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Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Titel: Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
Autoren: Kakerlaken
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und all den anderen im Auswärtigen Amt bestimmten.
    Denn der Auftrieb war beinahe unmerklich ausgeblieben und plötzlich, eines Tages, hatte er sich im Badezimmerspiegel betrachtet und einen Verwalt ungschef auf dem Abstellgleis erkannt, einen nur bedingt einflu ssreichen Bürokraten, der den Sprung in die fünfte Etage in den letzten zehn Jahren bis zu seiner Pensionierung nie mehr schaffen würde. Außer es gelang ihm irgendeine unerwartete Heldentat. Aber diese Arten v on Heldentaten hatten den Nachteil , dass sie entweder Beförderungen oder Kündigungen bewirkten.
    Trotzdem versuchte er wie bi sher, den anderen imm er eine Nasenlänge voraus zu sein. W ar jeden Morgen der Erste im Büro, so dass er in aller Ruhe die Zeitungen und Faxe lesen konnte und seine Schlussfolgerungen bereits gem acht hatte,
    wenn sich die anderen bei de n morgendlichen Besprechungen noch den Schlaf aus den Augen rieben. Die Strebsam keit schien ihm in Fleisch und Blut übergegangen zu sein.
    Er schloss die Tür zu seinem Büro auf und zögerte einen Moment, ehe er das Licht einsch altete. Auch das ha tte eine Vorgeschichte – die Stirnlam penepisode. Leider war die an die Öffentlichkeit geraten und zu einer – wie e r wusste – beliebten Anekdote im Auswärtigen Am t geworden: Vor vielen Jahren hatte sich der dam alige Leiter der norwegischen Botschaft in den USA ei nige Wochen in Oslo aufgehalten. Er rief Torhus eines Morgens in aller Frühe an und fragte, was er von den nächtlichen Äußerungen Präsident Carters hielt. Torhus war gerade erst ins Büro gekomm en, hatte weder Zeitungen noch Faxe gelesen und war ihm eine Antwort schuldig geblieben.
    Was ihm natürlich den Tag verdorben hatte. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Am nächsten Morgen rief der Botschafter erneut an, als Torhus gerade erst die Zeitun g aufgeschlagen 14

    hatte, und fragte ihn, wie sich di e nächtlichen Geschehnisse auf die Situation im Nahen Oste n auswirken würden. Und am darauffolgenden Morgen überraschte er ihn wieder m it einer anderen Frage. Torhus hatte seine nichtssagenden, von Vorbe-halten und Inform ationsdefiziten geprägten Antworten gestammelt. Er fing an, noch früher zur Arbeit zu kommen, doch der Botschafter schien einen si ebten Sinn zu haben, denn jeden Morgen klingelte das Telefon, wenn er gerade am Schreibtisch Platz genommen hatte. Den Zusammenhang erkannte er erst, als er per Zufall erfuhr, dass der Botschafter, ein bekennender Frühaufsteher, im Hotel Lille Aker wohnte, auf der anderen Straßenseite, unmittelbar vor dem Auswärtigen Amt. Natürlich musste er bemerkt haben, dass das Licht in Torhus’ Büro früher anging als in den anderen, und vermutlich wollte er ein Spielchen mit diesem übereifrigen Staatsdiener treiben. Torhus ging in einen Laden, kaufte sich eine Stirnlampe und am nächsten Morgen hatte er alle Zeitungen und Faxe gelesen, ehe er das Licht einschaltete. Das m achte er drei W ochen lang, bis der Botschafter endlich aufgab.
    In diesem Moment aber war To rhus der spaßige Botschaf ter mehr als egal. Er hatte das K
    uvert des Nachri chtendienstes
    geöffnet und auf der dechiffriert en Papierkopie des Kryptofax stand unter dem Stempel »Streng geheim« eine Nachricht, die ihn seinen Kaffee auf die vers chiedenen Ländernotizen auf seinem Schreibtisch verschütten ließ. Der knappe Text überließ viel der Fantasie, aber die Esse nz lautete in etwa, dass der norwegische Botschafter in Thailan d, Atle Molnes, m it einem Messer im Rücken in einem Bordell in Bangkok aufgefunden worden war.
    Torhus las die Nachricht noch einmal, ehe er sie beiseite legte.
    Atle Molnes, ehemaliger Politiker der Christlichen Volkspartei und ehemaliger Vorsitzender des Finanzkomitees, gehörte somit nun gänzlich zu den Ehem aligen. Das Ganze war derart unglaublich, dass er unweigerlich zum Aker Hotel hinüberblickte, 15

    um sich zu vergewissern, dass sich dort nichts hinter einer Gardine regte. Der Absender war aber eindeutig die norwegische Botschaft in Bangkok. Torhus fluchte. W arum musste das ausgerechnet jetzt passieren, und dann auch noch in Bangkok?
    Sollte er z uerst Askildsen inf ormieren? Nein, dazu hä tte er später auch noch Zeit. T orhus warf einen Blick auf die Uhr und hob den Hörer ab, um den Außenminister anzurufen.

    Bjarne Møller klopfte vorsich tig an und öffnete die Tür. Die Stimmen im Sitzungszimmer verstummten und alle Gesichter wandten sich ihm zu.
    »Darf ich vorstellen, Bjarne Møller, Leiter des
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