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Nebra

Nebra

Titel: Nebra
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Bewe-gung nur, doch sie reichte aus, um sie für einen Moment abzulenken. Die Umrisse eines großen schwarzen Vogels. Mit weit gespreizten Schwingen stand die Erscheinung vor dem hell leuchtenden Feuer und warf einen riesigen Schatten gegen die Wand. Zu spät bemerkte Cynthia, dass der Vogel nur eine Illusion war, ein Trugbild, heraufbeschworen von der vermeintlich ohnmächtigen Hohepriesterin. Zu spät erkannte sie den knorrig verdrehten Stab in der Hand der am Boden liegenden Frau, der genau auf den Wächter gerichtet war. Und zu spät wurde sie sich bewusst, dass das Wesen zu ihren Füßen sich nur bewegte, weil die Hexe ihm dass das Wesen zu ihren Füßen sich nur bewegte, weil die Hexe ihm
    Michaels linke Hand schloss sich wie ein Schraubstock um Hannahs Hals. In der Rechten immer noch den Dolch haltend, drückte er zu.
    Ihr Blick fiel auf die gelblich glänzende Klinge, deren Spitze bedrohlich vor ihren Augen stand. Sie erwartete den tödlichen Stoß, als sie eine schnelle Bewegung von der rechten Seite bemerkte, gefolgt von einem trockenen Schlag. John rammte dem Schamanen seinen Ellenbogen gegen die Schläfe. Der Würgegriff lockerte sich, dann ließ die Hand sie gänzlich los. Nach Luft ringend, sackte Hannah auf die Knie, während die beiden Männer miteinander rangen. Sie blickte auf und sah, dass John Michael von hinten gepackt hielt und ihm die Luft abdrückte. Michael hob die Hand mit dem Dolch, um seinen Widersacher damit zu treffen, doch es schien, als habe John genau darauf gewartet. Mit einem wuchtigen Hieb gegen das Handgelenk des Schamanen schlug er ihm die Waffe aus der Hand. Der Dolch landete im Staub vor Hannahs Knien. »Nimm ihn«, rief er. »Schnell!«
    Den wütenden Schreien des Schamanen zum Trotz griff Hannah nach der Klinge. Dann stand sie auf. Ihre Beine zitterten immer noch. »Was soll ich damit?«, fragte sie benommen. »Gib ihn mir zurück«, stieß Michael zwischen seinen zusammengepressten Zähnen hervor. »Er nützt dir ja doch nichts.« »Du musst ein Blutopfer bringen«, rief John, der größte Mühe zu haben schien, den tobenden Schamanen festzuhalten. »Nur so kannst du den Dämon kontrollieren.« »Das wird dir nicht gelingen«, keuchte Michael. »Du wirst verbrennen, genau wie all die anderen Frevler, die das Ritual unvorbereitet ausführen wollten. Gib mir den Dolch zurück!« Als er erkannte, dass seine Worte bei Hannah wirkungslos waren, fing er an, geheimnisvolle babylonische Formeln herzubeten. Vermutlich ein letzter verzweifelter Akt, den Dämon wieder unter Kontrolle zu bringen. Doch die Worte verpufften wirkungslos ohne die Macht des Dolches. Das Flammenwesen hielt sich im hinteren Teil der Höhle auf und rührte sich nicht vom Fleck. Der Dolch schien der Dreh- und Angelpunkt der Beschwörung zu sein.
    In diesem Moment hörte Hannah einen Schrei von der linken Seite. Sie drehte sich um. Cynthia stand da und blickte zu ihnen herüber. Irgendetwas schien nicht zu stimmen. Das Schwert war ihren Fingern entglitten. Die Augen der jungen Frau waren weit aufgerissen, als sie die Hände auf den Bauch gepresst hielt. Hannah sah, wie sich ein dunkelroter Fleck auf ihrer Hose ausbreitete. Cynthia taumelte ein paar Schritte vorwärts, dann stürzte sie zu Boden. Ehe Hannah sich noch recht besinnen konnte, war eine Bewegung neben ihr zu erkennen. Der Wächter.
    Seine Muskeln spannten sich. Mit unnatürlichen Bewegungen, zitternd und taumelnd wie eine defekte Marionette, richtete er sich auf. Was für eine teuflische Konstitution musste dieses Wesen haben. Hannah hätte schwören können, dass der letzte Hieb tödlich gewesen war. Doch was auch immer geschehen war, eines war sicher: Cynthia schwebte in höchster Gefahr.
    So schnell es ihr möglich war, ließ Hannah John und den Schamanen zurück und eilte ihr zu Hilfe. Der Aufprall mit dem Wächter war so hart, dass sie beide zu Boden gingen. Hannah war zuerst wieder auf den Beinen und führte einen geschwungenen Hieb gegen die Kehle des Monsters. Blut spritzte durch die Luft und landete klatschend auf dem nackten Fels. Der Wächter taumelte und stürzte dann erneut zu Boden. Was immer ihn am Leben hielt, es war offenbar zu schwach für eine wirksame Gegenwehr. Hannah ging zu der Hohepriesterin hinüber und entwand ihren Fingern den knorrigen Stab. Dann schlug sie zu. Ein blauer Blitz löste sich aus der Spitze des Stabes. Mit einem Schluchzen brach die alte Frau zusammen. Die Federn verbrannten, während die Haut darunter
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