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Nathalie küsst

Nathalie küsst

Titel: Nathalie küsst
Autoren: David Foenkinos
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Tatsächlich, jetzt konnte sie entziffern, was da geschrieben stand: «Willst du meine Frau werden?»

 
5
    Siegerpodest der Puzzle-Weltmeisterschaft, die vom 27. Oktober bis 1. November 2008 in Minsk stattfand
    1. Platz:
Ulrich Voigt (Deutschland): 1464 Punkte
    2. Platz:
Mehmet Murat Sevim (Türkei): 1266 Punkte
    3. Platz:
Roger Barkan (Vereinigte Staaten): 1241 Punkte

 
6
    Um die Schönheit eines mechanischen Ablaufs nicht durcheinanderzubringen, war die Hochzeitsfeier ein voller Erfolg. Einfach und angenehm, nicht zu ausgefallen, aber auch nicht schmucklos. Pro Gast gab es eine Flasche Champagner, sehr praktisch. Die Stimmung war wirklich prima. Bei einer Hochzeit ist es Pflicht, feierlich gestimmt zu sein. Viel feierlicher als bei einem Geburtstag. Es gibt eine Hierarchie der feierlichen Stimmungsgebote, und da steht die Hochzeit ganz oben. Man muss lächeln, tanzen und später dann die Alten ins Bett schicken. Nathalies Schönheit darf indessen nicht unerwähnt bleiben, sie hatte vermehrt an ihrem Erscheinungsbild gefeilt und seit Wochen ihr Gewicht und ihren Gesichtsausdruck trainiert. Das Training zahlte sich rundum aus: Sie befand sich auf dem Gipfel ihrer Pracht. Ergriffen erkannte François, dass dieser einzigartige Augenblick festgehalten werden musste, so wie Armstrong die amerikanische Flagge auf dem Mond aufgeschlagen hatte. Tiefer als alle anderen schrieb er sich ihn ins Gedächtnis ein. Vor ihm stand seine Frau, und er wusste, im Angesicht des Todes würde dieses Bild erneut vor ihm erscheinen. Er war also auf dem Höhepunkt des Glücks angekommen. Nathalie stand auf, ergriff das Mikrofon und sang einenBeatles-Song[ 1 ]. François fuhr total auf John Lennon ab. Zu dessen Ehren hatte er sich übrigens weiß gekleidet. Als das Brautpaar tanzte, ging das Weiß des einen somit in das Weiß des anderen über.
    Leider setzte Regen ein. Der sollte die Gäste davon abhalten, draußen frische Luft zu schnappen und in die eigens für sie angebrachten Sterne zu schauen. In solchen Fällen klopfen die Leute gern dumme Sprüche, hier: «Regen bringt Segen.» Warum ist man ständig derart unsinnigen Floskeln ausgesetzt? Wirklich schlimm war das natürlich nicht. Es regnete, und das war eben ein bisschen traurig, nichts weiter. Die Ausmaße des Fests stellten sich nicht mehr dar wie zuvor, man hatte es um seine Augenblicke unter freiem Himmel gebracht. Die Laune vieler wurde durch das Beobachten des immer stärker werdenden Regens bald gedämpft. Manche sollten früher nach Hause fahren als gedacht. Andere sollten weitertanzen, genauso gut hätte es schneien können. Wieder andere standen unschlüssig herum. Zählte für das Brautpaar wirklich ihre Anwesenheit? Im Glück kommt der Moment, in dem man in der Menge ganz für sich ist. Ja, im Wirbel der Walzer und Melodien waren sie ganz für sich. «Wir müssen uns drehen, solange wir können», sagte er, «solange, bis wir nicht mehr wissen, wo oben und unten ist». Ihre Köpfe waren vollkommen leer. Zum ersten Mal erlebten beide das Leben in seiner einzigartigen und absoluten Fülle: der Fülle der Gegenwart.
    François schlang einen Arm um Nathalies Hüfte und zog seine Gemahlin nach draußen. Im Sauseschritt eilten sie durch den Garten. «Du hast einen Knall», bemerkte sie, doch erfüllte sie dieser Knall mit dem Knall der Glückseligkeit. Klatschnass suchten sie einen Unterschlupf unter den Bäumen. In tiefer Nacht und im strömenden Regen ließen sie sich auf der schlammigen Erde nieder. Das Weiß der Gewänder war jetzt nicht mehr als eine Erinnerung. François hob das Kleid hoch und gestand, dass er das schon den ganzen Abend lang hatte tun wollen. Er hätte es gleich in der Kirche tun können. Eine unverzügliche Art, den beiden Jaworten Respekt zu zollen. Bis zu diesem Moment hatte er sein Begehren im Zaum gehalten. Nathalie war erstaunt von seinem Ungestüm. Ihr Denken hatte schon vor einer Weile ausgesetzt. Sie ließ sich leiten von ihrem Mann, war bemüht, korrekt zu atmen und nicht davongetragen zu werden von einem solchen Sturm. Ihr Verlangen schloss sich François’ Verlangen an. So sehr wollte sie jetzt flachgelegt werden, in ihrer ersten Nacht als Mann und Frau. Sie harrte aus und fasste sich in Geduld, und François wirbelte eine Menge Staub auf, François war von einem irren Tatendrang beseelt, von einer ungezügelten Fleischeslust. Jedoch, als er in sie eindringen wollte, geriet er ins Stocken. Vielleicht eine Angst, die angesichts eines zu
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