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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman
Autoren: Bernhard Hennen
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zierten. Flüchtig betrachtet mochte es wie das Gepäck eines frommen Reisenden erscheinen, wäre da nicht der Schlauch gewesen, der unten aus dem Rucksack herausragte und in einer bedrohlich aussehenden Metalldüse endete.
    Neben Wschodnilas stand Pater Anselmus, der sich hin und wieder einen Schluck aus einem Fläschchen genehmigte, das er in seinem Mantelfutter verborgen trug. Selbst in der Dunkelheit konnte man den Priester zittern sehen.
    Die übrigen vier Gefährten des Inquisitors waren nicht so leicht auszumachen. Schon auf der Fahrt von Königswinter nach Köln hatten sie sich umgezogen. Sie trugen nachtschwarze Tarnanzüge und schwarze Skimasken. Außerdem hatten sie unförmige Nachtsichtgeräte umgeschnallt, die sie aussehen ließen, als seien sie einem billigen Sciencefiction-Film entsprungen.
    Als Waffen trugen sie geweihte Kreuze und vor allem Hochdruckwasserpistolen mit auf den Rücken befestigten Versorgungskanistern, die sie während der Fahrt aus einem Tank im Inneren des großen schwarzen Geländewagens nachgefüllt hatten. Es schien, als verfüge Pater Wschodnilas über einen schier unerschöpflichen Vorrat an Weihwasser. Mit mattschwarzem Lack abgesprüht und zusätzlich mit Laserpointern aufgerüstet, sah das ehemalige Kinderspielzeug nun so aus, als sollte man besser einen Waffenschein dafür haben.
    Zum Friedhof hatten die Söldlinge des Inquisitors noch dicke Isomatten und Tarnnetze mitgenommen, die sie sorgfältig mit welkem Laub spickten. Obwohl Till beobachtet hatte, wo die vier in Stellung gegangen waren, hätte er inzwischen nicht mehr mit Sicherheit sagen können, welche der zahlreichen Laubhaufen auf dem kleinen Friedhof ein überraschendes Innenleben hatten, wäre da nicht die gute Kinderstube der Wasserpistolenscharfschützen gewesen. Regelmäßig erzitterte der große Laubberg neben der geborstenen Grabplatte links von Till unter einem heftigen Nieser. Hauptwachtmeister Kowalski war es nicht mehr gewohnt, sich längere Zeit außerhalb eines Streifenwagens mit Standheizung aufzuhalten, und hatte sich auf dem Drachenfels einen gehörigen Schnupfen geholt. Jedes Mal, wenn sein Niesen wie ein Trompetenstoß über den nächtlichen Friedhof hallte, erklang aus drei nahe gelegenen Laubhaufen ein höfliches »Gesundheit«.
    »Wir hätten das auf Heinzelmännerart zu Ende bringen sollen«, brummelte Wallerich, der neben Till auf einem mit Totenköpfen und Knochen geschmückten Grabstein kauerte. Er war als Vertreter der Zwergenvölker mitgekommen, als ihre kleine Expedition in aller Eile Königswinter verließ. »Wenn der Erlkönig noch seine Sinne beisammenhat, lässt der sich hier sowieso nicht mehr blicken. Und sollte er doch auftauchen, hätten wir ihn besser Rölps und seinen Männern überlassen als diesen Witzfiguren hier.«
    »Ich glaube, diese Witzfiguren haben die Schlacht am Drachenfels entschieden«, entgegnete Till knapp.
    »Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn«, murrte Wallerich und nestelte an dem Verband an seiner rechten Hand herum. »Wir warten jetzt schon drei Stunden. Ich glaube nicht, dass der Albenfürst noch auftaucht. Er wird sich denken können, dass wir hier sind.«
    »Und wo ist dann Neriella, wenn alles in Ordnung ist?«, fragte Till aufgebracht. Er war schon mehrmals zu dem großen Baum der Dryade hinübergegangen und hatte ihren Namen gerufen, doch nichts rührte sich. Nicht einmal Marie Antoinette, die Eichhörnchendame, die für gewöhnlich den Baum bewachte, hatte sich blicken lassen.
    »Dryaden sind flatterhafte Wesen. Sie macht wahrscheinlich einen kleinen Ausflug.«
    »Du weißt, dass sie nicht weiter als hundert Schritt von ihrem Baum fortkann. Sie hätte uns längst bemerken müssen!«
    »Ja, ich weiß.« Wallerichs Stimme hatte plötzlich alle abweisende Schroffheit verloren. »Und ich mache mir verdammt noch mal genau so große Sorgen wie du. Deshalb wäre es mir auch lieber, Rölps und ein paar kompetente Schläger hier zu haben statt dieser verfluchten Weihwasserspritzer! Weißt du, dass wir drei Heinzelmänner nach Nebenan zur magischen Behandlung durch Mozzabella schicken mussten, weil sie ein paar Tropfen Weihwasser abbekommen hatten und sich teilweise in rosa Wölkchen auflösten? Nicht auszudenken, was passiert, wenn die hier loslegen und Neriella …«
    Ein grünlicher Blitz zuckte um den Stamm von Neriellas Baum. Dann konnte man zwei Gestalten erkennen, die aus der Esche herausgetreten waren. Der Erlkönig hielt Neriella wie einen
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