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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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zerbrochene Veranda fenster hoben.
    Draußen herrschte in dieser Nacht Windstille, aber die Luft war kalt.
    »Woher weißt du das?«, fragte Tommy misstrauisch.
    »Stand heute früh in der Zeitung.«
    Er hörte Freddys heiseres Lachen in der Dunkelheit.
    »Na, dann ist jetzt wohl alles vorbei«, sagte Tommy. »Dann kannst du ja gleich dort anrufen und uns verpfeifen. Vielleicht gibt es Strafminderung für dich.«
    Er verzog die Unterlippe und schob den Unterkiefer vor, das war seine Art zu lächeln.
    Henrik erwiderte das Lächeln. Auf der Insel gab es Tausende von Sommerhäusern, die es zu bewachen galt, und außerdem arbeiteten die Polzisten meistens nur tagsüber.
    Sie legten die Wanduhr in den Laderaum. Dort standen bereits ein klappbares Trainingsfahrrad, zwei große Vasen aus poliertem Kalkstein, ein Videorekorder, ein kleiner Außenbordmotor, ein Computer und ein Drucker sowie ein Fernseher mit Stereoboxen.
    »Wollen wir los?«, fragte Tommy, nachdem sie die Rücktür geschlossen hatten.
    »Ja, ich glaube, mehr ist nicht zu holen.«
    Henrik ging trotzdem noch einmal zurück zum Haus, um das zerbrochene Fenster zu schließen. Er sammelte ein paar kleinereSchiefersteine, die er in den Spalt im Holzrahmen klemmte, um das Fenster zu arretieren.
    »Jetzt komm schon«, rief ihn Tommy ungeduldig.
    Für die Brüder war das die reinste Zeitverschwendung, hinter sich das Haus abzuschließen. Henrik aber wusste, dass es Monate dauern konnte, bis dort jemand vorbeischauen würde. Und durch ein offenes Fenster würden Regen und Schnee ungehindert eindringen und die Einrichtung zerstören.
    Tommy startete den Motor, sobald Henrik auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. Dann schob er die Türverkleidung der Fahrerseite ein Stück zur Seite und holte ein kleines Päckchen hervor. Darin lagen in Haushaltspapier gewickelte Kristalle – Methamphetamine.
    »Willst du auch noch was?«, fragte Tommy.
    »Nein. Ich hatte genug.«
    Die Kristalle hatten die Brüder von ihrer Europatour mit gebracht, um sie zu verkaufen und selbst zu konsumieren. Das Zeug wirkte wie ein kräftiger Tritt in den Hintern, aber wenn Henrik mehr als eine Dosis am Abend nahm, wurde er so zittrig wie eine Flaggenstange und hatte Schwierigkeiten, logisch zu denken. Die Gedanken wirbelten durcheinander, und er konnte nicht einschlafen.
    Außerdem war er kein Junkie – aber eben auch kein Langweiler. Eine Dosis war in Ordnung.
    Tommy und Freddy schienen nicht dieselben Probleme zu haben wie er, oder aber sie hatten vor, die ganze Nacht wach zu bleiben, wenn sie wieder in Kalmar waren. Sie stopften sich die Kristalle mitsamt dem Haushaltspapier in den Mund und spülten alles mit Wasser runter. Dann gab Tommy Gas. Er fuhr um das Haus herum und bog auf die Hauptstraße.
    Henrik sah auf seine Uhr – es war kurz vor halb eins.
    »Auf zum Bootshaus«, sagte er.
    An der Kreuzung zur Landstraße hielt Tommy ordnungsgemäß am Stoppschild an, obwohl die Straße vollkommen verlassen vor ihnen lag. Dann bog er Richtung Süden ab.
    »Fahr da lang«, sagte Henrik nach etwa zehn Minuten, als der Wegweiser nach Enslunda auftauchte.
    Niemand begegnete ihnen. Der Kiesweg endete bei den Bootshäusern, und Tommy fuhr den Lieferwagen so nahe wie möglich an das Häuschen heran.
    Es war so dunkel wie in einer Höhle, aber im Norden konnte man das Licht des Leuchtturmes von Åludden sehen.
    Henrik öffnete die Wagentür, und sofort war das Rauschen der Wellen deutlich zu hören. Das Geräusch drang vom pechschwarzen Meer herauf. Er musste unwillkürlich an seinen Großvater denken, der an diesem Ort vor sechs Jahren gestorben war. Algot war fünfundachtzig und schwer herzkrank gewesen. Trotzdem hatte er sein Bett verlassen, sich ein Taxi gerufen und sich an einem windigen Wintertag zu seinem Bootshaus fahren lassen. Der Taxifahrer hatte ihn an der Straße aussteigen lassen, und kurz darauf musste er einen schweren Infarkt bekommen haben. Algot war es noch gelungen, sich bis zum Bootshaus zu schleppen. Dort hatte man ihn am nächsten Tag tot aufge funden.
    »Ich habe eine Idee«, sagte Tommy, während sie ihre Beute im Licht der Taschenlampen ins Bootshaus trugen. »Ein Vorschlag nur. Hört zu und sagt mir, wie ihr ihn findet.«
    »Was ist es denn?«
    Tommy reagierte nicht. Er beugte sich in den Laderaum des Lieferwagens und zog etwas hervor. Es sah aus wie eine schwarze Wollmütze.
    »Die hier haben wir in Kopenhagen eingesteckt«, erklärte er.
    Dann hob er das schwarze

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