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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition)
Autoren: Heinz Zwack
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dem Schnee, den wir hier haben, sicherlich eine erfreuliche Aussicht. Ich war da noch nie, obwohl ich mir das schon oft vorgenommen habe. Vielleicht sollte ich mal eine Woche Urlaub machen und Sie besuchen, wenn Sie dort sind.«
    Ich beteuerte, dass er uns damit eine große Freude machen würde, und dann kreiste unser Gespräch längere Zeit um die klimatischen Verhältnisse an der Atlantikküste Georgias im Vergleich zu denen im Westen Floridas und am Golf von Mexiko. Jacques Dupont war uns beiden zu einem echten Freund geworden, wir hatten ihn die letzten Wochen wirklich vermisst. Seit wir aus München weggezogen waren, waren die Kontakte zu unseren Freunden dort recht spärlich geworden, spontane Besuche über eine Distanz von mehr als hundert Kilometern sind selten, und auch die Kinder hatten wir mit Ausnahme der Geburtstagsfeier vor drei Wochen nur gelegentlich per Mobi gesprochen.
    »Das müssen ja wichtige Gespräche gewesen sein, wo Sie doch gleich wochenlang mit Ihren Kollegen zusammengesessen haben«, versuchte ich nach einer Weile, das Gespräch in neue Bahnen zu lenken.
    »Allerdings«, nickte Dupont, »und Sie spielen dabei auch eine gewisse Rolle …«
    ***
     
    Es wurde ein langes Gespräch und Carol und ich kamen aus dem Staunen nicht heraus. Wir waren beide Kinder einer gewachsenen Demokratie, ich mit einer Tradition von zwei, Carol eher von vier oder fünf Generationen, und daher stand für uns zweifelsfrei fest, dass grundsätzliche Veränderungen in der Politik einer demokratischen Regierung oder Partei meist mehrere Jahre brauchten.
    Was da die Weisen in Luteta binnen nur dreier Wochen beschlossen hatten, grenzte aus dieser Erfahrung heraus an ein Wunder – nämlich nicht mehr und nicht weniger, als die Politik des Versteckspiels gegenüber unserer Welt so schnell wie möglich aufzugeben, offiziell diplomatische Beziehungen aufzunehmen, sozusagen von Zeitlinie zu Zeitlinie, unter anderem auch mit dem Ziel, gemeinsam das Thema ›Dimensionstransition‹ zu erforschen, was zugegeben seriöser, aber auch affektierter klang als ›Rutsch‹.
    Ermöglicht hatte diesen Politikwandel das Geschehen um Antolax, der bisherigen Führungsfigur der Traditionalisten, die sich von seinen Zielen losgesagt hatten, seit ihnen klar geworden war, in welche Extreme sich ihr Vordenker verstiegen hatte. Zwei seiner ehemaligen Gefolgsleute hatten sich auf einer abenteuerlichen Reise aus seiner Hochburg in der Germaniawelt nach Luteta durchgeschlagen und so abstoßende Dinge über sein menschenverachtendes Verhalten und die politischen Zustände im ›Großdeutschen Reich‹ und der dort herrschenden Diktatur berichtet, dass die Regierung einstimmig beschlossen hatte, den Kontakt zu jener Zeitlinie aufzugeben und sich nur auf ein paar geheime Beobachter dort zu beschränken. Den vielsagenden Blick, den Dupont mir bei diesem Abschnitt seines Berichts zuwarf, konnte ich erst später deuten.
    »Damit ist die Germaniawelt auf dieselbe Stufe wie die Roma-Aeterna-Welt gestellt. Dafür werden wir uns künftig wesentlich intensiver in dieser hier engagieren. Und da wir nicht über beliebig viele Personen verfügen, die sich für den Einsatz in Anderwelten eignen, wollen wir auch unser Engagement in der Amerikawelt, also der Ihren, Bernd, reduzieren«, hatte Dupont schmunzelnd hinzugefügt.
    »Und wenn ich jetzt von einer weiteren Entscheidung berichte, die wir gemeinsam in Luteta getroffen haben, so kann ich nur hoffen, dass diese auch Ihre Zustimmung findet«, fügte er mit einem verschwörerischem Lächeln hinzu und legte eine Kunstpause ein.
    Carol und ich sahen einander verblüfft an. Was hatten wir mit der Regierung in Luteta zu tun, fragten unsere Blicke.
    Dupont wartete ein paar Augenblicke, als wolle er uns zum Fragen ermuntern, und nickte dann.
    »Sehen Sie, Kontakt aufnehmen kann natürlich nicht heißen, dass ich morgen nach Dresden in die Föderationshauptstadt gehe und um einen Termin beim Außenminister bitte. Falls für Kontakte zu Anderwelten nicht etwa der Innenminister zuständig ist«, fügte er mit leichtem Lächeln hinzu. »Aber das würde die Sache wesentlich verkomplizieren, da es in der Europäischen Föderation ja keinen Innenminister, sondern nur eine Konferenz der Innenminister der Mitgliedsstaaten gibt. Erstens würde ich vermutlich gar keinen Termin bekommen und zweitens, wenn doch, würde man mich entweder für verrückt halten und mich zum Psychiater schicken oder mich den Medien zum Fraß
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