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Neobooks - Dreck muss weg!

Neobooks - Dreck muss weg!

Titel: Neobooks - Dreck muss weg!
Autoren: Alexandra Richter , Alexandra Richter
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durch. »Schlägereien in der Innenstadt, Sachbeschädigung, mehrere Widerstandsdelikte. Das Übliche nach dem Wochenende. Noch eine Sachbeschädigung durch Inbrandsetzung und eine Vermisstenmeldung aus Pewsum.«
    Johann rieb sich die Bartstoppeln gegen den Strich, dass es schubberte. »Hariasses. Dass die nicht ohne Klopperei saufen können.«
    Marga setzte sich halb auf ihren Schreibtisch und nahm einen Zettel genau unter die Lupe. »Bei der vermissten Person handelt es sich um eine 82 -jährige Frau aus Pewsum. Ist gestern Nachmittag aus dem Garten ihrer Pflegeeinrichtung verschwunden.«
    »Nicht gut«, Joki schüttelte den Kopf, »heute Nacht hat es in Oldersum noch gefroren. Hoffentlich hatte die ’ne dicke Jacke dabei.«
    »Sitzt im Rollstuhl und ist dement, die Dame. Die Kollegen in Pewsum haben mit einem Trupp der freiwilligen Feuerwehr den ganzen Ort auf den Kopf gestellt, bis in die Nacht hinein. So weit kann die mit ihrem Rolli doch nicht gekommen sein.« Margas Stirn bekam wieder ein Gewinde.

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    Kapitel 4
    Uttum, Ostfriesland
    D er Junge läuft gebückt durchs hohe Gras am Rand der Weide. Vom Uttumer Kirchturm hört er drei Schläge. Eine Viertelstunde bleibt ihm noch, um eins gibt es Mittag. Geduckt läuft er weiter und fegt mit den Händen die harten Schilfhalme zur Seite, die ihm augenblicklich in die Haut ritzen. Bei jedem Schritt steigt Wasser nach oben und dringt durch die Nähte seiner Turnschuhe. Er fühlt die Feuchtigkeit in seinen Socken; seine Mutter wird sich aufregen, denn es ist immer noch frostig kalt. Der Wind weht scharf aus Nordwest und bläht ihm den Anorak auf. Er spürt die Kälte nicht. Zu zweit kommen die Fänger aus dem Schilf und nehmen ihn in die Zange. Sie sind nicht dumm, machen ihre Sache gut. Er kennt sie schon aus den letzten Ferien und auch aus den Ferien davor. Wilde Bengels, schimpft seine Mutter, er nennt sie Freunde. Immer tiefer läuft er ins Schilf, das Brackwasser reicht ihm bis an die Knöchel, nur noch schmatzend kann er die Füße aus dem Modder ziehen. Er hockt sich hin und wartet ab. Seine Blase meldet sich, er müsste dringend pinkeln, doch er kann die Stimmen seiner Verfolger hören. »Er muss hier irgendwo sein!«
    »Geh weiter bis zum Schlot, dann haben wir ihn!«
    Der Junge sitzt in der Falle. Den breiten Entwässerungsgraben zu überspringen, wird er ohne Anlauf niemals schaffen, und selbst mit Anlauf ist es ein Riesensatz. Vorsichtig läuft er parallel zum Graben weiter, geht halb in der Böschung. Er rutscht auf dem nassen Untergrund aus und tritt eine Lawine an Kleiklumpen und Steinen los, die plätschernd im Wasser verschwindet. Helles Sediment vom Grund steigt auf und wird zu einer Wolke am Wasserhimmel. Ein aufgeschreckter Fasan fliegt vor ihm aus dem Schilf, und der Junge zuckt zusammen. Ob es im Schlot noch andere Tiere gibt? Dann sieht er das Brett. Eine halbverrottete Eichenbohle, grün und eingewachsen, führt auf die andere Seite. Von wegen in der Falle. Er wippt, prüft die Festigkeit der Planke und ist auch schon drüben. Ein Gespinst aus wilden Brombeeren liegt vor ihm. Das Grundstück liegt viel höher und ist bedeutend trockener. Ein Trampelpfad führt durchs Gebüsch. Tonscherben in Rot-orange knirschen unter seinen Sohlen und färben sich dunkel, als das Wasser aus dem Nylonstoff seiner Turnschuhe quillt. Verdeckt durch einen Baumwipfel erscheint der niedrige Giebel eines alten Landarbeiterhauses. Das Gebäude ist völlig verwittert. Dachsparren ragen wie zersplitterte Knochen aus Löchern in der Ziegeldecke, auch die Fenster sind größtenteils herausgebrochen. Der Sämling einer Eberesche streckt einen nackten Trieb aus einem Loch in der Wand, als würde er am liebsten davonlaufen. Der Junge entdeckt das mahnende Schild: Betreten verboten! Der Satz mit den Eltern, die für ihre Kinder haften, ist zur Hälfte abgebrochen. Der Junge will das Haus nicht betreten, sondern er hält sich links, in Richtung Landstraße, hofft, dass er trotzdem rechtzeitig zum Essen im Dorf ist. Merkwürdig – von seinen Verfolgern ist nichts mehr zu hören. Vielleicht schluckt der Wind alle Geräusche? Selbst die dichten Brombeerbüsche bewegen sich mittlerweile so stark, dass ihm immer wieder Triebe ins Gesicht und an die Hosenbeine schlagen. Der Pfad wird breiter, das Gestrüpp weniger. Mit der Pieke tritt er gegen einen Stein, der im hohen Bogen davonschießt. Spätestens heute Nachmittag auf dem Bolzplatz wird er seine Freunde wiedertreffen. Er
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