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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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missgestalteten Eisenfingern. »Aber ich fürchte, es ist nicht ganz so einfach.«
    »Einfach!«, ächzte Corleanis.
    »Einfach«, bestätigte Abu Dun. »Wenn es um Hexerei geht, dann verbrennt man die Hexe, und es ist gut. Oder man sieht ein, dass es so etwas wie Hexerei nicht gibt, und die Erklärung vielleicht viel schlimmer ist.«
    Don Corleanis sah noch einen halben Herzschlag lang einfach nur hilflos aus, dann presste er wütend die Lippen aufeinander und fuhr auf dem Absatz herum. In dem Blick, mit dem er Hasan nun maß, war nur noch sehr wenig Ehrfurcht zu erkennen, doch dafür etwas, das Ali dazu zu bewegen schien, die Hand schon wieder auf den Schwertgriff zu senken.
    »Eminenz, ich bestehe darauf, dass …«
    »… ich mich um diesen schrecklichen Vorfall kümmere«, fiel ihm Hasan ins Wort, »und das mit gutem Recht. Du hast mein Wort, dass wir herausfinden werden, was diesem armen Mann widerfahren ist. Und ich werde für die Seele deines Bruders beten. Sein Name war Stefano, sagst du?«
    Corleanis nickte. »Ja«, sagte er perplex, »aber …«
    »Dann werde ich ein zusätzliches Vaterunser für Bruder Stefanos Seelenheil beten«, fuhr Hasan fort. »Und du solltest dasselbe tun, wie es die Pflicht eines jeden guten Christenmenschen ist. Und zünde eine Kerze für ihn an, wenn du wieder nach Hause zurückgekehrt bist.«
    »Aber das meine ich …«
    »Und nun gehe und sorge dafür, dass deine Männer sich mit dem Löschen der Ladung beeilen.«
    Auf Corleanis’ Gesicht war jetzt keine Ehrerbietung mehr zu erkennen, sondern blanker Zorn, und er presste die Lippen so fest zusammen, dass sie praktisch verschwanden. Doch er widersprach nicht noch einmal, sondern rang sich nur ein knappes Nicken ab und hatte es nun so eilig zu gehen, dass er auf der steilen Treppe ins Stolpern geriet und beinahe gefallen wäre. Abu Dun machte ein schadenfrohes Gesicht, doch sein Blick war besorgt. Er zog den verschrumpelten Leichnam endgültig aus der Bilge und tauchte seine besudelte Eisenhand bis zum Ellenbogen ins Wasser, um sie zu säubern; auch wenn Andrej beim Anblick der fauligen Brühe bezweifelte, dass das viel nutzte.
    Hasan wartete, bis Corleanis’ zornige Schritte auf den Brettern über ihnen verklungen waren, bevor er sich an den zweiten Schmuggler wandte, den Ali zurückgehalten hatte. »Du hast ihn gefunden?«
    Der Mann nickte nervös. Er sah überallhin, nur nicht in Richtung des entstellten Leichnams oder in Hasans Gesicht. »Ja«, flüsterte er. »Ich habe ein Geräusch gehört und …«
    »Wieso hast du gesagt, die Toten kommen zurück?«, fiel ihm Ali ins Wort.
    »Weil … weil er sich bewegt hat«, stammelte der Mann.
    »Bewegt«, wiederholte Ali. Ein dünnes Lächeln erschien auf seinen Lippen. »Und das hast du gesehen?«
    »Nein!« Herman schüttelte heftig den Kopf. »Aber ich habe es gehört. Ein Kratzen … es kam von dort hinten. Ich dachte, es wäre ein Tier. Eine Ratte vielleicht. Ich bin hingegangen, und da habe ich gehört, wie etwas am Boden gekratzt hat.«
    »Und dann hast du die Bretter weggenommen.«
    »Und ihn gefunden, ja«, bestätigte der Schmuggler. »Er hat sich bewegt. Ich habe es genau gesehen. Er hat mich angesehen und wollte nach mir greifen.«
    »Bewegt?«, fragte Ali.
    »Und er wollte nach dir greifen?«, fügte Abu Dun hinzu und deutete auf die zermalmte Hand. »Damit?«
    »Ich weiß, wie sich das anhört«, sagte der Mann ängstlich. Er zitterte am ganzen Leib. »Aber ich bin ganz sicher, dass ich es gesehen habe!«
    »Das glaube ich dir«, sagte Ali. »Das Licht hier unten ist schlecht. Du warst gewiss sicher, tatsächlich etwas zu sehen. Ein solcher Anblick kann selbst den Stärksten erschrecken. Niemand nimmt es dir übel.«
    »Aber ich weiß doch, was ich …«, begehrte der Mann auf, und nun unterbrach ihn Hasan, indem er sacht die Hand hob und ebenfalls den Kopf schüttelte. »Es ist gut, mein Sohn«, sagte er. »Du hast recht daran getan, uns zu alarmieren. Ich wollte, alle Männer wären so wachsam wie du. Aber nun geh und hilf den anderen, das Schiff zu entladen.«
    Der Mann starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, fuhr dann auf dem Absatz herum und rannte regelrecht die Treppe hinauf. Hasan wandte sich an Ali. »Deine Männer sollen ihnen helfen. Dieses Schiff muss hier weg, so schnell es geht.«
    »Ihr solltet nicht …«
    »Und nimm Ayla mit«, fuhr Hasan mit leicht erhobener Stimme fort. »Das ist wirklich kein Anblick für ein Kind. Ich möchte allein mit
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