sein.
    »Ich muß euch erst noch eine Eröffnung machen, hochverehrte Damen und Herren«, fuhr Klaus unbekümmert fort. »Mein Ahnenschloß ist zwar recht geräumig, aber wenn Hans mit seiner Familie demnächst angetanzt kommt, diesem Massenansturm doch nicht gewachsen. Auch verlangt Peter energisch sein Teil an den lieben Gästen. Er hat an seinen
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