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Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Licia Troisi
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niederdrückte, wollte nicht weichen. Sie quälte ihn. Allein die Augen zu öffnen fiel ihm schwer, und schon diese einfache Bewegung sorgte dafür, dass ihm der Schädel scheinbar platzte.
    Über ihm spannte sich ein bläulich glänzendes Gewölbe, das ein kalt schimmerndes Licht zurückwarf. Ein Stück eines Luftkristalls. Saiph murmelte irgendetwas, woraufhin Talitha in seinem Blickfeld auftauchte.
    »Guten Morgen«, sagte sie und lächelte.
    Ihr Haar, das wieder in blassem Grün gefärbt war, sah zerzaust aus, und ihr Lächeln hatte etwas Gequältes, so als sei es nicht wirklich aufrichtig.
    »W… wo … sind wir hier? Was ist geschehen?«
    »Ach, du hast eine ganze Menge verpasst«, antwortete Talitha immer noch lächelnd. »Was ist denn das Letzte, woran du dich erinnerst?
    »Orea«, antwortete Saiph, dem das Sprechen schwerfiel. Dieses seltsame Gefühl in der Kehle war noch beklemmender geworden.
    Talitha erzählte ihm von Verba und was alles während seiner Bewusstlosigkeit vorgefallen war, nur konnte Saiph ihr kaum folgen. Zwar hörte er heraus, dass es überaus wichtige Mitteilungen waren, doch diese unbekannten körperlichen Empfindungen waren so stark, dass er sich auf nichts anderes besinnen konnte.
    »Aber sag doch mal, wie fühlst du dich überhaupt?«, fragte Talitha schließlich, die seinen ungewöhnlichen Zustand bemerkt hatte.
    »Merkwürdig, sehr sehr merkwürdig …«, murmelte er.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich weiß auch nicht. Ich kann es nicht erklären. Aber … es wird wohl damit zu tun haben, dass ich noch so schwach bin. Mach dir keine Gedanken, ich bin sicher bald wieder auf den Beinen.«
    Er sagte das, ohne selbst daran zu glauben, doch Talitha schien es zu beruhigen. Sie legte ihm eine Hand auf die Brust. »Dann ruh dich gut aus, und denk erst einmal nur an dich, ja? Verba hat mir alles Notwendige aufgeschrieben. Er meint, dass es noch ein paar Tage dauern wird.«
    Saiph nickte. »Weißt du … ich dachte … nein, ich war sicher, dass ich tot bin.«
    Talithas Blick verdüsterte sich. »Ich hatte große Angst um dich. Aber ich habe dir immer wieder gesagt, während ich dich hier heraufgeschleift habe: Wann du stirbst, das entscheide immer noch ich.«
    Zur Bekräftigung streckte sie den Zeigefinger aus und berührte dabei, unabsichtlich, eine seiner verletzten Rippen. Saiph riss den Mund auf und schrie so laut, dass Talitha überrascht zurückschreckte.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Ich hab es gespürt … so als würde ich … ich weiß nicht … mit dem Strafstock geschlagen. Aber es war doch anders … durchdringender … Ach, ich kann es nicht erklären. So etwas habe ich noch nie erlebt.«
    Noch einmal, nun sanfter, berührte ihn Talitha mit der Fingerspitze an der empfindlichen Stelle. Sofort strahlte die Empfindung in Saiphs ganzen Körper aus, wenn auch nicht so stark wie beim ersten Mal. »Es ist wieder genauso«, stöhnte er.
    Talithas Blick hellte sich auf. Aber diese Eingebung war so ungeheuerlich, dass sie selbst sie gleich wieder verwarf, obwohl es auf der Hand lag. Auf irgendeine geheimnisvolle und unerklärliche Weise hatte Saiph die Fähigkeit erlangt, die Femtiten eigentlich verschlossen war: Er empfand Schmerz.

3
    S aiph hatte nie geglaubt, dass körperliche Schmerzen so stark sein könnten. Bis zu diesem Zeitpunkt war er sicher gewesen, dass es nichts Schlimmeres als den Strafstock gäbe und dass jeder Talarit zutiefst schockiert wäre, wenn er einmal am eigenen Leibe verspüren würde, was ein Femtit auszuhalten hatte, der damit geprügelt wurde. Doch dieses Gemisch aus Empfindungen, das seinen Körper nun in der Gewalt hatte, war etwas völlig anderes als der psychische Schmerz, den der Luftkristall am Ende des Strafstocks den Femtiten verursachte. Sein ganzes Leben lang waren Körper und Geist für ihn vollkommen voneinander getrennt gewesen. Nun jedoch lehrte ihn die bis dahin unbekannte Wahrnehmung, dass das Fleisch mit dem Geist unlösbar zu einem großen Ganzen verbunden war. Denn der Schmerz hinderte ihn sogar daran, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Diese neue Erfahrung machte ihm Angst. Nicht nur, weil er mit den Schmerzen nicht umzugehen wusste, sondern vor allem, weil sie Fragen aufwarfen:
    Wie hatte er diese Fähigkeit, Schmerz zu empfinden, nur erlangt? Was war wirklich geschehen, während er bewusstlos gewesen war?
    Für die Femtiten war das Empfinden oder Nicht-Empfinden von Schmerz nicht nur das, was sie grundlegend von den Talariten unterschied.
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