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Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)

Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)

Titel: Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
Autoren: Megan Hart
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zeichne“, sagte Desiree. „Sie meinte, das würd’ schon passen, weil wir beide, du weißt schon.“
    „Was sind wir beide?“
    Sie stöhnte entnervt auf und verdrehte die Augen. „Weil wir beide schwarz sind“, zischte sie.
    Ich blinzelte verwirrt und versuchte den Sinn hinter ihren Worten zu verstehen. Auch ich schaute mich jetzt im Klassenzimmer um und sah ein Meer aus weißen Gesichtern. Caitlyn Caruso war auch adoptiert. Sie kam aus China und sah anders aus als die anderen Kinder. Aber Desiree hatte natürlich recht. Sie hatte mich auf etwas hingewiesen, das ich schon die ganze Zeit hätte wissen müssen.
    Ich war schwarz. Diese Erkenntnis brachte mich für denRest des Tages zum Schweigen. Als ich zu Hause war, zog ich all unsere Familienalben aus dem Regal und blätterte jedes einzelne durch. Ich war schwarz! Ich war schon mein ganzes Leben lang schwarz gewesen! Wie hatte mir das vorher nie auffallen können?
    Die Antwort war im Grunde einfach. Meine Eltern hatten nie etwas in der Richtung gesagt oder aus dem Umstand ein Drama gemacht. Ich war in einer Umgebung aufgewachsen, für die Multikulti eine Selbstverständlichkeit war. Als Kind einer weißen Mutter und eines schwarzen Vaters war ich als Säugling von einem Paar adoptiert worden, das in einer religiösen Mischehe lebte. Meine Mom war jüdisch, lebte ihren Glauben aber nicht, und mein Vater war ein abtrünniger Katholik. Sie hatten sich scheiden lassen, als ich fünf war. Wir hatten nie über die Farbe meiner Haut geredet oder darüber, was es bedeutete, nicht weiß zu sein. Oder ob es überhaupt etwas bedeuten sollte.
    Desiree blieb nicht besonders lange in unserer Klasse. Ihre Familie zog ein paar Monate später wieder um. Aber ich vergaß sie nie, denn sie war die Erste gewesen, die mich darauf hingewiesen hatte, dass ich schwarz war.
    Nadia gehörte zu diesen Leuten, die sich selbst so viel darauf einbildeten, farbenblind zu sein, in Wahrheit aber eigentlich nur die Hautfarbe sehen. Sie hatte mir ihren Freund nicht vorgestellt, weil wir beide gerne zeichneten oder beide Depeche Mode hörten. Und auch nicht aus schierer Höflichkeit. Carlos und ich wussten das.
    Aber Nadia kapierte es einfach nicht. Sie stand zwischen uns und plauderte angeregt, ließ Namen fallen, die ich wohl kennen sollte, und erwähnte immer wieder irgendwelche Hip-Hop-Songs. Carlos fing meinen Blick auf und zuckte leicht mit den Schultern, als sie gerade nicht hinschaute. Er sah sie liebevoll an und brachte sie schließlich mit einem leisen „Baby“ zum Schweigen.
    Nadia lachte und wirkte verwirrt. „Hm?“
    „Wenn du mich nicht bald was von dem köstlichen Essen nehmen lässt, werde ich noch ohnmächtig.“
    „Carlos trainiert total viel“, vertraute Nadia mir an. Ihr Freund machte sich derweil daran, das Büfett zu dezimieren. „Er ist immer hungrig.“
    Ein Tumult im Nebenzimmer bewahrte mich davor, darauf eine Antwort finden zu müssen. Ich hatte aus den Augenwinkeln gesehen, dass Alex Kennedy immer noch dort war. Er hatte sich nicht vom Kamin wegbewegt. Der Mann, mit dem er sich unterhalten hatte, hob jetzt Stimme und Hände, er wedelte mit den Armen durch die Luft und zeigte auf Alex. Anklagend.
    Es wäre nicht das erste Mal, dass in Patricks Haus ein Drama seinen Lauf nahm; das ist nun mal so, wenn man eine Party für eine Horde Diven wirft, sagte er dann immer. Ich war auch nicht die Einzige, die sich umdrehte und zu den beiden rüberstarrte. Doch statt sich in dieses Drama einzuklinken, schüttelte Alex nur den Kopf und hob die Bierflasche an die Lippen.
    „Du … du bist so ein Arschloch!“, schrie der andere Mann. Seine Stimme bebte, und ich hatte echt Mitgefühl mit ihm. Zugleich war ich von der Szene peinlich berührt. „Ich weiß überhaupt nicht, wieso ich mich mit dir abgegeben habe!“
    Es war für mich ziemlich eindeutig, warum er das getan hatte. Alex Kennedy war einfach ein verdammt heißer Typ. Er stand stoisch da und ließ die nächste Welle Anschuldigungen und Beleidigungen an sich abprallen. Schließlich stürmte der andere Mann davon. Ihm folgte ein Grüppchen Freunde, aufgeregt wie gackernde Hühner. Das Ganze hatte nur ein paar Minuten gedauert, und nur wenige hatten sich überhaupt danach umgedreht. Das war bei Weitem nicht die dramatischste Auseinandersetzung, die man hier in den vergangenen Jahren erlebt hatte. Wahrscheinlich hatten alle außer den beiden Beteiligten den Streit am Ende des Abends schon vergessen.
    Na ja, und außer
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