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Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Titel: Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Autoren: Arne Dahl
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Opcop-Gruppe zu laufen. Es waren dieselben, und doch auch nicht mehr. Dabei war alles wie bisher: die offene Bürolandschaft, die Besprechungsecke, die sie das »Whiteboard« nannten, der Konferenzraum mit dem sakralen Spitznamen »Kathedrale« und Paul Hjelms Chefbüro, mit Blick auf das Großraumbüro und über den Raamweg auf die Innenstadt. Als er in dem leer geräumten Zimmer aus dem Fenster über die Stadt sah, meinte er, die asymmetrischen Konturen des neuen Hauptquartiers von Europol ausmachen zu können, das sich auf der anderen Seite des kleinen Stadtparks Scheveningse Bosjes befand.
    Der Umzug war praktisch überstanden, nicht zuletzt, weil sich Teile der Gruppe die ganze Zeit in Amsterdam aufhielten, wegen eines sehr personalintensiven Auftrags. Die Räume standen leer. In der Bürolandschaft, wo in den vergangenen Jahren so viele Gedanken gewälzt worden waren, befand sich kein einziger Computer mehr, kein Stuhl, nicht einmal ein Schreibtisch. Das Whiteboard zeichnete sich jetzt in erster Linie durch seine Abwesenheit aus, die elektronische Whiteboard-Tafel war längst umgehängt worden. Die Kathedrale sah aus, als hätte sie schwere Kriegsschäden zu beklagen. An den Wänden gähnten siebenundzwanzig rechteckige Löcher, in denen einst die Bildschirme der siebenundzwanzig EU-Mitgliedsstaaten angebracht waren, mit deren Repräsentanten die Gruppe in Kontakt stand. Und das Chefbüro war so leer, wie Paul Hjelm sich fühlte.
    Allerdings fühlte sich das gut an.
    Eine Ära war vorbei. Eine neue würde beginnen. Und sie begann auf die denkbar beste Weise.
    Er ging auf den Ausgang zu. Als er sich noch einmal umdrehte, wurde ihm bewusst, dass er diesen Raum vermutlich zum letzten Mal sehen würde. Er verharrte für einen Augenblick und sog die Erinnerung an die wahrscheinlich wichtigsten Jahre seines beruflichen Lebens in sich auf.
    Und die einsamsten seines Privatlebens.
    Allerdings war das nun auch vorbei. Während er Richtung Amsterdam nach Norden fuhr, steigerte sich seine Vorfreude zu einem fast pubertären Gefühl. Ein Glücksempfinden erfüllte seinen Körper während der fünfzig Kilometer auf der Autobahn, und als er die Ausfahrt mit dem eigenartigen rhythmischen Namen Haarlemmermeer nahm, begann sein Herz in einem anderen Takt zu schlagen. Rhythmischer.
    In Haarlemmermeer befindet sich der größte Flughafen Europas, und in Schiphol, direkt am Ankunftsgate, wurde ihm bewusst, dass sein Leben noch einmal neu begann. Die zweite Hälfte seiner Lebensphase läutete sich in dem Augenblick ein, als er sie erblickte. Klein, dunkelhaarig, bescheiden, und trotzdem hatte sie eine Ausstrahlung, die ihn überwältigte, als sie ihn erblickte und ihn anlächelte.
    Für beide war es ein Gefühl, als würden sie nach Hause kommen, Paul Hjelm und Kerstin Holm.
    Sie hatten nie Schwierigkeiten, miteinander zu sprechen, eher damit aufzuhören. Aber dieses Mal fiel es ihnen schwer, die richtigen Worte zu finden. Jede Aussage hörte sich irgendwie platt an. Deshalb schwiegen sie, bis er ihr Gepäck im Kofferraum verstaut hatte und sie im Auto saßen. Dann erst küssten sie sich. Es war ein langer Kuss.
    Dann räusperte sie sich und sagte: »Jorge lässt grüßen und dankt.«
    »Wofür denn?« Paul Hjelm lachte auf und startete den Motor.
    »Dafür, dass er wieder ein bisschen Chef sein darf.«
    Hjelm lachte noch lauter. »Du dagegen bist jetzt alles andere als eine Chefin.«
    »Damit komme ich für ein paar Wochen klar«, entgegnete Kerstin Holm und lächelte.
    Dann schwiegen sie. Es fühlte sich gut an.
    Auf Höhe des Rembrandtparks sagte Kerstin: »Das Ambassade Hotel, oder ...?«
    »Herengracht.« Paul nickte. »Eine kleine Suite mit Blick auf den Kanal.«
    »Wie feudal!« Kerstin lächelte. »Aber ...?«
    »Aber was?«
    »Es klang, als hättest du noch ein ›Aber‹ auf der Zunge.«
    »Hast du schon einmal darüber nachgedacht, Detektivin zu werden?«
    »Also nicht zuerst in die Herengracht, sondern in die Lauriergracht?«
    »Hättest du was dagegen? Es ist nur ein paar Hundert Meter vom Hotel entfernt. Bloß kurz vorbeischauen. Dann kannst du das live erleben. Außerdem lernst du unsere Neuen kennen.«
    »Wovon der eine verdammt hart arbeitet, wie ich gehört habe.«
    »Adrian, ja. Wir sind gerade ungewöhnlich stark auf seine Fähigkeiten angewiesen. Um keine externen Dolmetscher einsetzen zu müssen.«
    Kerstin Holm nickte. Sie hatte nichts dagegen. Wie sollte sie das auch? Sie hatte sich nur auf etwas anderes
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