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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten
Autoren: Alexander Kent
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Leinwandfetzen und Holzstücke, und hier und da wand sich ein Mann, der oben abgeschossen worden war, mit gebrochenen Gliedern in den Maschen wie eine Fliege im Spinngewebe.
    Die Marine-Infanteristen unterhielten von den Wanten aus lebhaftes Musketenfeuer, beschimpften beim Laden den Feind und tauschten ermutigende Zurufe mit ihren Kameraden in den schwankenden Masttopps.
    Auch die Backbordbatterie feuerte jetzt wieder; ihre Kugeln hatten kaum zwanzig Yards bis zum Heck des Feindes zu überqueren, auf dem es bald wie in einem blutigen Schlachthaus aussah.
    Bolitho hieb mit der Faust auf die Reling, als wolle er sein Schiff anspornen, die Wende zu vollenden. Aber es konnte nicht so gut weitergehen. Bald mußten sich die anderen französischen Schiffe erholt haben, sich erneut zur Gefechtslinie formieren und den Kampf wieder aufnehmen. Ehe es soweit war, mußte er das feindliche Flaggschiff gestellt und die drei vordersten Schiffe so stark beschädigt haben, daß sie den Kampf aufgaben.
    Er fuhr herum, denn Piper rief: »Signal von
Zenith:
›Brauche Hilfe‹!«
    Bolitho hatte es bereits gesehen. Der Zweidecker war total entmastet, nur vom Großmast stand noch ein Stumpf; manövrierunfähig trieb er mit dem Wind dem Flaggschiff vor den Bug. Wo die beiden Schiffe kollidierten, war bereits der Kampf Mann gegen Mann im Gange, und über den schmalen Wasserkeil zwischen den Rümpfen feuerten die Batterien beider Schiffe pausenlos aufeinander – mit wenigen Fuß Abstand.
    Bolitho schüttelte den Kopf. »Signalisieren Sie: ›Nicht mö glich‹, Mr. Piper!« Als die Wimpel hochflogen, befahl er: »Und jetzt das andere Signal – lebhaft, Mr. Piper!«
    Bolitho kümmerte sich nicht weiter um das unregelmäßige Feuer seiner eigenen Geschütze, die das am nächsten liegende Schiff beschossen – es klang wie das trotzige Gebell von Höllenhunden.
    Der Feind schoß kaum zurück, und er konnte auf dem zerstörten Deck so etwas wie Panik erkennen, als die
Tenacious
gravitätisch durch die Lücke in der Gefechtsformation brach und ihre dreifache Reihe Kanonen auf das ungeschützte Heck des Franzosen richtete. Er packte Herrick an der Schulter und merkte, daß dieser bei der plötzlichen Berührung zusammenzuckte. Wahrscheinlich, dachte Bolitho grimmig, erwartet er genau wie ich eine Musketenkugel.
    »Die
Zenith
ist so gut wie erledigt, Thomas…« Er brach ab, denn eine Kanonenkugel pflügte durch die Achterdecksleiter in eine Gruppe kniender Seesoldaten. Ihm wurde übel, als sich das Blut wie rote Farbe über die Planken ergoß – es schien überhaupt nicht versiegen zu wollen. Aus dem Chaos zerschmetterter Glieder und schreiender Männer rollte ein Kopf mit weitaufgerissenen, stieren Augen über Deck.
    Er mußte schlucken, um den Brechreiz zu unterdrücken. »Wir müssen unbedingt das feindliche Flaggschiff nehmen, Thomas!« In Herricks rußverschmierten Zügen leuchtete Begreifen auf. Er fuhr herum, denn irgend jemand hatte einen halberstickten Hurraruf ausgestoßen: der junge Caswell war es; er deutete auf das letzte Signal und schwenkte wie ein Verrückter den Hut: »Kampf auf kürzeste Distanz!«
    Durch den wirbelnden Rauch leckte eine neue Reihe gelbroter Feuerzungen, und Caswell war tot. Er hatte eben eine Hand vor die Brust gehalten; die Kugel trieb sie durch seine Rippen und zerschnitt sein Hurra wie mit einem Messer.
    Bolitho wandte sich dem gigantischen Dreidecker zu. Rasende Wut, Haß, Verzweiflung, Bitterkeit kochten in ihm. Er hatte den Degen in der Faust, und als er ihn schwenkte, riß ihm eine Musketenkugel den Hut vom Kopf, so daß ihm die rebellische Strähne übers Auge fiel und er den zerfetzten Körper Caswells mit den ungläubigen Augen nicht mehr sah.
    »Steuerbordgeschützbedienungen klar zum Entern!« Seine Stimme überschlug sich beinahe. »Los, Jungs, England braucht den Sieg –worauf wartet ihr noch?«
    Er hörte das Jubelgeschrei nicht, denn er rannte bereits den Backborddecksgang hinunter. Er sprang über das zerschossene Schanzkleid und über die halbnackten Kanoniere, den Degen in der Faust und die Augen starr auf das eine bunte Stück Tuch gerichtet, das noch im Masttopp des feindlichen Schiffes flatterte.

Zwei tapfere Männer
    Als Bolitho auf das feindliche Vorderkastell sprang, hatte der Bugspriet der
Hyperion
Enternetze und Wanten des Franzosen durchstoßen und ragte wie die Lanze eines Riesen über den Steuerborddecksgang. Er sah sich nach den zum Sprung geduckten Matrosen und
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