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Nathanael

Titel: Nathanael
Autoren: K Landers
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gestern bei ihm übernachtet hätte und womöglich Zeugin des Geschehens geworden wäre.
    Zum Glück war ihr das erspart geblieben.
    Ganz in Gedanken verloren stieß sie auf der Treppe zum Gleis mit einem Mann zusammen. Als dabei der Deckel absprang, schwappte der heiße Kaffee aus dem Becher über ihre Finger und riss sie aus ihren Grübeleien. Hatte sie es sich nur eingebildet oder hatte der Mann eben rote Augen? Bestimmt Kontaktlinsen. Heutzutage gab es nichts, was es nicht gab.
    «Shit!», entfuhr es ihr. Ihre Finger brannten, als sie sie mit einem Taschenbuch abtupfte. Die Lust auf den restlichen Kaffee war ihr gründlich vergangen. Er war sowieso furchtbar bitter gewesen.
    Sie warf den Becher in einen Mülleimer und hastete die letzten Stufen in die U-Bahn-Station hinunter. Aber als sie unten ankam, sah sie nur noch die Rücklichter der Bahn und fluchte. Die nächste Bahn kam in fünf Minuten. Die konnte sie nicht mehr aufholen, selbst wenn sie nachher wie eine Verrückte die Treppe von der U-Bahn-Station hinaufrannte. Sie würde wieder zu spät kommen und keine Zeit für ein paar Worte mit den Händlern haben.
    Heute war einfach nicht ihr Tag.
    Voller Ungeduld wanderte Tessa auf dem Gleis auf und ab, bis sie stoppte, weil sie sich beobachtet fühlte.
    Tatsächlich starrte sie vom gegenüberliegenden Gleis ein Mann an, ganz in Schwarz gekleidet. Er überragte die meisten Wartenden um Haupteslänge. Lässig gegen den Fahrscheinautomaten gelehnt, fixierte er sie. Nur sie, als wenn niemand außer ihr auf dem Bahnsteig existierte. Natürlich gab es Männer, die sie attraktiv fanden und sich nach ihr umdrehten, aber die starrten sie in der Regel nicht so aufdringlich an.
    Sein Blick besaß etwas Zwingendes, Gefährliches und gleichzeitig Sinnliches. Tessa kaute auf ihrer Unterlippe und trat von einem Bein auf das andere. Obwohl sie versuchte, nicht zu ihm hinüberzusehen, tat sie es wie aus einem inneren Zwang schließlich doch.
    «Mit deinen grünen Hexenaugen und dem roten Haar verdrehst du jedem Mann den Kopf», hatte Steven einmal zu ihr gesagt. Attraktiv war sie schon, wenn sie ihren viel zu breiten Mund außer Acht ließ, aber ein männermordender Vamp, wie Steven sie beschrieb, auf keinen Fall. Sie hätte sich im Gegenteil sogar eher als zurückhaltend beschrieben.
    Nachher entpuppte sich der Kerl da drüben als Stalker. Darauf konnte sie weiß Gott verzichten.
    Das Beste wäre wohl, ihn zu ignorieren.
    Sie drehte sich um und studierte scheinbar interessiert die Ankunftstafel. Dennoch ertappte sie sich immer wieder dabei, ihn heimlich aus den Augenwinkeln zu beobachten.
    Zugegeben, gut sah er schon aus. Er war durchtrainiert, mit breiten Schultern und muskulösen Armen und Beinen, die sich unter der Kleidung abzeichneten. Seine bronzefarbene Haut bildete einen reizvollen Kontrast zu dem honigfarbenen Haar, das in ungezähmten Locken bis zum Kinn reichte. Die dunklen Augen stachen aus dem gut geschnittenen Gesicht mit den klassischen Zügen wie Kohle hervor. Sie hätte ihn als überaus attraktiv bezeichnet, wenn es da nicht diesen arroganten Zug um seinen Mund gegeben hätte. Ein Mann, der Frauenherzen höher schlagen ließ, aber sie bestimmt ebenso schnell brach.
    Er sah tatsächlich noch immer zu ihr herüber. Hoffentlich verschwand der Kerl mit der nächsten Bahn.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, hob er spöttisch eine Braue. Ein Lächeln spielte um seine Lippen, das wider Erwarten überaus charmant war. Dabei verströmte er eine Sinnlichkeit, die sie noch nie zuvor bei einem Mann erlebt hatte, nicht einmal bei ihrem Verlobten Steven.
    Tessa erinnerte sich noch gut an ihr erstes Zusammentreffen mit Steven. Es war bei der Eröffnung einer Medienfirma gewesen, für die sie im Auftrag ihrer Bank Jungaktien verkaufte. Damals war er im Management dieser Firma tätig. Sie verbrachten viel Zeit in Meetings miteinander und trafen sich darüber hinaus nach einem harten Arbeitstag auf einen Drink. Dabei kamen sie sich näher und stellten viele Gemeinsamkeiten fest, die gleichen Interessen, die gleichen Arbeitszeiten und dieselben Bekannten. Stevens Pläne von einer eigenen Firma und sein Ehrgeiz beeindruckten sie. Sie passten perfekt zusammen.
    Für Leidenschaft und spontanen Sex war in ihrer Beziehung kein Platz. Alles war bis ins Detail geplant und organisiert, selbst die Stunden trauter Zweisamkeit. Ihr Terminplan ließ kaum Abweichungen zu, aber es störte sie nicht. Ihr Job hatte oberste Priorität; gerade
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