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Nervenflattern

Nervenflattern

Titel: Nervenflattern
Autoren: M Gibert
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»Das ist ungewöhnlich, aber seine Entscheidung.«
    »Lassen wir es dabei«, meinte Lenz.
    Sie gab ihm einen Termin am Mittwoch der folgenden Woche und verabschiedete ihn. Er verließ das Büro und wollte sich auf den Weg zu Hain machen, mit dem er verabredet war, als ihm auf dem Flur Bert Klein begegnete. Er kannte den Kollegen vom Kommissariat Diebstahl seit vielen Jahren und hatte ihn länger nicht gesehen. Sie begrüßten sich herzlich und sprachen über die Ereignisse der letzten Zeit.
    Dann sah Klein auf die Uhr.
    »Ich muss los, die Psychotante wartet auf mich. Hast du deine Spinnerbescheinigung schon?«
    »Nächste Woche«, antwortete Lenz. »Aber ich habe sie schon kennengelernt. Sie ist eigentlich ganz sympathisch.«
    »Da hab ich aber auch schon andere Stimmen gehört.«
    Sie lachten.
    »Wir beide könnten doch mal wieder was zusammen unternehmen«, schlug Lenz vor.
    »Gerne, Paul, aber die nächsten Wochen geht da gar nichts. Documenta-Zeit ist Taschendiebe-Zeit. Wir haben Informationen, dass sogar eine Gruppe aus Lissabon auf dem Weg zu uns ist, weil die Arbeitsbedingungen hier so paradiesisch sein sollen für die Jungs. Und die Suppe wollen wir ihnen gerne versalzen.«
    »Stimmt. Wir haben ja Documenta. Wann gehts denn los?«
    »Am 16. Juni. Wie immer 100 Tage. Dann fällt Kassel wieder für fünf Jahre in seinen Dornröschenschlaf.«
    Er sah erneut auf die Uhr.
    »Ich muss jetzt aber wirklich abhauen. Ich melde mich, wenn der Stress nicht mehr ganz so groß ist. Bis dann.«
    Sie reichten sich die Hände und Klein hetzte los.
    Ja, dachte Lenz, zu spät solltest du besser nicht kommen.
    Hain wartete schon auf ihn. Er hielt den vorläufigen Bericht der Techniker in den Händen.
    »Die Karre war zwar schon sechs Jahre alt und hatte 200.000 Kilometer auf dem Buckel, aber nach Aussage der Ölfinger war das Ding gut gepflegt. Einen technischen Defekt schließen sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus«, erklärte er.
    »Schön. Dann rufe ich jetzt Oberstaatsanwalt Marnet an und entlasse ihn ins Wochenende. Und für uns ist die Geschichte damit auch beendet. Gehst du mit in die Kantine, einen Kaffee trinken?«
    »Nichts lieber als das, wenn du bezahlst. Du telefonierst und ich bringe noch meinen Einsatz für die Lottokasse zu den Jungs von der Sitte, wir sehen uns in einer Viertelstunde in der Kantine.«
    Hain war ein Jahr zuvor vom Kommissariat für Sittendelikte zu den Tötungsdelikten versetzt worden, hatte jedoch noch immer einen guten Draht zu den alten Kollegen und spielte nach wie vor jede Woche mit in deren Lotto-Tippgemeinschaft. Erfolglos allerdings, wie er gerne betonte.
     
    Lenz wollte gerade zum Telefonhörer greifen, um den Oberstaatsanwalt anzurufen, als der Apparat klingelte.
    »Lenz, guten Tag«, meldete er sich.
    »Hauptkommissar Paul Lenz?«, fragte eine Männerstimme.
    »Ja, hier spricht Hauptkommissar Paul Lenz von der Kriminalpolizei in Kassel.«
    »Mein Name ist Markus Leichter, guten Tag. Kann ich Sie sprechen, Herr Lenz?«
    Was zum Teufel glaubst du, machen wir hier, fragte sich Lenz.
    »Natürlich. Worum geht es denn?«
    »Ich habe Ihre Nummer von der Mutter von Dieter Brill bekommen und möchte gerne mit Ihnen über den Unfall von gestern sprechen. Ich bin hier vor dem Präsidium und könnte gleich bei Ihnen sein, wenn Sie Zeit hätten.«
    Scheiße, dachte Lenz.
    »Haben Sie mit der Sache zu tun, Herr …? Wie war Ihr Name?«
    »Ja, ich habe mit der Sache zu tun. Mein Name ist Markus Leichter.«
    Lenz überlegte einen Moment. Wenn der Anrufer tatsächlich etwas zu dem Selbstmord sagen konnte, musste er ihn anhören. Und wenn sich herausstellen sollte, dass der Typ ein Schwätzer war, konnte er ihn immer noch hinauswerfen.
    »Gut, Herr Leichter, aber ich muss in 10 Minuten in einer Besprechung sein«, log er. »Mehr Zeit haben wir leider nicht.«
    Er erklärte ihm den Weg zu seinem Büro, rief an der Eingangswache an, um den Besucher anzumelden, und wartete.
     
    Fünf Minuten später klopfte es. Lenz stand auf, ging zur Tür, öffnete, stellte sich vor und begrüßte seinen Gast.
    »Bitte nehmen Sie Platz, Herr Leichter. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Oder ein Wasser?«
    Markus Leichter atmete schwer und sah mitgenommen aus. Man konnte ihm ansehen, dass er die ganze Nacht nicht geschlafen und viel geweint hatte. Er war etwa 45, vielleicht 50 Jahre alt, schätzte Lenz, hatte graue Haare und sicher 40 Kilo zu viel auf den Rippen. Er war größer als der
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