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Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Titel: Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest
Autoren: Else Ury
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Wirbelwind ins Eßzimmer hinein.
    »Tag, Vaterchen - 'n Abend, meine geliebte Mutti! Da bin ich.«
    »Das sehen wir. Unpünktlichkeit sind wir von unserer Lotte gewöhnt. Aber heute ist's doch zu reichlich. Wo hast du dich denn rumgetrieben, du Schlingel?«
    »Ach, Vaterchen - es war wundervoll im Schloßpark!« Nesthäkchen wurde rot.
    »Im Schloßpark bei diesem Unwetter? Aber Lotte, was hattest du denn da bloß zu suchen? Den Tod konntest du dir ja holen«, ereiferte sich die Mutter.
    »Den habe ich mir nicht dort geholt, sondern etwas anderes.« Nesthäkchen machte ein pfiffiges Gesicht. »Was ich im Schloßgarten zu suchen hatte, Mutti?«
    Das Blut ging und kam in ihre Wangen. »Meinen« - sie schnappte ein paar Mal - »meinen - meinen zukünftigen Mann!«
    »Wa-as?« wie erstarrt waren die Eltern.
    Dann lachte der Vater laut heraus. »Sieh dir bloß den Strick an, Elsbeth! Welcher von den römischen Kaisern, die dort im Schloßpark ihre Steinbildnisse haben, hat es dir denn angetan, Lotte?« ging er auf den vermeintlichen Scherz ein.
    Nesthäkchen barg den Kopf in Mutters weißem Haar und brach plötzlich ganz grundlos in Tränen aus.
    »Keiner von denen - sondern - sondern Rudolf Hartenstein!« Raus war's.
    Mutti zog ihr Nesthäkchen ganz fest an ihre Brust. Kein Wort brachte sie in ihrer Erregung hervor. Nur ihre Hand strich beruhigend über das feuchte Haar ihrer Lotte.
    »Möchtest du dich vielleicht etwas deutlicher erklären?« Der Vater war ernst geworden.
    »Rudi und ich, wir haben uns lieb, lange schon!« sprudelte Annemarie da los.
    »Aber ich wollte ihn nicht heiraten, weil - ja weil ich dir doch versprochen habe, deine Assistentin zu werden, Vaterchen.«
    »Meine Lotte - meine große, dumme Lotte!« Weich und zärtlich klang Vaters Stimme. »Ja, was meinst du, Elsbeth? Können wir unser Nesthäkchen denn wirklich schon aus dem Nest fliegen lassen? Ist es denn überhaupt schon flügge?«
    »Zum Heiraten sicher noch nicht!« Frohbewegt schlang die Mutter den Arm um Mann und Kind zugleich. »Da muß sie erst tüchtig bei Hanne in die Lehre gehen und wirtschaften lernen.«
    »O bitte sehr, die schwäbischen Gerichte, die der Rudi gern mag, die kann die Hanne nicht mal kochen, Leberspätzle, Quarkknödel und Gugelhupf hab' ich bereits bei Frau Veronika in Tübingen zubereiten gelernt«, ereiferte sich Annemarie.
    »Na, da wissen wir ja, wozu du in Tübingen studiert hast, Lotte«, neckte der Vater. Er schien in bester Laune.
    Die Tür ging auf. Klaus' Krauskopf wurde sichtbar. »Gibt's schon Abendbrot?«
    »Nee, Abendbrot nicht - aber was anderes!« Nesthäkchen setzte sich in Positur.
    »Was denn? Ihr sitzt ja da, als ob ihr ein lebendes Bild ,Die heilige Familie' darstellen wollt.«
    »Da kommst du als Esel gerade recht dazu, Klaus.« Trotz ihrer neuen Würde hatte Nesthäkchens loses Mundwerk noch nichts eingebüßt.
    Klaus packte sie bei den Ohren. »Wollen mal sehen, wer längere Eselsohren hat.«
    Eine brüderlich-schwesterliche Balgerei begann.
    »Wie die Gören - und das will heiraten!« seufzte die Mutter lächelnd.
    »Was wollen wir- habe ganz und gar nicht die Absicht!« Klaus ließ vor Entsetzen Annemaries Ohren los.
    »Aber ich!« lachte Nesthäkchen.
    »Ja - du!« machte Klaus wegwerfend. »So'n Dummer muß erst noch geboren werden.«
    »Du, rede dir kein Duell auf den Hals, Kläuschen. Mein Verlobter könnte dich fordern.« · '.
    »Wer ist denn der Unglückliche?«
    »Errätst du's nicht, Klaus?«
    »Nee - keine blasse Ahnung von 'ner Idee. Kondoliere jedenfalls. Wenn du denkst, mich dumm zu machen, irrst du dich, Annemarie. Ich falle nicht drauf rein!«
    »Aber das ist doch schrecklich, daß es mir kein Mensch glauben will«, rief Nesthäkchen, halb lachend, halb verzweifelt.
    »Was will dir keiner glauben, Annemarie?« Hans erschien am Abendbrottisch.
    »Daß - daß ich mich vor einer Stunde mit Rudolf Hartenstein verlobt habe.« Es klang, als wenn Nesthäkchen als Kind etwas ausgefressen hatte.
    »Kann ich amtlich bezeugen. Mir hat Rudolf seine Liebe schon eher erklärt als dir. Komm her, Nesthäkchen. Das hast du gescheit gemacht!« Der große Bruder zerdrückte das schlanke Ding vor Zärtlichkeit.
    »Ist's denn wirklich, wahr- und wahrhaftig wahr?« Klaus sah bestürzt von einem zum andern.
    »Na, hatte ich vorhin nicht recht mit dem Esel? Der Titel ist noch viel zu zahm für dich. Nicht mal gratulieren kann er, der Klaus. Man spürt, daß er unter Kühen und Ochsen groß ge«
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