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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi
Autoren: emons Verlag
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machen
und verstehen, warum sich der oder die Täter diesen Ort ausgesucht hatten.
    »Die Schwebefähre
ist rechtlich kein Schiff, sondern eine Art ›Seilbahn‹. Deshalb muss der
Schwebefährenführer«, Thomsen schmunzelte, »er heißt wirklich so, im
Unterschied zu den anderen dreizehn Fähren am Kanal, kein nautisches Patent
haben. Außerdem betreiben wir die Schwebefähre im Ein-Mann-Betrieb. Bis auf die
Fähre in Breiholz haben alle anderen Fähren eine Zwei-Mann-Besatzung, neben dem
Schiffsführer noch den Decksmann. Das ist vorgeschrieben, damit die Fähren auch
bei Rettungseinsätzen eingesetzt werden können. Erst vor Kurzem gab es eine
spektakuläre Aktion bei der Havarie mit dem polnischen Frachter.«
    »Das ist
kostspielig«, warf Lüder ein.
    »Ja«, stimmte
Thomsen zu. »Weil der Kanal aber eine Bundeswasserstraße ist, werden die etwa
fünf Millionen Menschen pro Jahr kostenlos befördert.«
    »Fünf Millionen?
In Rendsburg?«, staunte Lüder.
    Thomsen lachte.
»Nein, insgesamt. Diese hier dient hauptsächlich der Schülerbeförderung, den
Fußgängern und ist natürlich eine touristische Attraktion. Der Autotransport
spielt eine untergeordnete Rolle.«
    Jetzt hat die
Fähre eine weitere Funktion erhalten, dachte Lüder. Sie ist als Mordwerkzeug
missbraucht worden.
    »Gibt es einen
Vierundzwanzig-Stunden-Betrieb?«, fragte Lüder.
    »Nein. Die Fähre
nimmt um fünf Uhr früh vom südlichen Ufer aus, also hier von Osterrönfeld, den
Betrieb auf. Sie fährt bis dreiundzwanzig Uhr, ab November im Winterbetrieb nur
bis zweiundzwanzig Uhr, alle Viertelstunde nach Fahrplan, der natürlich
abweichen kann, abhängig vom Verkehr auf dem Kanal. Wenn dort ein dicker Pott
entlangläuft, muss die Fähre darauf Rücksicht nehmen und warten.«
    Dann ist das Opfer
nach zweiundzwanzig Uhr und vor fünf Uhr angebunden worden, überlegte Lüder.
Die Tatausführung war in diesem Fall eine ganz andere, trotzdem gab es
Parallelen zu dem grauenvollen Mord am Husumer Verkehrspolizisten Jörg
Asmussen, den die Täter von einer Brücke bis kurz über die Gleise herabgelassen
hatten, wo er vom ersten Zug überfahren wurde.
    Lüder sah in die
Höhe. Dort oben, genau über ihrem jetzigen Standort, hatte er Kummerow gejagt,
der über die Hochbrücke flüchten wollte und dabei übersehen hatte, dass das
zweite Gleis wegen Bauarbeiten gesperrt war. Während der Kindermörder
abgestürzt und nur wenige Meter von Lüders jetzigem Standort aufgeprallt war,
hatte Lüder sich in letzter Sekunde vor einem vorbeifahrenden Zug retten
können.
    Er verdrängte
diesen Gedanken und fragte Thomsen: »Wie funktioniert die Schwebefähre?«
    Sie hatten den
Unterschlupf verlassen und waren auf die Fähre getreten, die sich kurz darauf
in Bewegung setzte.
    Der Mann vom
Wasser- und Schifffahrtsamt zeigte auf die Anlage. »Die Fährbühne, wir nennen
sie auch Gondel, hat ein Eigengewicht von fünfundvierzig Tonnen. Sie hängt an
den Seilen da oben«, er zeigte in die Höhe, »an der Stahlkonstruktion, die u-förmig
ist und mit insgesamt acht Rädern auf zwei Schienen läuft, die beidseitig des
Brückenträgers angebracht sind. Insgesamt vier Elektromotoren sorgen für den
Antrieb jedes zweiten Rades.«
    Die Anlage war
nicht umsonst ein technisches Meisterwerk, ein Magnet für zahlreiche Besucher
Rendsburgs. Warum hatten sich die Täter ausgerechnet diesen Ort ausgesucht? Was
wollten sie damit bekunden?, fragte sich Lüder. Die Art der Tatausführung
sollte möglicherweise ein Hinweis sein. Eine Warnung? Ein Zeichen?
    In der
Zwischenzeit hatten sie den Kanal überquert und waren auf der Rendsburger Seite
angekommen.
    Lüder sah dem
Containerschiff nach, dass querab seine Bahn Richtung Brunsbüttel zog. Für
einen Laien sah es gewaltig aus, was sich das Schiff an Kästen aufgeladen
hatte. Es mussten mehrere hundert, wenn nicht gar tausend Container sein. Und
dennoch war dieser schwimmende Koloss nur ein sogenanntes Feederschiff, ein
Zubringer, der die Container in den Häfen der Ostsee einsammelte und nach
Hamburg brachte, wo sie auf weitaus größere Schiffe verladen und in alle Welt
verbracht wurden.
    »Sieht gewaltig
aus, was?«, erriet Thomsen Lüders Gedanken. »Wenn aber nicht bald was
geschieht, dürften die Verkehre bald der Vergangenheit angehören. Die Schleusen
an den Kanalenden sind marode und müssen dringend erneuert werden. Sie werden
nur noch als Provisorium aufrechterhalten. Wenn der Kanal nicht grundsaniert
und vertieft wird, ist er
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